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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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machte zwei, drei Schritte, taumelte raffiniert und faßte nach den Ärmeln der Umstehenden. Der Rand des Sockels war keine fünfzehn Zentimeter entfernt; ich klammerte mich an ein zart gebautes Mädchen, das ich mir für diesen Zweck ausgesucht hatte, stürzte mit dem Kopf voran und riß sie mit. Wir rollten in einem Gewirr von Rücken ins nasse Gras. Spitze Schreie gellten. Schließlich ließ ich die Bluse des Mädchen los und streckte dramatisch alle viere von mir; der Regen platschte mir ins Gesicht.
    Ich war tatsächlich ein wenig atemlos - das Mädchen war auf mich gefallen -, und ich schnappte nach Luft, während ich dem besorgten Stimmengewirr rings um mich lauschte. Spekulationen, Vorschläge und entsetzte Ausrufe prasselten auf mich nieder, dichter als die Tropfen vom Himmel, doch es waren zwei vertraute Arme, die mich aufhoben, und zwei besorgte blaue Augen, in die ich blickte, als ich die meinen aufschlug. Ein Zucken der Lider verriet mir, daß das Werk vollbracht war, und ich sah denn auch, wie sich der Gerberjunge, ein Taschentuch gegen das Ohr gedrückt,
schleunigst verdrückte. Keiner beachtete ihn, da sich die Menge abgewandt hatte, um ihre Aufmerksamkeit der neuen Sensation zu widmen.
    Die Dörfler, die vor kurzem noch nach dem Blut des Knaben geschrien hatten, waren mir gegenüber die Freundlichkeit selbst. Ich wurde behutsam von der Erde aufgehoben und ins Haus der Duncans zurückgebracht, wo man mich mit Branntwein, Tee, warmen Decken und Mitgefühl versorgte. Gehen durfte ich überhaupt nur, weil Jamie kategorisch festellte, wir müßten uns sputen, mich dann vom Diwan lüpfte und, ohne auf die Proteste unserer Gastgeber zu achten, auf die Tür zusteuerte.
    Wieder einmal saß ich vor ihm im Sattel - mein Pferd lief am Zügel hinterher -, und ich versuchte, ihm für seine Hilfe zu danken.
    »Nicht der Rede wert, Mädel«, sagte er abwehrend.
    Aber ich ließ nicht locker. »Es war ein Risiko für dich«, erwiderte ich. »Mir war nicht klar, daß du dich in Gefahr begeben würdest.«
    »Ach was«, sagte er. Und einen Moment später mit einem Anflug von Erheiterung: »Du wirst doch nicht meinen, daß ich weniger Mut habe als eine kleine Engländerin, oder?«
    Jamie brachte die Pferde auf Trab, während die Dämmerung herabsank. Wir sprachen nicht viel auf dem restlichen Heimritt. Und als wir die Burg erreichten, ließ er mich mit einem sanft ironischen »Gute Nacht, Engländerin, Fremde - kurz, Mistress Sassenach« am Tor zurück. Doch ich hatte das Gefühl, als wäre dies der Anfang einer Freundschaft, die mehr bedeutete als den Austausch von Klatsch unter Apfelbäumen.

10
    Der Eid
    An den nächsten beiden Tagen herrschte ein gewaltiger Aufruhr, alles eilte und hastete herum und traf alle möglichen Vorbereitungen. Ich hatte in meiner Praxis nur wenig zu tun, die Leute mit der Nahrungsmittelvergiftung waren genesen, und die anderen schienen viel zu beschäftigt, um krank zu werden. Zwar rissen sich die Knaben, die das Feuerholz heranschleppten, vermehrt Splitter ein, und unter den emsigen Küchenhilfen stieg die Zahl der Verbrühungen, aber sonst gab es keinerlei Unfälle.
    Auch ich war aufgeregt. Heute abend würde ich es wagen. Mrs. FitzGibbons hatte berichtet, daß sämtliche Krieger des MacKenzie-Clans im großen Saal sein würden, um Colum ihre Treue zu schwören. Bei einer so wichtigen Zeremonie würde sicher niemand die Stallungen bewachen.
    Während ich in der Küche und im Obstgarten geholfen hatte, war es mir gelungen, so viele Nahrungsmittel beiseite zu schaffen, daß ich mehrere Tage versorgt war; zumindest glaubte ich das. Eine Feldflasche besaß ich nicht, aber ich hatte in einem der stabileren Glasgefäße aus dem Sprechzimmer Ersatz gefunden. Ich hatte feste Stiefel und - Colum sei Dank - einen warmen Umhang. Ich würde über ein gutes Pferd verfügen; bei meinem nachmittäglichen Besuch im Stall hatte ich mir eines ausgesucht. Ich hatte kein Geld, aber meine Patienten hatten mir Schmuckstücke gegeben, auch Bänder, kleine Schnitzereien und Gemmen, die ich gegen das, was ich benötigte, tauschen konnte.
    Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich Colums Gastfreundschaft und das Wohlwollen der Burgbewohner mißbrauchte, indem ich ohne ein Wort und ohne Abschiedsbrief ging. Doch was sollte ich sagen? Ich hatte einige Zeit über das Problem nachgedacht und letzten Endes beschlossen, einfach zu verschwinden.

    Eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit näherte ich mich vorsichtig dem

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