Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
auf.
    »Kröten«, sagte sie trocken. »Jeder hatte fünf oder sechs Kröten unter dem Hemd.«
    »Und wie die eine deinen Hals hinaufgekrochen und in die Esse gesprungen ist! Ich wäre fast gestorben.«
    »Ich weiß nicht, warum mir mein Vater nicht den Hals umgedreht hat; Anlaß hätte er genug gehabt. Ein Wunder, daß ich überhaupt groß geworden bin.«
    Ian betrachtete nachdenklich seinen eigenen Sprößling, der darin vertieft war, neben dem Kamin Holzklötze aufeinanderzustapeln. »Ich weiß wirklich nicht, wie ich es fertigbringen soll, wenn es soweit ist, meinen eigenen Sohn zu schlagen. Ich meine … er ist doch so klein.« Liebevoll schaute er dem Jungen zu, der ganz in seine Aufgabe versunken war.
    Jamie betrachtete seinen Namensvetter zynisch. »Er wird genauso ein Teufel wie du und ich, wart’s nur ab. Schließlich muß sogar ich einmal klein und unschuldig ausgesehen haben.«
    »Das hast du auch«, warf Jenny unerwartet ein. Sie drückte ihrem Mann einen Zinnbecher mit Apfelwein in die Hand und tätschelte ihrem Bruder den Kopf.
    »Du warst ein süßes Baby, Jamie. Ich erinnere mich, wie ich einmal an deinem Bettchen stand. Du kannst nicht älter als zwei gewesen sein. Du hast im Schlaf am Daumen genuckelt, und wir waren alle der Meinung, noch nie einen so hübschen Kerl wie dich gesehen zu haben. Du hattest dicke runde Backen und die süßesten roten Locken.«
    Der hübsche Kerl nahm einen interessanten Rotton an und schüttete seinen Apfelwein in einem Zug hinunter.
    »Hat allerdings nicht lange angehalten«, sagte Jenny. »Wie alt
warst du, als du deine erste Tracht Prügel bekommen hast, Jamie? Sieben?«
    »Nein, acht«, sagte Jamie und warf ein Holzscheit auf die Glut. »Mein Gott, hat das weh getan. Zwölf Schläge auf den Hintern, und einer so fest wie der andere.« Er setzte sich auf die Fersen zurück und rieb sich mit dem Handrücken die Nase.
    »Als es vorbei war, ging Vater ein Stück von mir weg, setzte sich auf einen Stein und wartete, bis ich mich ausgeheult hatte. Dann rief er mich zu sich. Jetzt, wo ich daran denke, fällt mir auch wieder ein, was er gesagt hat. Vielleicht kannst du es brauchen, Ian, wenn Klein Jamie soweit ist.« Jamie schloß die Augen, um sich besser erinnern zu können.
    »Er hat mich zwischen seine Knie gestellt und verlangte, daß ich ihn anschaute. Er sagte: ›Das war das erste Mal, Jamie. Ich werde es wieder tun müssen, vielleicht hundertmal, bis du zu einem Mann geworden bist.‹ Dann hat er gelacht und gesagt: ›Mein Vater hat mich mindestens so oft verprügelt, und du bist genauso stur und dickköpfig, wie ich es war. Manchmal werde ich dich gerne schlagen, es kommt darauf an, was du angestellt hast. Aber meistens werde ich es nicht gerne tun. Denk also daran, Junge, wenn dein Kopf wieder etwas Dummes anstellen will, dann muß dein Hintern dafür zahlen.‹ Dann drückte er mich und sagte: ›Bist ein prima Junge, Jamie. Geh jetzt zum Haus und laß dich von deiner Mutter trösten.‹ Ich machte den Mund auf und wollte etwas einwenden, aber er kam mir zuvor: ›Ich weiß schon, daß du es nicht brauchst, aber sie braucht es. Also fort mit dir.‹ So bin ich dann eben zu ihr gegangen, und sie hat mich mit Marmeladenbrot gefüttert.«
    Jenny mußte plötzlich lachen. »Mir fällt gerade ein, wie Vater die Geschichte erzählt hat. Du bist auf halbem Wege stehengeblieben und hast auf ihn gewartet. Und als er kam, hast du zu ihm aufgeschaut und gesagt: ›Ich wollte nur fragen, Vater - hat es dir diesmal Spaß gemacht?‹ Und als er ›Nein‹ sagte, hast du genickt und geantwortet: ›Gut. Mir auch nicht.‹«
    Wir lachten zusammen, dann sah Jenny ihren Bruder kopfschüttelnd an. »Er hat diese Geschichte zu gern erzählt. Und jedesmal hat er am Schluß gesagt, du würdest ihn noch ins Grab bringen, Jamie.«
    Plötzlich verschwand die Fröhlichkeit aus Jamies Gesicht, und er schaute lange auf seine großen Hände.
    »Aye«, sagte er ruhig, »und das habe ich auch.«

    Jenny und Ian tauschten erschreckte Blicke aus, und ich schaute in meinen Schoß und wußte nicht, was ich sagen sollte. Nur das Knistern des Feuers war zu hören. Jenny setzte ihr Glas ab und berührte ihren Bruder am Knie.
    »Jamie, es war nicht deine Schuld.«
    Er hob die Augen und sah sie traurig an.
    »Nein? Wessen Schuld war es dann?«
    Sie atmete tief durch und sagte: »Meine.«
    »Was sagst du da?« Staunend starrte er sie an.
    Sie war noch blasser als gewöhnlich, blieb aber

Weitere Kostenlose Bücher