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Feuerball

Titel: Feuerball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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nun im Kasino bereits in Gang sein würden, an die Kalypsos, die aus den Bars und Nachtlokalen der Bay Street in die Nacht hinausdröhnten. Er steckte das Taschentuch wieder ein: auch dies hier hatte seine guten Seiten. Eine wundervolle Unternehmung! Wie ein Uhrwerk! Er sah auf die Uhr. Genau 10 Uhr 15. Nur knappe dreißig Minuten Verspätung hatte das Flugzeug gehabt. Eine unangenehme Wartezeit zwar, aber die Landung war tadellos gewesen. Vargas hatte den italienischen Piloten - wie hieß er doch gleich - rasch und gut erledigt, so daß ihre Verspätung jetzt nur mehr fünfzehn Minuten betrug. Und wenn die Bergungsmannschaft keine Schneidbrenner brauchte, um die Bomben herauszukriegen, würden sie auch das bald eingeholt haben. Nr. 1 verließ die Brücke und begab sich in die Funkerkabine. Dort roch es nach Schweiß und Spannung. »Etwas vom Kontrollturm Nassau? Eine Meldung über ein tieffliegendes Flugzeug? Über einen möglichen Absturz bei Bimini?
    - Dann geben Sie weiter acht. Verbinden Sie mich aber vorher mit Nr. 2. Bitte rasch!« Nr. 1 zündete sich eine Zigarette an und sah zu, wie das Gehirn der Jacht zu arbeiten begann, den Äther abtastete, belauschte, durchforschte. Der Funker spielte spinnenfingrig mit den Knöpfen, wartete, kontrollierte, hastete weiter auf den Wellenbändern der Welt. Jetzt hielt er an, stimmte sorgfältig ab und hob den Daumen. Nr. 1 sprach in das kleine kugelförmige Mikrophon: »Hier spricht Nr. 1.«
    »Hier Nr. 2. Ich höre.« Die Stimme klang hohl, einmal stärker, dann wieder schwindend, aber es war eindeutig Blofelds Stimme. Nr. 1 kannte sie besser als die seines Vaters.
    »Vollzugsmeldung 10 Uhr 15. Nächste Phase 10 Uhr 45. Wir machen weiter. Ende.«
    »Danke. Ende.« Das Geräusch verstummte. Die Verbindung hatte 45 Sekunden gedauert, zu kurz für jedes Mithören auf dieser Wellenlänge.
    Nr. 1 ging durch die große Passagierkabine hinunter in den Laderaum. Dort saßen rauchend die vier Männer der Gruppe B herum, die Aqualungen neben sich. Die breite Unterwasserluke gerade überm Kiel der Jacht war offen. Das von dem weißen Sandgrund reflektierte Mondlicht drang durch das zwei Meter tiefe Wasser im Laderaum. Neben den Männern lag in einem dicken Packen eine auf hellbraunem Grund dunkelgrün- und braungefleckte Plane. Nr. 1 trat hinzu und sagte: »Alles klappt bestens. Der Bergungstrupp ist schon an der Arbeit und dürfte bald fertig sein. Was ist mit dem Wagen und dem Schlitten?«
    Einer der Männer wies mit dem Daumen zum Meeresgrund. »Da unten, auf dem Sand. So geht’s schneller.«
    »Das stimmt.« Nr. 1 wies auf eine kranartige Vorrichtung, die in den Laderaum herabhing. »Hat der Ladebaum die Belastung ausgehalten?«
    »Die Kette könnte das Doppelte aushalten.«
    »Und die Pumpen?«
    »Sind in Ordnung. Sie pumpen das Wasser in sieben Minuten hinaus.«
    »Gut. Also, nur mit der Ruhe. Es wird eine lange Nacht.«
    Nr. 1 kletterte über die Eisenleiter wieder an Deck und begab sich in den Kartenraum.
    Emilio Largo, Nr. 1, war ein großer Mann von auffallend gutem Äußeren, etwa vierzig. Er war Römer und sah wie ein Römer der Antike aus. Das einzige, was dieses schöne Centuriogesicht beeinträchtigte, waren die überlangen Koteletten und das allzu sorgfältig gewellte, pomadeglänzende schwarze Haar. Der starkknochige Körper zeigte keinerlei Fettansatz - Largo war ein Schwimmer von fast olympischer Klasse und hatte erst vor einem Monat die Wasserskimeisterschaft für Senioren in Nassau gewonnen. Seine Hände hatten beinahe doppelte Normalgröße und wirkten jetzt, da sie mit Lineal und Stechzirkel auf der Karte hantierten, fremd, schienen nicht zu ihrem Besitzer zu gehören. Hinter Largos Tätigkeit standen immer ein kühler Verstand und hervorragende Schlauheit, angefangen von seinem Nachkriegsdebut als Organisator des Schwarzmarkts in Neapel über fünf ertragreiche Schmuggel-Jahre in Tanger, weitere fünf als führender Kopf hinter der Reihe größer Juwelendiebstähle an der französischen Riviera bis zu den letzten fünf mit SPECTRE. Immer war er erfolgreich gewesen, immer hatte er den richtigen Schritt vorausgesehen. Er war der Inbegriff des Gentlemanverbrechers - ein Mann von Welt, ein Frauenliebling und Lebenskünstler; er hatte Zutritt zur Gesellschaft von vier Kontinenten und war der letzte Sproß einer einst berühmten römischen Familie, deren Vermögen er, wie er sagte, geerbt hatte; der ideale Mann für den Posten des obersten Leiters von »Operation

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