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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zurück.
    Mrs. MacNab ignorierte dieses Nebenspiel, legte ihre Hände im Schoß zusammen und setzte sich würdevoll zurecht.
    »Ich möchte den gnädigen Herrn um einen kleinen Gefallen bitten«, begann sie, »es geht um -«
    »Grannie MacNab«, unterbrach sie Jamie, der mit einem weiteren Schritt bedrohlich weit aus dem Wasser herauskam, »was immer es sein mag, ich tue es, vorausgesetzt, Sie geben mir jetzt mein Hemd, damit mir meine Glieder vor Kälte nicht abfallen.«

29
    Noch mehr Ehrlichkeit
    Nach dem Abendessen saßen wir gewöhnlich im Wohnzimmer und plauderten mit Jenny und Ian oder lauschten Jamies Geschichten.
    Heute abend hatte ich etwas zu erzählen, und Jenny und Ian hörten mir gespannt zu, als ich die Geschichte von Mrs. MacNab und den Rotröcken zum besten gab.
    »Der Herr weiß nur zu gut, daß man Buben den Hintern versohlen muß, sonst hätte er keine solchen Teufelsbraten aus ihnen gemacht.« Meine Imitation von Grannie Mac Nab wurde mit stürmischem Gelächter aufgenommen.
    Jenny wischte sich die Tränen aus den Augen.
    »Gott, und recht hat sie! Wie viele Söhne hat sie, Ian, sind es acht?«
    Ian nickte. »Mindestens. Ich kann mich gar nicht mehr an alle Namen erinnern; ein oder zwei MacNabs waren jedenfalls immer dabei, wenn Jamie und ich zum Jagen oder Fischen oder Schwimmen gingen.«
    »Seid ihr zusammen aufgewachsen?« fragte ich. Jamie und Ian grinsten sich an wie zwei Komplizen.
    »Ich würde sagen, wir kennen uns gut«, sagte Jamie lachend. »Ians Vater war hier der Verwalter, so wie Ian heute. In meiner unbekümmerten Jugend stand ich mehr als einmal an der Seite des jungen Mr. Murray und erkärte einem unserer Väter, warum der Anschein trügen kann, oder, wenn das nicht zog, wie besondere Umstände einen Fall verändern können.«
    »Und ich erinnere mich«, fiel Ian ein, »wie ich ebensooft an des jungen Mr. Frasers Seite an einem Weidezaun lehnte und zuhörte, wie er sich die Lunge aus dem Hals schrie, während ich darauf wartete, daß ich drankam.«
    »Das stimmt nicht!« rief Jamie entrüstet. »Geschrien habe ich nie.«

    »Nenn es, wie du willst, Jamie, aber du warst entsetzlich laut.«
    »Man konnte euch alle meilenweit hören«, warf Jenny ein. »Und nicht nur euer Geschrei, sondern auch Jamies lautstarke Verteidigungsreden.«
    »Hättest Advokat werden sollen, Jamie. Ich weiß wirklich nicht, warum ich dich immer habe reden lassen«, sagte Ian und schüttelte den Kopf. »Meist hast du uns dadurch in noch größere Schwierigkeiten gebracht.«
    Jamie begann wieder zu lachen. »Du meinst den Turm?«
    »Ja, genau den.« Ian schaute mich an und machte eine Kopfbewegung in Richtung Westen, wo das alte Gemäuer hinter dem Haus aufragte.
    »Das war eine von Jamies Glanzleistungen«, sagte er und rollte die Augen. »Er sagte Brian, es sei unzivilisiert, den eigenen Standpunkt mit Gewalt durchzudrücken. Die Körperstrafe sei barbarisch und obendrein altmodisch. Jemanden zu schlagen, nur weil der eine Handlung begangen hatte, mit deren Nachwirkungen man nicht einverstanden war, das sei keine konstruktive Strafe…«
    Alle drei konnten wir uns vor Lachen kaum mehr halten.
    »Und hat es Brian überzeugt?« fragte ich.
    »Wenn man so will«, bejahte Ian. »Ich stand neben Jamie und nickte, wenn er mal Atem holen mußte. Als ihm schließlich nichts mehr einfiel, räusperte sich sein Vater und sagte nur ›aha‹. Er schaute eine Weile aus dem Fenster, schwang den Riemen hin und her und legte die Stirn in Falten. Wir standen Seite an Seite, wie Jamie gesagt hat, und schwitzten. Endlich drehte sich Brian zu uns um und sagte, wir sollten ihm in den Stall folgen.«
    »Er gab jedem von uns einen Besen, einen Schrubber und einen Eimer und deutete in Richtung Turm«, fuhr Jamie mit der Geschichte fort. »Er sagte, ich hätte ihn überzeugt und er habe sich für eine konstruktivere Strafe entschieden.«
    Ians Augen bewegten sich langsam nach oben, als würde er an der Steinmauer des Turmes emporschauen. Zu mir gewandt, sagte er:
    »Der Turm ist zwanzig Meter hoch, mußt du wissen, mißt zehn Meter im Durchmesser und hat drei Stockwerke.« Er seufzte tief. »Wir mußten ihn von oben bis unten kehren und von unten bis oben schrubben. Es hat fünf Tage gedauert, und ich schmecke heute noch verrottetes Haferstroh, wenn ich huste.«

    »Und am dritten Tag hast du versucht, mich umzubringen«, sagte Jamie, »weil ich uns diesen Schlamassel eingebrockt hatte.« Er fuhr sich über den Kopf. »Hatte eine

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