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Feuerbande

Feuerbande

Titel: Feuerbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Otten
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und spähte ins Innere der Stube.
    Meine Katzenaugen erkannten gerade genug, dass ich mich vor Schreck unwillkürlich zurückverwandelte. Der Bauer lag auf dem Boden des Zimmers, reglos und beängstigend still. Wer konnte sagen, wie lange schon! Ich musste etwas tun. Ich musste mich beeilen!
    Schnell ließ ich mich vom Fensterbrett zu Boden fallen, nahm noch in der Bewegung die Katzengestalt an und stob davon über den Hof zum Stall.
    „Vigo!“, rief ich und wurde zum Kobold, denn als Kater verstand er mich nicht. „Vigo, los, wir müssen zum Doktor! Der Bauer liegt und rührt sich nicht, und wir können nur hoffen, dass es noch nicht zu spät ist. Wir müssen Hilfe holen, rasch! Weißt du, wo der Doktor wohnt?“
    Meine Worte kamen so schnell, dass ich erst einmal Luft holen musste. Vigo schob seinen dicken Kopf zu mir herunter und schnaubte.
    „Irgendwann musste ja so etwas passieren – ich hab’s ja gesagt!“, brummelte er. „Was machen wir nur, was machen...“
    „Vigo! Wo wohnt der Doktor?“
    Er schüttelte den Kopf. „Die Straße zum Wald runter und dann rechts, ein Stückchen hinter dem Dorf, glaube ich. Der Bauer ist einmal dort gewesen, als ich seinen Karren gezogen habe. Ich denke, ich würde es wieder finden.“ Er schnaubte wieder. „Aber ich kann ihm doch nicht sagen, dass er hierher zum Hof kommen soll! Ich spreche die Menschensprache nicht, und er nicht die der Tiere!“
    „Aber ich“, sagte ich und zog meine Mütze fest entschlossen über beide Ohren. „Ich kann beides, und ich werde es ihm ausrichten. Wir gehen natürlich zusammen.“
    „Bork“, stupste das Pferd mich vorsichtig an. „Hast du da nicht etwas vergessen? Du kannst doch diesen Hof nicht verlassen. Das hast du mir doch so oft erzählt.“
    „Ich kann ihn nicht selbst verlassen“. Ich ließ mich von so etwas nicht beirren. „Aber wenn du mich fortträgst, könnte es doch klappen. Ich reite einfach auf deinem Rücken. Wir müssen es wenigstens versuchen!“
    Mit diesen Worten war ich auch schon auf den Pfosten geklettert und löste die Verriegelung der Pferdebox.
    „Na gut“, gab Vigo endlich auf. „Spring hoch auf meinen Rücken und halt dich an der Mähne fest. Ich werde so schnell laufen, wie ich kann.“
     
    Leider war das nicht schnell genug, wie wir beide bald feststellen mussten. Vigo war nun einmal ein Arbeitstier, kein Rennpferd, und er war noch dazu ziemlich alt und müde. Als wir die Grenze des Hofes passierten, hielt ich unwillkürlich die Luft an, denn ganz so sicher war ich mir nicht über das, was ich vorhin im Stall erklärt hatte. Doch alles ging gut, und ich atmete erleichtert auf, während ich mich in Vigos grauen Pferdehaaren festklammerte und hoffte, dass er seinen Weg finden würde. Auch jetzt in der Nacht, wo man kaum etwas sah und der Mond sich hinter den Wolken versteckte.
    „Vigo!“, rief ich zu seinem Ohr, denn ich wagte es nicht, mich weiter vorzubeugen. „Vigo, kannst du nicht schneller laufen?“
    Als Antwort kamen nur ein Keuchen und eine Schaumflocke, die der Wind zu mir hinüberwehte, und ich begriff, er konnte es nicht. Er konnte nicht einmal mehr reden vor Anstrengung.
    Ich wurde immer unruhiger und wäre am liebsten abgesprungen, aber zu Fuß hätte ich es erst recht nicht geschafft, und selbst als Katze wäre ich nicht schnell genug. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte ich, mir etwas Nützliches einfallen zu lassen. Irgendetwas!
    Ich besaß meine eigene Magie, aber sie war zu schwach, vor allem hier außerhalb des Hofes. Wir brauchten etwas anderes.
    Der Wald vor uns lag still in der Nacht, und ich musste an das denken, was Vigo mir heute erzählt hatte. Gab es vielleicht tatsächlich noch andere magische Wesen dort, größere, mächtigere als ich? Und jemanden, der uns helfen konnte?
    Ich war verzweifelt genug, alles zu versuchen.
    Mit geschlossenen Augen ließ ich meine Gedanken unter die dunklen Bäume treiben, deren Kronen leise im Nachtwind rauschten. „Wer auch immer mich hören kann, ich bitte um Hilfe. Ich bitte im Namen des Kattenhofes und aller seiner Bewohner dort. Wir müssen den Doktor im Dorf erreichen. Wir brauchen Hilfe. Ich bitte darum.“
    Ich zuckte zurück, als meine Gedanken plötzlich auf Widerstand stießen, auf warmen, tröstlichen Widerstand. „Wer bist du?“, fragte eine Stimme, weiblich und sanft.
    „Bork, der Kobold vom Kattenhof. Und bei mir ist der Apfelschimmel Vigo.“
    „Oh.“ Die Stimme verschwand, doch die Wärme blieb, und der

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