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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Nacht umzuschauen. Ich gab Rose meine Handynummer und sagte ihr, sie solle mich anrufen, sobald sie etwas hörte. Nun hockten mein Nachbar und ich in meinem Wagen und versuchten, einen Plan auszutüfteln. Mitch lag auf dem schmalen Rücksitz, Josies ungewaschenes Basketballtrikot zwischen den Pfoten. Ich hatte ihn noch nie für eine exzellente Spürnase gehalten, aber man konnte ja nie wissen.
    »Wir sollten mit den Mädchen aus der Mannschaft anfangen«, schlug Mr. Contreras vor.
    »Ein Adressbuch wäre hilfreich, ein Telefonbuch, irgendwas.«
    Ich wollte nicht noch mal bei den Dorrados auftauchen, um nach einem Telefonbuch zu fragen. Schließlich rief ich trotz der Uhrzeit Morrell an. Er war noch wach, da er sich das Foofball-Spiel ansah. »Noch zwei Minuten Spielzeit, die Chiefs liegen fünf Punkte zurück«, berichtete ich Mr. Contreras, der sich daraufhin in Erwartung seines Gewinns erfreut die Hände rieb. Ich hörte Morrell den Flur entlang humpeln, um sein Laptop und die Telefonbücher zu holen. In ein paar Minuten hatte er mir sämtliche Adressen der Mädchen vorgelesen, die Telefonanschluss hatten, inklusive Celine Jackman, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass Josie sich an Aprils Erzfeindin wenden würde. Ich zeichnete eine Skizze der Gegend und schrieb die Adressen an die Straßen. Sie befanden sich alle innerhalb eines Radius von anderthalb Kilometern. Nur Aprils Vater, Benito Dorrado, war von South Chicago in die East Side gezogen, ein etwas ruhigeres und weniger armes Viertel in der Nähe.
    Wir brauchten weit über eine Stunde, um alle Straßen und Nebenstraßen im Umfeld der Adressen abzugrasen. Mir stand nicht der Sinn danach, die Mädchen jetzt rauszuklingeln - Besuche mitten in der Nacht von der Trainerin, die eine verschwundene Spielerin suchte, waren nicht gut fürs Nervenkostüm. Ich nahm Mitch an die kurze Leine und spähte in die Garagen - die meisten von dem Mädchen wohnten in flachen Bungalows, wie es sie hier häufig gibt, zu denen meist eine Garage gehört. In einer gerieten wir in ein Gangtreffen von acht oder zehn jungen Männern, deren stumpfe, drohende Blicke mich das Gruseln lehrten. Sie schienen sich zu überlegen, ob sie über uns herfallen sollten, aber Mitch ließ sein gefährlichstes Knurren ertönen, worauf die Typen zurückwichen und wir uns aus dem Staub machen konnten. Um halb zwei rief Rose an und fragte, ob wir etwas gefunden hätten. Als ich ihr Bericht erstattete, seufzte sie, sagte aber, sie müsse wohl jetzt zu Bett gehen; sie wolle morgen ihre Jobsuche fortsetzen, obwohl sie so bedrückt sei, dass sie bestimmt keinen guten Eindruck machen würde.
    Mr. Contreras und ich fuhren unter dem Skyway durch Richtung Süden. Benito Dorrado wohnte in einem kleinen Holzhaus an der Avenue J. Im Haus brannte kein Licht, was angesichts der Uhrzeit nicht verwunderlich war, aber ich hatte keinerlei Skrupel, Dorrado zu wecken - er war Josies Vater und sollte ruhig teilhaben an dramatischen Ereignissen in ihrem Leben. Ich klingelte Sturm an der Haustür und rief dann mit dem Handy seine Nummer an. Nachdem wir ein Weilchen dem blechernen Klingelton hinter der Haustür gelauscht hatten, gingen wir nach hinten. Die schmale Garage war leer, weder Benitos Eldorado noch Billys Miata befanden sich dort. Entweder war der Mann umgezogen, oder er verbrachte die Nacht bei der zugemalten puta. »Ich glaube, wir gehen jetzt nach Hause.« Ich gähnte so ausgiebig, dass mein Kiefer knackte. »Ich sehe schon Flecken statt Straßenschilder, da sollte man nicht mehr fahren.«
    »Sind Sie schon müde, Liebchen?«, fragte mein Nachbar grinsend. »Sonst kommen Sie doch oft noch viel später heim.«
    »Was Ihnen ja ganz einerlei ist, nicht wahr?«, erwiderte ich, ebenfalls grinsend. »Aber sicher, Liebchen, ich weiß doch, dass Sie's nicht mögen, wenn ich die Nase in Ihre Angelegenheiten stecke.«
    Wenn ich um diese Uhrzeit noch herumziehe, bin ich meist mit Freunden in einem Club und tanze; da halten Musik und Bewegung mich wach. In einem Auto herumzukutschieren und angestrengt durch die Windschutzscheibe zu starren, ist etwas anderes. Außerdem fährt es sich nicht gut in South Chicago: Straßen enden urplötzlich in Resten der alten Sümpfe, auf denen die Stadt erbaut wurde, in Kanälen oder sonstigen Wasserwegen, andere stoßen auf die Autobahn. Ich glaubte, mich zu erinnern, dass ich über die rd Street zur Schnellstraße käme, musste dann aber umkehren, weil ich am Calumet River gelandet war.

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