Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Klack , dann erreicht ihn zuerst die Duftwolke – verdammt, die Frau besitzt tatsächlich ein süßes Aroma – und endlich steht sie direkt neben ihm.
»Ich bin fertig.«
Er hält den Blick gesenkt. »Wollen wir losfahren?«
»Sicher.«
Als es sich nicht länger vermeiden lässt, sie anzusehen, erwartet ihn der nächste Schock. Sie trägt wieder ein Kleid – diesmal ein blaues, das im Sechziger–Jahre–Stil geschnitten ist. Das Oberteil ist äußerst figurbetont, der Rock sehr weit. Dazu hat sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden.
Er hat bereits den Mund geöffnet, doch dann bemerkt er, wie sich argwöhnisch ihre Augen verengen, und schluckt sein Kompliment hinunter. Josephine mag es ja nicht, wenn man ihr sagt, dass sie hübsch ist.
Falsch! Das wäre eine glatte Beleidigung. Sie ist schön, aber das will sie nicht hören, weshalb er sich erhebt, mit einem halben Meter Abstand an ihr vorbei und wortlos zum Ausgang geht. Als Andrew ihren verwirrten Blick sieht, kommt ihm ein etwas bitterer Gedanke: Es ist doch bizarr. Beschließt Josephine, einen Meilen umfassenden Sicherheitsabstand zwischen sie zu legen, hat er sich dem unterzuordnen. Akzeptiert er ihn, ist sie irritiert.
Seltsames Geschöpf.
Er ist gespannt, wie sie ihren neuen Wohlfühlabstand wahren wird, wenn sie erst im Auto sitzen.
Johnson steht vor der Tür und wartet bei offener Wagentür. Knapp erwidert Andrew dessen angedeutetes Nicken und steigt ein. Josie ist ihm in ungefährlicher Entfernung gefolgt und hat die Haustür hinter sich geschlossen. Ohne Zögern begibt sie sich in die Limousine, was Andrew schon einigermaßen verwundert.
Was jedoch kurz darauf geschieht, lässt ihn tatsächlich an seinem verdammten Verstand zweifeln. Denn kaum wird das Fahrzeug in Richtung Tor gelenkt, nimmt Josephine ich komme dir nicht zu nahe und wenn du mich folterst! Kent auf seinem Schoß Platz, wie auf einem Thron – kerzengerade, mit angespanntem Rücken, ohne die winzigste Regung.
Aufmerksam studiert er das wirklich schöne Gesicht und legt schließlich wortlos die Arme um sie. Es erfolgt keine wie auch immer geartete Reaktion.
Ehrlich! Was für ein seltsames Geschöpf!
Kurzzeitig überlegt er, ob er etwas sagen soll, entscheidet sich jedoch dagegen. Ob es nun die Hormone sind, das Wetter oder der Stand des Mondes. Tatsache ist, Josie weicht ihm aus. Im Moment ist sie allerdings direkt bei ihm. Und selbst wenn ihr das persönlich nicht gefällt, Andrew braucht sie. Begibt sie sich so bereitwillig in seine Nähe, wäre er doch ein Trottel, würde er sein Glück mit dämlichen Fragen noch mehr strapazieren.
Er ist ein Trottel – unter Garantie – aber kein solcher .
Und daher sind sie in der halben Stunde, die es benötigt, um zum Haus seiner Eltern zu gelangen, in dieses eigenartige Schweigen gehüllt. Das Mädchen residiert kerzengerade auf seinem Schoß, er hält es in seinen Armen und verwünscht zunehmend seine begeisterte Resonanz.
Nicht, dass sie darauf reagiert. Nein, dieses seltsame Wesen vollbringt das gleiche Kunststück wie am Morgen. Ihr gelingt etwas, das Andrew nie für möglich gehalten hätte. Sie sitzt auf ihm, während er beinahe nach Luft schnappt, und verzieht keine Miene. Das hätte ihn unter Umständen herausgefordert, den Macho in ihm geweckt, jenen Teil seiner Persönlichkeit, der ihre Nichtachtung unmöglich dulden kann. Doch in letzter Sekunde besinnt er sich.
›Denk daran. Jetzt darfst du sie wenigstens halten. Machst du sie wieder zur Furie, wird sie danach wahrscheinlich einen Zweimetersicherheitsabstand einführen. Und dann hast du nichts mehr zu lachen.‹
Gut, er hat derzeit auch nichts zu lachen. Aber immerhin.
Das Haus seiner Eltern liegt nah am Meer, gleich neben dem Ballast Point Park. Noch idyllischer geht es nicht, als eingebettet in den satten Wäldern Floridas. Als Johnson den Wagen durch das kleine Tor lenkt, nimmt Andrew seine jüngste Schwester wahr, die bereits auf der Treppe wartet.
Julia ist ein Kobold. Angemessener lässt sich diese nervende Kreatur in der Größe von einem Meter sechzig nicht umschreiben. Mit den grünen Augen, dem kurzen, gekonnt in Fasson gebrachten, dunklen Haar, den roten Lippen, und der Stupsnase. Kaum hat sie das Auto entdeckt, springt sie auf und hüpft die Stufen hinab.
Dieser Anblick bringt Miss Kent – nach wie vor auf Andrews begeisterten Schoß – doch tatsächlich dazu, mit ihm zu sprechen ! Damit ist diese Angelegenheit zumindest geklärt: Julia wird
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