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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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flaumigen Bart. »Ja.«
    »Hat er es bei sich behalten?«
    »Nein.«
    Ich beobachtete ihn genau. »Sie haben es doch hoffentlich nicht für ihn aufgewischt?«
    Er war amüsiert, und die runden Backen über dem Bart liefen zartrosa an.
    »Das hätte ich nicht gewagt. Nein, er hat vorsichtshalber schon eine Schüssel neben sich gestellt.«
    »Schottischer Dickschädel!« rief ich aus und mußte wider Willen lachen. Ich ging in sein Zimmer zurück und küßte ihn leicht auf die Stirn. Er bewegte sich, wachte aber nicht auf. Gemäß Vater Anselms Rat nahm ich den Teller mit Brot und Fleisch zum Abendessen mit in mein Zimmer.

    Am nächsten Tag wollte ich Jamie Zeit lassen, sich zu erholen - sowohl von seinem Groll als auch von seiner Magenverstimmung -, und blieb vormittags in meinem Zimmer und las in einem Kräuterhandbuch, das mir Bruder Ambrosius geliehen hatte. Nach dem Mittagessen sah ich nach meinem widerspenstigen Patienten. Statt Jamie fand ich jedoch Murtagh im Zimmer, der auf einem Hocker saß und ziemlich verwirrt aus der Wäsche schaute.
    »Wo ist er?« fragte ich und sah mich verblüfft im Zimmer um.
    Murtagh deutete mit dem Daumen zum Fenster. Es war ein kalter dunkler Tag, und die Lampen waren angezündet. Das Fenster stand offen, so daß die kleinen Flammen in der eisigen Zugluft flackerten.
    »Er ist draußen?« fragte ich ungläubig. »Wohin? Warum? Und was, um Gottes willen, hat er an?« Jamie hatte in den letzten Tagen meistens gar nichts getragen, da das Zimmer warm war und jeder Druck auf den heilenden Wunden schmerzhaft war. Für die kurzen, unvermeidlichen Gänge, die er mit der Unterstützung von Bruder Roger machte, hatte er ein Mönchshabit übergezogen, aber die lag ordentlich zusammengefaltet am Fußende des Bettes.
    Murtagh kippelte mit dem Hocker nach vorne und sah mich wie eine Eule an.
    »Wie viele Fragen waren das? Vier?«
    »Erstens: Ja, er ist raus.« Dann den Mittelfinger. »Zweitens: Wohin? Woher soll ich das wissen?« Der Ringfinger gesellte sich zu den beiden anderen. »Drittens: Warum? Er sagte, er hätte es satt, hier drinnen herumzusitzen.« Der kleine Finger wedelte hin und her. »Viertens: Weiß ich auch nicht. Als ich ihn das letzte Mal sah, hatte er überhaupt nichts an.«
    Murtagh zog die Finger wieder ein und streckte den Daumen heraus.
    »Das hast du mich zwar nicht gefragt, aber er ist ungefähr seit einer Stunde weg.«
    Ich kochte vor Wut und wußte nicht, was ich tun sollte. Da der Täter nicht greifbar war, ließ ich meinen Ärger an Murtagh aus.
    »Weißt du denn nicht, daß es draußen eiskalt ist und Schnee in der Luft liegt? Warum hast du ihn nicht aufgehalten? Und was soll das heißen, er hat nichts an?«
    Der kleine Schotte blieb gelassen. »Klar weiß ich das, er vermutlich auch, ist ja nicht blind. Hab auch versucht, ihn aufzuhalten.« Er deutete auf die Kutte auf dem Bett.

    »Als er sagte, daß er nach draußen wollte, habe ich ihm gesagt, daß es dazu noch zu früh wäre und du mir an den Kragen gehen würdest, wenn ich es zuließe. Ich nahm ihm die Kutte weg, stellte mich mit dem Rücken an die Tür und sagte ihm, daß er hier nicht herauskäme, nur über meine Leiche.«
    Murtagh schaute in die Ferne und sagte dann, etwas vom Thema abweichend: »Ellen MacKenzie hatte das süßeste Lächeln, das ich je gesehen habe; es ging einem durch und durch.«
    »Und du hast ihren blöden Sohn rausgelassen, damit er sich in der Kälte den Tod holt. Und was, bitte schön, hat das Lächeln seiner Mutter damit zu tun?«
    Murtagh rieb sich nachdenklich die Nase. »Als ich ihm klargemacht habe, daß ich ihn nicht durchlasse, hat mich der Junge einen Augenblick angeschaut und mich dann genauso süß wie seine Mama angelächelt, und ist zum Fenster raus, mit nichts am Leib außer seiner Haut. Als ich rausschaute, war er schon weg.«
    Ich verdrehte die Augen.
    »Hätte dir gern gesagt, wo er hin ist«, fügte Murtagh hinzu, »damit du dir keine Sorgen um ihn machst.«
    »Damit ich mir keine Sorgen um ihn mache!« murmelte ich vor mich hin, als ich auf dem Weg zu den Ställen war. » Er sollte sich besser Sorgen machen, wenn ich ihn erwische!«
    Es gab nur eine Hauptstraße ins Inland. Ich ritt ziemlich flott und ließ den Blick über die Felder schweifen. In diesem Teil von Frankreich gab es fruchtbares Ackerland, und die Wälder waren glücklicherweise weitgehend gerodet; die Chance, auf einen Wolf oder Bären zu treffen, war weitaus geringer als im Inland.
    Tatsächlich fand

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