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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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berührst, dann fürchte ich, daß ich mich vor Scham und Haß auf mich selbst übergeben muß. Ich kann dich jetzt nicht einmal anschauen, ohne daß…« Seine Stirn lag auf den Fäusten, und er hatte die Fingerknöchel in die Augenhöhlen gepreßt. Die Sehnen am Nacken traten scharf hervor, und seine Stimme klang halb erstickt.
    »Claire, ich möchte, daß du mich verläßt. Geh nach Schottland zurück. Zum Craigh na Dun. Geh zurück in deine Zeit, zu deinem… Ehemann. Murtagh wird dich sicher hinbringen, ich habe ihn darum gebeten.« Er war still, und ich bewegte mich nicht.
    Mit dem Mut der Verzweiflung schaute er zu mir auf und sprach ganz schlicht: »Ich werde dich lieben, solange ich lebe, aber ich kann nicht mehr dein Mann sein. Und etwas anderes will ich nicht
sein. Claire, ich will dich so sehr, daß mir die Knochen im Leib zittern, aber, Gott helfe mir, ich habe Angst, dich zu berühren!«
    Ich näherte mich ihm, aber er hielt mich mit einer entschiedenen Handbewegung auf. Der innere Kampf spiegelte sich in seinem Gesicht, und seine Stimme war atemlos.
    »Claire… bitte. Bitte geh. Ich muß mich übergeben, und ich möchte nicht, daß du es siehst. Bitte.«
    Ich hörte das Flehen in seiner Stimme und wußte, daß ich ihm wenigstens diese Erniedrigung ersparen mußte. Ich stand auf und überließ zum ersten Mal in meinem Leben einen kranken Mann sich selbst, hilflos und allein.
     
    Benommen von allem, was ich gehört hatte, verließ ich das Zimmer und lehnte mich gegen die weiße Steinwand. Ich kühlte meine heiße Wange an den harten Quadern; die Blicke, die Murtagh und Bruder William mir zuwarfen, waren mir gleichgültig. Gott helfe mir , hatte er gesagt. Gott helfe mir, ich habe Angst, dich zu berühren.
    Ich richtete mich auf und stand allein. Warum nicht? Es gab niemand anderen, der uns jetzt noch helfen konnte.
     
    In der Stunde, wo die Zeit allmählich langsamer wird, beugte ich die Knie in der Kapelle vom heiligen Giles. Anselm war da, elegant und aufrecht in seiner Kutte, und außer ihm niemand. Er machte keine Bewegung und schaute sich auch nicht um, aber die lebendige Stille der Kapelle umfing mich.
    Ich blieb einige Augenblicke auf den Knien, um die Stille der Dunkelheit in mir aufzunehmen und meine flatternden Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Erst als ich spürte, daß sich mein Herz an den langsamen Rhythmus der Nacht angeglichen hatte, schlüpfte ich in eine Bank hinten in der Kapelle.
    Ich saß steif auf dem harten Gestühl; mir fehlten die Übung und das liturgische Ritual, mit deren Hilfe die Brüder in die Tiefen ihrer heiligen Einkehr gelangten. Ich wußte nicht, wie ich anfangen sollte. Schließlich sagte ich still und schlicht: Ich brauche Hilfe. Bitte.
    Die Stille begann in Wellen über mich zu fließen, ich ließ mich von ihr wie von einem schützenden Mantel umfangen. Ich saß einfach da, wie Anselm es mir gesagt hatte, und die Minuten verrannen ungezählt.

    Hinten in der Kapelle befand sich ein kleiner Tisch. Er war mit einem Leinentuch bedeckt, auf dem das Becken mit Weihwasser stand und daneben die Bibel und zwei oder drei andere geistliche Werke - vermutlich für Anbeter, denen die Stille zuviel wurde.
    Mir wurde sie zuviel, und ich stand auf und holte mir die Bibel. Ich war gewiß nicht der erste Mensch, der hier in Zeiten der Not und Verwirrung Beistand suchte. Die Kerzen spendeten genug Licht, so daß ich am Betpult lesen konnte; vorsichtig blätterte ich die hauchdünnen Seiten um und überflog die feine schwarze Schrift.
    »Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch… Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, und alle meine Knochen haben sich voneinander gelöst; mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs.« Ja, dachte ich mit einiger Ungeduld, eine kompetente Diagnose. Aber gab es dafür eine Behandlung?
    »Aber du, Herr, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen. Errette meine Seele vom Schwert; mein Leben von den Hunden.« Hmm.
    Ich blätterte zum Buch Hiob, in dem Jamie so gerne las. Wenn irgend jemand in der Lage war, einen guten Rat zu geben…
    »Nur sein eigenes Fleisch macht ihm Schmerzen, und nur um ihn selbst trauert seine Seele.« Richtig, dachte ich und blätterte um.
    »Auch warnt er ihn durch Schmerzen auf seinem Bett und durch heftigen Kampf in seinen Gliedern… Sein Fleisch schwindet dahin, daß man’s nicht ansehen kann, und seine Knochen stehen heraus, daß man lieber wegsieht.« Trifft ins Schwarze. Und was nun?
    »So nähert er sich

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