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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Konzentriert ließ er den Blick über die Gewölbegänge schweifen, aber bei diesen Worten schaute er beiseite.
    »Doch«, sagte er und schritt weiter, nach wie vor meinen Ellbogen umfassend, aber einen Moment später fuhr er fort: »Ich dachte mir, es ist besser, wenn ich aus dem Weg bin.«
    »Weil du Colum MacKenzie nicht die Treue schwören willst?« vermutete ich. »Und keinen Ärger deswegen möchtest?«
    Jamie betrachtete mich amüsiert. »So ähnlich«, gab er zu.
    Eines der Seitentore stand einladend offen, und eine Laterne auf dem Mauervorsprung daneben warf einen warmen gelben Schein. Wir hatten dieses Leuchtfeuer fast erreicht, als sich plötzlich von hinten eine Hand über meinen Mund legte und ich den Boden unter den Füßen verlor.
    Ich wehrte mich und biß zu, doch mein Häscher trug dicke Handschuhe und war, wie Jamie gesagt hatte, ein gutes Stück größer als ich.
    Jamie schien selbst gewisse Schwierigkeiten zu haben. Das Ächzen und gedämpfte Fluchen endete mit einem dumpfen Aufprall und einem vollmundigen gälischen Kraftausdruck.
    Der Kampf im Dunkeln hörte auf, und jemand, den ich nicht kannte, lachte schallend.
    »Heiliger Gott, ist das nicht Colums Neffe? Kommst ein bißchen spät zum Eid, was, Junge? Und wen hast du da dabei?«
    »Ein Mädel«, antwortete der Mann, der mich festhielt. »Und ein süßes, dralles, so wie es sich anfühlt.« Die Hand entfernte sich von meinem Mund und griff an anderer Stelle herzhaft zu. Ich schrie empört auf, bekam die Nase des Mannes zu fassen und riß daran. Er setzte mich mit einer Verwünschung ab. Ich wich zurück vor den Whiskydünsten und empfand plötzlich Dankbarkeit für Jamies Gegenwart. Vielleicht war es doch klug, daß er mich begleitet hatte.
    Er schien anderer Meinung zu sein, als er einen vergeblichen Versuch unternahm, sich dem Zugriff der beiden Krieger, die sich an ihn gehängt hatten, zu entziehen. Ihre Aktion war nicht feindselig, aber äußerst entschlossen. Sie bewegten sich zielbewußt auf das offene Tor zu, ihren Gefangenen hinter sich herzerrend.
    »Jetzt laßt mich los, ich muß mich umziehen«, protestierte Jamie. »So kann ich nicht zum Eid gehen - wie sehe ich denn aus.«

    Jamies Bemühungen, sich zu drücken, wurden von Ruperts Erscheinen zunichte gemacht, der, feist und prächtig in gerüschtem Hemd und goldbetreßtem Rock, aus dem schmalen Tor herausflutschte wie ein Korken aus der Flasche.
    »Deswegen mußt du dir nicht den Kopf zerbrechen, Junge«, sagte Rupert und musterte Jamie mit blitzenden Augen. »Wir werden dich anständig herrichten - drinnen.« Er deutete auf das Tor, und Jamie blieb nichts anderes übrig, als hineinzugehen. Eine fleischige Hand packte mich am Ellbogen, und ich folgte Jamie.
    Rupert schien strahlender Laune, ebenso die anderen Männer, die ich auf dem Hof in der Nähe des Eingangs herumlaufen sah. Es waren sechzig bis siebzig, alle im Sonntagsstaat, mit Dolchen, Schwertern, Pistolen und Felltaschen behängt. Rupert wies auf eine Pforte in der Mauer, und die Wachen drängten Jamie in ein kleines beleuchtetes Zimmer. Es wurde offenbar als Lagerraum verwendet; die Tische und Borde waren mit jedem erdenklichen Krimskrams übersät.
    Rupert betrachtete Jamie kritisch, inspizierte das Stroh in seinen Haaren und die Flecken auf seinem Hemd. Ich sah, wie sein Blick zu dem Stroh in meinen Haaren wanderte. Ein sarkastisches Grinsen war die Folge.
    »Kein Wunder, daß du so spät dran bist, Junge«, sagte Rupert und versetzte Jamie einen Rippenstoß. »Kann’s dir auch nicht verdenken.«
    Nun wandte sich Rupert an einen der Männer draußen. »Willie!« rief er. »Wir brauchen Kleider. Etwas Passendes für den Neffen des Burgherrn. Kümmere dich darum - und spute dich!«
    Jamie schaute dünnlippig auf die Männer, die ihn umringten - sechs Clanmitglieder, die alle in Hochstimmung wegen des bevorstehenden Treueeids waren und vor Stolz schier platzen wollten. Die gute Laune war nicht zuletzt auf das große Bierfaß zurückzuführen, das ich auf dem Hof gesehen hatte und aus dem man sich reichlich bedient hatte. Jamies Blick ruhte nun auf mir; seine Miene war nach wie vor grimmig. Das ist dein Werk, schien sie zu sagen.
    Natürlich hätte Jamie verkünden können, er habe nicht vor, Colum Treue zu schwören, und anschließend zu seinem warmen Lager im Stall zurückkehren. Vorausgesetzt, er war scharf auf eine Tracht Prügel. Er hob eine Augenbraue, zuckte die Achseln und fügte sich würdig dem Mann Willie,

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