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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Stall, die Ohren gespitzt für den Fall, daß sich Menschen in der Nähe aufhielten, aber sie schienen alle oben im Saal zu sein und sich für die Zeremonie zu rüsten. Die Stalltür klemmte, aber als ich ihr einen leichten Stoß gab, schwang sie an ihren Lederangeln lautlos nach innen auf.
    Die Luft war warm und erfüllt von den leisen Geräuschen der Pferde. Auch war sie so schwarz wie ein Leichenbestatterzylinder von innen, wie Onkel Lamb zu sagen pflegte. Die paar Belüftungsschlitze, die es gab, waren zu klein, um das matte Sternenlicht hereinzulassen. Mit ausgestreckten Händen bewegte ich mich langsam zum Hauptteil des Stalles.
    Ich tastete behutsam, suchte die Kante einer Box als Anhaltspunkt. Meine Hände griffen ins Leere, aber mit dem Schienbein stieß ich gegen ein Hindernis, das auf dem Boden lag, und plumpste mit einem Schrei des Entsetzens vornüber.
    Das Hindernis rollte fluchend um die eigene Achse und packte meine Arme. Ich wurde gegen einen stattlichen Männerkörper gedrückt, und jemandes Atem kitzelte mein Ohr.
    Ich zuckte zurück. »Wer sind Sie?« keuchte ich. »Und was machen Sie hier?« Als er meine Stimme hörte, lockerte der Angreifer den Griff.
    »Das könnte ich dich auch fragen, Sassenach«, sagte die tiefe, sanfte Stimme von Jamie MacTavish, und ich war so erleichtert, daß ich mich etwas entspannte. Im Stroh bewegte es sich, und Jamie setzte sich auf.
    »Obwohl ich es ahne«, fügte er trocken hinzu. »Was meinst du, wie weit du in einer dunklen Nacht und mit einem fremden Pferd kämest, Mädel? Am Morgen wär der halbe MacKenzie-Clan hinter dir her.«
    Ich war in mehr als einer Hinsicht verärgert.
    »Sie wären nicht hinter mir her. Sie sind alle oben im Saal, und es würde mich sehr wundern, wenn am Morgen auch nur ein Fünftel von ihnen nüchtern genug wäre, um gerade zu stehen, geschweige denn, sich aufs Pferd zu schwingen.«
    Jamie erhob sich lachend und reichte mir die Hand, um mir aufzuhelfen.
    »Das ist sehr vernünftig gedacht, Sassenach«, sagte er, offenbar leicht erstaunt darüber, daß ich auch vernünftig sein konnte. »Oder
wäre es«, fuhr er fort, »wenn Colum nicht um die Burg herum und bis in den Wald hinein Wachen aufgestellt hätte. Er ließe Leoch mit den Kriegern des ganzen Clans darin schwerlich ungeschützt. Du hättest also kaum eine schlechtere Nacht für einen Fluchtversuch wählen können«, fügte Jamie hinzu. Es schien ihn überhaupt nicht zu kümmern, daß ich fliehen wollte; ihn interessierten offenbar nur die Gründe, aus denen es nicht klappen würde, was mir doch ein wenig seltsam vorkam. »Außer den Wachen und der Tatsache, daß alle guten Reiter aus der ganzen Umgebung hier sind, ist der Weg zur Burg voll von Leuten, die zum Tynchal und zu den Spielen kommen.«
    »Zum Tynchal ?«
    »Zur Jagd. Gewöhnlich auf Hirsche, diesmal vielleicht auf einen Keiler; ein Stallbursche hat dem alten Alec erzählt, im östlichen Wald gäbe es einen großen.« Jamie legte mir die Hand auf den Rücken und schob mich zur offenen Tür.
    »Komm«, sagte er. »Ich bringe dich zurück.«
    Ich entzog mich ihm. »Spar dir die Mühe«, sagte ich schroff. »Ich finde den Weg auch selbst.«
    Jamie faßte mich am Ellbogen. »Das bezweifle ich nicht. Aber du wirst doch keiner von Colums Wachen begegnen wollen -«
    »Warum nicht?« fauchte ich. »Ich tue nichts Böses. Oder ist es verboten, außerhalb der Burg spazierenzugehen?«
    »Nein. Die Leute werden dir wohl auch kein Haar krümmen«, sagte Jamie, nachdenklich in den Schatten spähend. »Aber es ist nicht eben ungewöhnlich, daß ein Mann, wenn er Wache steht, seine Feldflasche zur Gesellschaft bei sich hat. Und der Rausch mag ein lustiger Bruder sein, aber er ist kein sehr guter Ratgeber, was schickliches Benehmen angeht, wenn ein liebes kleines Mädel ganz allein aus der Dunkelheit auf einen zukommt.«
    »Auf dich bin ich auch ganz allein aus der Dunkelheit zugekommen«, sagte ich. »Und ich bin weder besonders klein noch besonders lieb.«
    »Ich war nicht betrunken, sondern ich habe geschlafen«, erwiderte Jamie. »Über dein Wesen wollen wir jetzt nicht streiten, aber du bist ein gutes Stück kleiner als die meisten von Colums Wachen.«
    Ich betrachtete die Diskussion als unergiebig und versuchte es mit einem anderen Thema. »Warum hast du im Stall geschlafen?«
fragte ich. »Hast du nicht irgendwo ein Bett?« Wir waren jetzt im äußeren Bereich des Burggartens, und ich konnte Jamies Gesicht im matten Licht sehen.

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