Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
fragenden Blicke seiner Leute sah, schüttelte er den Kopf.
    »Nein, nichts in der Nähe. Wir brechen sofort auf. Noch droht keine Gefahr.«
    Er schaute mich an, hielt einen Moment inne und dachte nach. Dann nickte er mir zu - er hatte seine Entscheidung getroffen.
    »Sie kommt mit«, sagte er. Er durchwühlte den Haufen auf dem Tisch und zog einen zerfledderten Fetzen aus dem Stapel; es sah aus wie ein Halstuch, das schon bessere Tage erlebt hatte.
    Der Mann mit dem Schnurrbart wollte mich offenbar nicht dabeihaben.
    »Warum bleibt sie nicht einfach hier?«
    Dougal warf ihm einen ungehaltenen Blick zu, überließ die Erklärung jedoch Murtagh. »Wo immer die Rotröcke jetzt sein mögen, bei Tagesanbruch werden sie hier sein, und bis dahin ist es nicht mehr weit. Wenn die Frau für die Engländer spioniert, können wir es nicht wagen, sie dazulassen; dann verrät sie ihnen, in welche Richtung wir geritten sind. Und wenn sie nicht auf gutem
Fuß mit ihnen steht…« - Murtagh betrachtete mich zweifelnd -, »dann können wir sie gewiß nicht allein und im Hemd zurücklassen.« Seine Miene hellte sich etwas auf, als er den Stoff meines Rockes befingerte. »Außerdem ist sie vielleicht einiges an Lösegeld wert. So wenig sie am Leibe hat - es ist feines Tuch.«
    »Und sie kann uns unterwegs nützlich sein«, fügte Dougal hinzu. »Sie scheint sich aufs Heilen zu verstehen. Aber dafür haben wir jetzt nicht viel Zeit. Ich fürchte, du mußt aufbrechen, ohne ›desinfiziert‹ worden zu sein, Jamie«, sagte er und klopfte dem jungen Mann auf die gesunde Schulter. »Kannst du einhändig reiten?«
    »Aye.«
    »Gut so. Hier«, sagte Dougal und warf mir den schmierigen Fetzen zu. »Verbinden Sie seine Wunde. Schnell. Wir müssen uns auf den Weg machen. Ihr zwei holt die Pferde«, befahl er dem Mann mit dem Frettchengesicht und dem dicken Rupert.
    Ich drehte den Fetzen angewidert um.
    »Den kann ich nicht nehmen«, sagte ich. »Er starrt vor Dreck.«
    Ich sah nicht, wie er sich bewegte, aber plötzlich hatte Dougal meine Schulter gepackt, und seine dunklen Augen waren nur ein paar Zentimeter von meinen entfernt. »An die Arbeit«, knurrte er.
    Er gab mich mit einem leichten Stoß frei, schritt zur Tür und verschwand hinter seinen beiden Kumpanen. Mehr als nur ein bißchen mitgenommen, ging ich daran, die Schußwunde so gut wie möglich zu verbinden. Das schmierige Halstuch konnte ich nicht verwenden; das verbot mir meine medizinische Ausbildung. Ich verdrängte meine Verwirrung und mein Entsetzen, indem ich mich bemühte, etwas Geeigneteres zu finden, und nach einer raschen und vergeblichen Suche im Stoffhaufen begnügte ich mich schließlich mit einigen Streifen Kunstseide, die ich vom Saum meines Unterrocks abriß. Es war zwar nicht steril, aber das bei weitem sauberste Material, das mir zur Verfügung stand.
    Das Leinenhemd meines Patienten war alt und abgetragen, aber immer noch erstaunlich fest. Mit einiger Mühe riß ich den Ärmel ganz auf und improvisierte daraus eine Schlinge. Ich trat zurück, um das Resultat zu betrachten, und stieß mit Dougal zusammen, der leise eingetreten war, um mir zuzusehen.
    Er warf einen anerkennenden Blick auf mein Werk. »Gute Arbeit, Mädel. Konmt, wir sind fertig.«
    Dougal gab der Frau eine Münze und drängte mich aus der
Kate, gefolgt von Jamie, der immer noch ein wenig blaß war. Nun, da er sich von dem niedrigen Hocker erhoben hatte, erwies sich mein Patient als ziemlich hochgewachsen; er überragte Dougal, der selbst nicht klein war, um einige Zentimeter.
    Rupert und Murtagh standen draußen mit sechs Pferden und murmelten ihnen gälische Koseworte zu. Die Nacht war mondlos, aber die metallenen Teile der Geschirre blinkten wie Silber. Ich schaute auf und hielt vor Staunen fast den Atem an; der Himmel war so wunderbar mit Sternen übersät, wie ich es noch nie gesehen hatte. Als ich auf die umliegenden Wälder blickte, erkannte ich den Grund dafür. Da keine Stadt in der Nähe lag, die den Himmel mit Licht verschleierte, waren die Sterne die unumschränkten Regenten der Nacht.
    Und dann blieb ich stehen, und mir wurde kalt. Keine Lichter. »Welche Stadt?« hatte die Frau in der Kate gefragt. Aus den Kriegsjahren war ich Verdunkelung und Luftangriffe gewohnt, und so hatte es mich zunächst nicht beunruhigt, daß keinerlei Lichter zu sehen waren. Doch nun hatten wir Frieden, und die Lichter von Inverness hätten kilometerweit strahlen müssen.
    Die Männer waren fast formlose

Weitere Kostenlose Bücher