Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Daher schätzt er, muss er irgendwie damit umgehen.
»Ja?«
Sie lächelt. »Wo ist dein Büro?«
Oh, Norton, du Idiot! Vielleicht wäre eine Führung durch das Haus angebracht?
Andrews Grinsen fällt etwas mühsam aus. »Erste Etage, dritte Tür rechts.«
Eine Stunde darauf hat Andrew bereits telefonisch mit Finch über die Entwicklungen im Fall Smith gesprochen. Darüber hinaus wurden seine Anwälte nach dem Stand des Aufhebungsvertrages für das Schwein befragt, ein weiteres Telefonat mit Singapur geführt, eine Übersicht der Umsatzzahlen des laufenden Jahres ausgewertet und Snow – dem Leiter der Personalabteilung – die Anweisungen für den Smith–Ersatz gemailt. Er liegt im Limit. Nicht, dass er zufrieden ist. Soweit kommt es nie.
Der DS hat ohnehin wie üblich etwas auszusetzen. Immer findet er einen Kritikpunkt, sei er auch noch so gering, Andrew hat sich längst daran gewöhnt. Trotzdem gibt er sich jede erdenkliche Mühe, es ihm recht zu machen. Nur damit er ein einziges – nur ein einziges – Mal sagt: Gut gemacht, Norton. Das war wirklich gut.
Es kommt nur nie.
Dennoch kann seine Arbeit nicht schlecht gewesen sein. Andrews Erfolg in den letzten Jahren ist ein zarter Hinweis darauf. Allerdings ist er nicht so weit gekommen, wie es in der Theorie möglich gewesen wäre. Es gab sie – jene Rückschläge, die ihn daran hinderten, perfekt zu sein. Sie treten immer dann ein, wenn sich sein nächtliches Schlafpensum über Wochen unter drei Stunden bewegt. Sobald dies eintrifft, wird er schwach und undiszipliniert und begeht Fehler .
Derartiges hasst er. Entgleisungen, die aus seiner Müdigkeit und Erschöpfung resultieren. Einfach, weil er nicht in der Lage ist, seinen ARSCH ZUSAMMENZUNEHMEN und sich NICHT WIE EINE MEMME AUFZUFÜHREN.
Doch es ist schwer, sich zu konzentrieren, wenn einem ständig die Augen zufallen wollen, sodass man versucht ist, sie mit Streichhölzern aufzuhalten. Es ist fast unmöglich, sich unter Kontrolle zu halten und nicht ausfallend zu werden, sobald jedes Wort, das in seiner Gegenwart gesagt wird, im Kopf hämmert, als würde jemand sein Gehirn mit einem Vorschlaghammer malträtieren. Es ist beinahe ausgeschlossen, einen ruhigen Gesichtsausdruck zu wahren, wenn man vor Müdigkeit halluziniert, seltsame Farben sieht und Menschen, deren Gesichter plötzlich wie die von Monstern wirken, in denen kalte grausame blaue Augen wohnen ...
Als es zaghaft an der Tür klopft, blickt Andrew auf und lehnt sich zurück. »Komm rein!« Er hat gearbeitet, verdammt! Garantiert nicht seinem üblichen Standard entsprechend, doch er findet, dass er sich ein wenig Zeit mit ihr verdient hat.
Sie scheint ihm den Fehler vom Nachmittag verziehen zu haben. Aber er wird das Thema heute Abend anschneiden. Er muss! Es gibt unter Garantie eine Lösung für das Problem. Etwas, das ihre Abneigung gegen ihn und auch sich selbst beseitigt. Er wird sie finden – sonst will er nicht mehr Andrew Norton heißen.
»Das Essen ist fertig«, sagt sie. Laut und deutlich.
Er tritt zu ihr, nimmt ihre Hand und küsst sie. Kein leidenschaftlicher Kuss. Sie soll verstehen, dass er es gut mit ihr meint. Es scheint zu funktionieren, denn sie lächelt zaghaft. Und dann zieht sie ihn hinaus in den Flur. »Komm!«
Stirnrunzelnd folgt er ihr.
Sie hat von irgendwoher Servietten besorgt – er mutmaßt, heute gekauft –, auf dem Tisch stehen zwei Kerzen, die Teller, der Wein. Und Andrew hört wieder Barbers, adagio for strings.
»Sorry.« Verlegen senkt sie den Blick. »Ich habe deine Anlage angestellt.«
»Es ist eine Stereoanlage ! Welche Einwände sollte ich anbringen, wenn du sie zweckgemäß nutzt?«
Sie hebt die Schultern. »Männer haben sich manchmal ziemlich komisch mit ihrem Spielzeug.«
Lachend wirft er den Kopf zurück. »Meinst du ehrlich zu wissen, was wir tun oder nicht?«
Ihre Augen werden schmal. »Du wirst es nicht glauben«, erwidert sie würdevoll. »Aber selbst ich bin in meinem Leben bereits einigen von euch begegnet.«
Andrew nickt. »Ja, auf der Straße, als einer an dir vorbeilief und du nicht schnell genug fliehen konntest ...«
Sie verzieht das Gesicht. »Ich hoffe, es schmeckt.«
Das tut es.
Josie ist ein lukullisches Talent. Es verwirrt Andrew ein wenig, denn alle Frauen, die er kennt, sehen es als Angriff auf ihre femininen Rechte an, in der Küche etwas Essbares zuzubereiten – abgesehen von Sarah.
»Wo hast du kochen gelernt?«
»Es stand die Wahl zwischen Verhungern
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