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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Augenblick«, sagte Geillis zu mir. »Da du von einem großen starken Mann nach Hause gebracht wirst - ich habe hier eine Kiste mit Kräutern, die ich Mrs. FitzGibbons versprochen habe. Vielleicht wäre Mr. MacTavish so freundlich?«
    Jamie erklärte sich einverstanden, und so ließ Geillis die Kiste von einem Bedienten aus ihrem Arbeitszimmer holen und gab dem Mann zu diesem Zweck einen riesengroßen gußeisernen Schlüssel. Während der Bediente fort war, machte sie sich an einem kleinen Sekretär in der Ecke zu schaffen. Als die Kiste - ein recht stattliches Ding aus Holz mit Messingbeschlägen - hereingebracht wurde, hatte sie ihr Schreiben fertig. Sie bestreute es hastig mit Sand, faltete es zusammen, siegelte es mit einem Klecks Kerzenwachs und drückte es mir in die Hand.
    »Das ist die Rechnung«, sagte sie. »Reichst du sie in meinem Namen an Dougal weiter? Er kümmert sich um Zahlungen und dergleichen. Gib sie niemand anderem, sonst sehe ich wochenlang kein Geld.«
    »In Ordnung.«

    Geillis umarmte mich herzlich und brachte uns zur Tür.
    Ich suchte Schutz unter dem Dachvorsprung des Hauses, während Jamie die Kiste am Sattel seines Pferdes festband. Es regnete jetzt heftiger, und von der Traufe plätscherte das Wasser nur so herab.
    Ich betrachtete Jamies breiten Rücken und seine muskulösen Unterarme, als er mühelos die schwere Kiste hob. Dann warf ich einen Blick zum Pranger, wo der Gerberjunge trotz der Ermutigungen seitens der Menge, die sich wieder versammelt hatte, immer noch an seinem Nagel hing. Gewiß, dies war kein bezauberndes strohblondes Mädchen, doch aufgrund von Jamies Verhalten bei Colums Gericht, glaube ich, daß ihn die Not des Knaben nicht völlig kalt lassen würde.
    »Jamie?«
    »Aye?« sagte er.
    »Du bist ziemlich, äh, stark, nicht wahr?« fragte ich. Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Lippen, und er nickte. »Für die meisten Dinge reicht es«, antwortete er.
    Ich sah mich ermutigt und rückte dichter an ihn heran, damit uns niemand belauschen konnte.
    »In den Fingern hast du auch leidlich Kraft?« fuhr ich fort.
    Er ballte die Hand zur Faust, und sein Lächeln wurde breiter. »Ja. Soll ich Kastanien für dich knacken?« Er schaute lächelnd auf mich herunter, ein verschmitztes Glitzern in den Augen.
    »Eher welche aus dem Feuer holen.« Ich sah auf und begegnete Jamies fragendem blauem Blick. »Schaffst du das?«
    Er betrachtete mich einen Moment, immer noch lächelnd; dann zuckte er die Achseln. »Wenn der Nagel so lang ist, daß man ihn fassen kann… Lenkst du unterdessen die Leute ab? Sie haben es nicht gerne, wenn sich jemand einmischt.«
    Ich hatte nicht bedacht, daß meine Bitte Jamie in Gefahr bringen könnte, und zögerte nun, doch er schien bereit, einen Versuch zu riskieren.
    »Wenn wir beide hinübergingen, um es uns genauer anzuschauen, und ich bei dem Anblick ohnmächtig würde - glaubst du, das …«
    »Weil du kein Blut sehen kannst?« Jamie zog sarkastisch eine Augenbraue hoch und grinste. »Ja, das müßte gehen. Wenn du’s so einrichten könntest, daß du vom Sockel fällst, wäre es noch besser.«
Ich hatte, was das Hinschauen betraf, tatsächlich ein wenig Bedenken, doch es war nicht so schrecklich, wie ich befürchtete. Der Nagel war ganz oben durch die Muschel getrieben worden und stand etwa fünf Zentimeter vor. Man sah fast kein Blut, und die Miene des Jungen zeigte, daß er zwar Angst hatte und sich unbehaglich fühlte, aber keine großen Schmerzen litt. Vielleicht hatte Geillis in Anbetracht der Gepflogenheiten, die die schottische Jurisprudenz auszeichneten, sogar recht mit ihrer Auffassung, daß dies eine milde Strafe war. Ich fand das Ganze trotzdem barbarisch.
    Jamie näherte sich zwanglos dem Pranger. Er betrachtete den Knaben und schüttelte rügend den Kopf.
    »Na, Junge«, sagte er, »sitzt schön in der Klemme, wie?« Er legte seine Rechte unter dem Vorwand auf den Pranger, sich das Ohr genau anzuschauen. »Ach«, sagte er abschätzig, »deswegen brauchst du dich doch nicht so anzustellen. Ein kleiner Ruck mit dem Kopf, und es ist vorbei. Soll ich dir helfen?« Jamie streckte die Hand aus, als wollte er den Jungen bei den Haaren packen und vom Pranger losreißen. Der Knabe wimmerte vor Angst.
    Ich hatte mein Stichwort erkannt, tat einen Schritt zurück und trat der Frau hinter mir vehement auf die Zehen. Sie kreischte.
    »Verzeihung«, keuchte ich. »Mir … mir ist so schwindelig. Bitte …« Ich wandte mich vom Pranger ab,

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