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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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vielen verschiedenen Orten gelebt, manche sogar noch primitiver als dieser hier. Ich hatte keine Schwierigkeiten, mich an eine rauhe Umgebung anzupassen, und »die Zivilisation« fehlte mir nicht im mindesten, obwohl es mir gleichermaßen leichtfiel, mich an Annehmlichkeiten wie Elektroherde und Durchlauferhitzer zu gewöhnen. Ich zitterte im kalten Wind und schlang mir die Arme um den Leib, während ich auf den grauen Stein starrte.
    Die Vernunft schien mich nicht recht weiterzubringen. Ich wandte mich seufzend meinen Gefühlen zu und ließ meine beiden Ehen Revue passieren - zuerst mit Frank, dann mit Jamie. Das hatte nur zur Folge, daß ich schluchzend zusammensackte.
    Wenn mir also weder Vernunft noch Gefühl helfen konnten, wie stand es dann mit der Pflicht? Ich hatte Frank Treue geschworen, und das mit ganzem Herzen. Jamie hatte ich dasselbe Versprechen gegeben, mit der Absicht, es so bald wie möglich zu brechen. Wen von beiden wollte ich nun verraten? Ich saß immer noch da, als sich die Sonne bereits dem Horizont zuneigte und die Schwalben in ihren Nestern verschwunden waren.
    Als der Abendstern zwischen den schwarzen Kiefernzweigen aufging, kam ich zu dem Schluß, daß ich in dieser Situation mit dem Verstand nicht weiterkam. Ich mußte mich auf etwas anderes verlassen - aber worauf? Ich wandte mich dem gespaltenen Felsen zu und tat einen Schritt, und noch einen, und noch einen. Ich stand still, drehte mich um und versuchte es in die andere Richtung. Ein Schritt, noch ein Schritt und noch einer, und bevor ich merkte, daß ich mich entschieden hatte, war ich schon halb den Berg hinunter, stolperte, fiel, stand wieder auf und rannte weiter.
    Als ich bei der Kate ankam, außer mir vor Angst, daß er schon fort sein könnte, sah ich Donas in der Nähe grasen. Das Pferd hob den Kopf und betrachtete mich mißtrauisch.

    Mit leisen Schritten ging ich weiter und stieß die Tür auf.
    Er war im vorderen Zimmer und schlief auf einer schmalen Eichenpritsche. Er schlief auf dem Rücken, wie er das gewöhnlich tat, die Hände über dem Magen gefaltet, den Mund leicht geöffnet. Die letzten Lichtstrahlen fielen auf sein Gesicht, so daß es wie eine metallene Maske aussah; silbrige Tränenspuren glänzten auf der goldenen Haut, und die kupferroten Bartstoppeln leuchteten.
    Ich stand da, schaute auf ihn herunter und fühlte eine unbeschreibliche Zärtlichkeit. Ganz leise legte ich mich neben ihn auf das schmale Lager und schmiegte mich an ihn. Er drehte sich im Schlaf zu mir, wie er das so oft getan hatte, hielt mich an seine Brust gedrückt und legte seine Wange an mein Haar. Als er sich im Halbschlaf eine Strähne aus dem Gesicht streichen wollte, wurde er plötzlich wach und merkte, daß ich da war. Ein Ruck ging durch seinen Körper, wir verloren das Gleichgewicht und fielen beide auf den Boden.
    Ich hatte nicht den geringsten Zwiefel, daß er aus Fleisch und Blut war. Er küßte mich wild, bis ich kaum mehr Luft bekam. Aber ich ignorierte den Sauerstoffmangel und konzentrierte mich auf wichtigere Dinge.
    Wir hielten einander lange in den Armen, ohne zu sprechen. Irgendwann flüsterte er: »Warum?«
    Ich küßte seine feuchte, salzige Wange. Ich fühlte sein Herz gegen meine Rippen schlagen und wollte nur noch eines - für immer hierbleiben, ohne mich zu bewegen, ohne mit ihm zu schlafen, einfach nur dieselbe Luft atmen.
    »Ich konnte nicht anders«, sagte ich, noch immer etwas wakkelig. »Du weißt nicht, wie nahe ich daran war. Das heiße Bad hätte fast gewonnen.« Ich weinte und zitterte, weil die Entscheidung noch so frisch war, und weil die Freude über den Mann, den ich in meinen Armen hielt, mit Trauer um den Mann gemischt war, den ich niemals wiedersehen würde.
    Jamie hielt mich eng umschlungen. Schließlich versiegten meine Tränen, und ich entspannte mich erschöpft. Es war mittlerweile ganz dunkel geworden, aber er hielt mich immer noch in den Armen und murmelte leise wie zu einem Kind, das Angst vor der Nacht hat. Wir wollten nicht voneinander lassen, auch nicht, um Feuer zu machen oder um eine Kerze anzuzünden.
    Schließlich stand Jamie auf und trug mich zur Pritsche, setzte
sich darauf und mich auf seinen Schoß. Die Tür nach draußen stand noch offen, und wir sahen die Sterne über dem Tal blinken.
    »Hast du gewußt, daß es viele tausend Jahre dauert, bis das Licht der Sterne uns erreicht? Manche sind sogar schon tot, aber ihr Licht können wir immer noch sehen.«
    »Wirklich?« antwortete er und

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