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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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gute Idee war, heute mit ihm überhaupt hierher zu kommen. Er hat garantiert mit dem Gedanken gespielt daheimzubleiben, aber die Vorstellung, mit ihm in diesem Zustand den ganzen Tag allein in diesem riesigen Haus zu verbringen, machte ihr schlicht und einfach Angst. Was, wenn sich seine Verfassung noch verschlechtert hätte, ohne jemanden, den sie um Hilfe bitten könnte? Gut, Johnson wäre da gewesen. Doch sie bezweifelt, dass der große Erfahrungen im Umgang mit Männern besitzt, die einen ziemlichen Schock erlitten haben. Aus diesem Grund bestand sie darauf, heute Morgen loszufahren. Inzwischen ärgert sie sich über ihre Feigheit.
    Nie wieder wird sie aus reinem Egoismus handeln, schwört sie insgeheim.
    Im Wagen, kaum auf seinem Schoß, legen sich seine Arme um sie und sie lehnt sich an ihn. In dieser Pose verharren sie, bis sie durch das große Tor auf das Grundstück fahren. Kein Wort fällt, aber das stört nicht. Es ist kein unangenehmes Schweigen, eher lässt es tiefes Einvernehmen erkennen. Doch während der gesamten Fahrt überlegt Josie, was sie mit Andrew anstellen wird, wenn sie angekommen sind. Es ist nicht einmal ein Uhr mittags. Wie soll sie bloß mit ihm umgehen, solange er so ist?
    Sie würde gern in sein Gesicht sehen, nur um herauszufinden, ob er darüber nachdenkt. Doch dazu müsste sie sich bewegen, und dies allein könnte schon wieder die nächste Katastrophe auslösen. Daher bleibt sie reglos sitzen – auch wenn es zunehmend schwerfällt, so nah bei ihm zu sein – bis der Chauffeur die Tür öffnet. Diesmal rutscht sie nicht vorher von Andrews Schoß. Das ist nicht möglich, weil er sie ja in seinem Schraubstockgriff hält.
    Mister Johnson reagiert wie Mister Johnson: überhaupt nicht. Andrew unternimmt nicht die geringsten Anstalten, sie beim Aussteigen loszulassen, geschweige denn, ihr die Möglichkeit zu geben, die Treppe zur Haustür hinauf zu laufen. Tonlos wirft er dem Chauffeur ein »Ich beabsichtige, morgen Nachmittag meine Familie zu besuchen. Bis dahin habe ich keine auswärtigen Pläne!« zu.
    Das »Ja, Sir«, kommt ebenso unbeeindruckt.
    Daher beschließt Josie, zunächst einmal gar nichts zu sagen. Vielleicht hat er ja irgendwas geplant? Doch als der zielsicher die Couch anstrebt, sich dort setzt, den Schraubstockgriff um ihren Körper erneut verstärkt und seinen Kopf auf ihrer Schulter bettet, dämmert ihr, dass das wohl alles ist, was er sich für die folgenden Stunden überlegt hat.
    Ich pflanze mich mit Josie auf das Sofa und erstarre zu Stein.
    Hmmm.
    Erst einmal schweigt sie mit ihm im Takt. Aber als er nach fünf Minuten noch in genau der gleichen Position verharrt, die Arme Schraubstockimitate, Wange auf ihrer Schulter, Augen blicklos aus dem Fenster gerichtet, beschließt Josie, einzugreifen. Sie versucht, sich zu bewegen, was nicht einfach wird, sie ist nämlich wie in Beton gegossen. Doch als ihm ihre Bemühungen bewusst werden, fährt er zusammen und lockert seine Umarmung ein wenig. »Sorry.«
    Das ist alles und er erstarrt wieder. Gut, sie muss also etwas unternehmen. Und schon zermartert sie sich das Hirn, was sie tun soll. Verdammt, sie ist in solchen Dingen nie sonderlich gut gewesen und sie kennt sich wirklich nicht aus! Was tut man denn in einer derartigen Situation? Hinzu kommt die Tatsache, dass sie auch genau darauf achten muss, was sie von sich gibt, und zumindest hier sind eindeutig ihre natürlichen Grenzen erreicht.
    Sie sagt immer das Falsche. Das ist leider Teil ihrer genetischen Struktur. Dann wäre da noch ein weiteres Problem, bisher nicht akut, in der Zwischenzeit allerdings spürbar: Josie ist es nicht gewöhnt, jemandem so nahe zu sein. Ganz besonders nicht, wenn sie sich dabei nicht rühren darf. Bislang gelingt es ihr, das klaustrophobische Gefühl unter Kontrolle zu halten, aber irgendwann wird sie durchdrehen – sprich, nicht mehr atmen – sollte er ihr nicht bald den erforderlichen Raum dazu geben.
    Ihre Wohlfühlzone ist im Moment um einen Meter unterschritten. Gut, bei Andrew um zehn Zentimeter. Doch die werden ihr zum Verhängnis, wenn ihr nicht demnächst etwas einfällt.
    Sie versucht wirklich durchzuhalten, weil ihr echt schleierhaft ist, wie sie ihn retten soll, während sie blau in der Ecke liegt. Und als sie es nicht länger erträgt, nimmt sie all ihren Mut zusammen. »Andrew?«
    Ein Ruck erfasst seinen Körper. »Ja?«
    Sie holt tief Luft – zumindest so viel, wie ihr inzwischen bereits äußerst eingeschränktes

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