Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Lungenvolumen noch zulässt.
»Du musst mich loslassen. Ich bekomme kei...«
Den Satz kann sie nicht beenden, denn im gleichen Moment stößt er sie von sich und sie landet etwas unsanft neben ihm. Seine Lider sind vor Entsetzen weit aufgerissen und die Hände erhoben. »Es tut mir leid!« Er spricht so schnell, dass sie ihn kaum versteht. »Es tut mir leid, ich bin ein verdammter Scheißkerl. Es tut mir so leid. Atme, Josie! Ja? Atme ...«
Fassungslos starrt sie ihn an und muss sich kurz sammeln, um eingreifen zu können. Dann will sie seine Hand nehmen, doch er weicht zurück, bevor sie ihn berühren kann. Gern hätte sie es dabei belassen, seinen Wunsch respektiert, aber Josie ist fast sicher, dass dies die falsche Reaktion wäre.
Sie hasst sich bereits jetzt für das Kommende. So, wie immer, wenn sie Dinge tut, die entgegen allem sind, was sie für richtig hält. »Es ist in Ordnung, Andrew. Nichts passiert! Hörst du?«, wispert sie eindringlich, in seinem Blick liegen nach wie vor Zweifel und Furcht. Langsam, ganz langsam, als müsse die Wahrheit erst einige Lagen dickster Watte überwinden, wird ihr bewusst, was genau seinen gestrigen Anfall verursacht hat.
Er befürchtet, dass sie stirbt!
Beispiellos ist das Glücksgefühl, das Josie mit dieser Erkenntnis durchströmt. Und es ist keineswegs nur gesättigt von den zärtlichen Gefühlen, die sie diesem Mann entgegenbringt. Darunter befindet sich gleichzeitig jede Menge Genugtuung, weil es ihr gelungen ist, ihn zu brechen.
Es dauert seine Zeit, doch dann siegt die weiße Seite über die schwarze. Josie fühlt sich stark. Stärker noch als vor einigen Minuten und sie beschließt, wie ein Kriegsherr nach gewonnener Schlacht, ein bisschen Wiederaufbauhilfe zu leisten. Nachdem sie sich an seinem Schmerz geweidet hat – nur ein wenig … ignoriert sie seine entsetzte Miene und rutscht zu ihm. Seine Hände heben sich etwas höher. »Nein, Josie ...«
»Schhhh ...« Mit energischer Geste zwingt sie ihn, die Arme zu senken. Er verstummt und beobachtet sie mit großen Augen. So weit, so gut. Trotz wild schlagenden Herzens vermischt mit dem dringenden Wunsch, sich in die hinterste Ecke des Raumes zu flüchten, und die ist echt ziemlich weit entfernt, gelingt es ihr, zu bleiben. Und nicht nur das. Sie atmet und sie senkt sein Gesicht zu sich hinab, bis seine Lippen ihren sehr nah sind. »Es tut mir leid, Andrew. Ich wollte dir keine Angst machen.«
»Josie, ich ...«
»Schhhh.«
Wieder verstummt er, nur dieser entsetzte Ausdruck ist immer noch anwesend. Jener, der Josie schließlich zu dem befähigt, was dem folgt. Während ihre recht bebenden Hände arbeiten, schickt sie ein kurzes Stoßgebet zum Himmel, dass die Bestie mit den glühenden dunklen Augen bitte genau dort bleibt, wo sie derzeit ist ... Sie hofft, dass dieser Ort tausende von Meilen entfernt ist. Da ist nämlich dieser Schlips, mit dem sie nicht umzugehen weiß, und der ihren resoluten Vorstoß behindert. Aber als sie ihn Hilfe suchend ansieht, ist sie für einen flüchtigen Moment gebannt.
Sie waren es von Anfang an. Denn sie wirken so anders, als alle männlichen Sehorgane, die sie bisher zu Gesicht bekam. »Andrew«, hört sie sich bitten, und ahnt sofort, dass es funktionieren wird, weil diese dunkle Seite von ihr derzeit total verschwunden ist. Offenbar hat sie eine Lösung für ihr Problem gefunden: Sie muss ihn nur dazu bringen, Angst um sie zu haben, dann tritt das andere in den Hintergrund.
Interessante Erfahrung.
»Nimm deinen Schlips ab!« Wow! Das kommt echt streng. Allerdings nicht strikt genug, um Andrew zu überzeugen. Denn der bewegt sich nicht, starrt sie stattdessen unvermindert an. »Was?«
»Das Ding da!« Sie deutete auf das Corpus Delicti. »Nimm es ab.«
»Warum?«
Innerlich stöhnt sie, weil er ihr bei der Umsetzung ihres verdammt genialen Plans nicht hilft, und sie ist wirklich nicht sicher, wie lange der überlebt. Die ersten Zweifel melden sich nämlich bereits. Doch bisher gelingt es ihr, das Beben aus der Stimme zu halten. »Bitte. Für mich?« Sie neigt den Kopf zur Seite und mustert ihn bittend.
Diesmal scheint es zu funktionieren. Er fixiert sie ununterbrochen, während seine Finger langsam zu seinem Hals wandern und das Ding entfernen. Als das getan ist, legt er es nicht beiseite, sondern senkt den Arm, die Faust geballt und starrt sie an.
Okay, zweiter Akt. Obwohl sich das Mädchen immer hysterischer fragt, was sie hier eigentlich Irres tut, öffnet sie
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