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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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Ines geboren wurde«, sagte ich. »Sie geht zur Schule, sie spielt Basketball, sie macht alles, was du auch tun konntest, bevor du ein Kind bekamst. Das findest du ungerecht, oder?«
    Sie lag stocksteif da, stumm und dennoch spürbar wütend. Als ich nichts weiter äußerte, platzte sie schließlich heraus: »Ich hab es nur ein einziges Mal gemacht, als Ma bei der Arbeit war und Josie und die Jungs in der Schule. Er hat gesagt, eine Jungfrau wird nicht schwanger, ich wusste es nicht mal, bis... ich hab gedacht, ich muss sterben, ich hätte Krebs in mir oder so was. Ich wollte kein Baby, ich wollte es wegmachen, aber der Pastor und Ma, die haben gesagt, das ist eine Sünde, und man kommt in die Hölle dafür. Und dann, an dem Tag, als er das gemacht hat mit mir, kam Josie früher von der Schule, und sie hat mich gesehen und hat gesagt: Wie konntest du bloß, du bist eine Hure. Wir waren echt gute Freundinnen, auch als ich mit Sancia zusammen war, und immer wenn ich mich über Maria Ines beklage, sagt sie, wärst du eben keine Hure. Sie und April sagen, sie wollen studieren, sie schaffen es mit dem Basketball. Coach McFarlane hat das auch zu mir gesagt. Dann kam Billy am Donnerstag und wollte hier schlafen, und ich hab ihn reingelassen und gedacht, soll er das mit ihr machen, mit Josie, dann kriegt sie ein Kind, mal hören, was sie dann sagt!«
    Sie keuchte atemlos, als warte sie auf meine Strafpredigt, aber die ganze Geschichte war so traurig, dass ich am liebsten geweint hätte. Ich tastete unter der Decke nach ihrer Hand, die sie krampfhaft zur Faust geballt hatte, und drückte sie sacht. »Julia, ich würde dich wahnsinnig gerne spielen sehen. Was deine Schwester, deine Mutter, der Pastor auch sagen - es ist keine Schande, Sex zu haben und schwanger zu werden. Eine Schande ist, dass der Junge, der dir das angetan hat, dich belogen hat und dass du nicht besser Bescheid wusstest. Und die nächste Schande wäre, wenn du wegen der Kleinen keine Ausbildung machst. Wenn du weiter hier herumhängst und wütend bist, ruinierst du dein Leben.«
    »Und wer soll sich um Maria Ines kümmern? Ma muss arbeiten, und jetzt sagt sie, wenn ich nicht zur Schule gehe, soll ich mir einen Job suchen.«
    »Ich werde mich mal erkundigen, wie man dir helfen kann, Julia. Inzwischen möchte ich, dass du am Donnerstag ins Training kommst. Bring Sammy und Betto mit, sie können während des Trainings auf die Kleine aufpassen. Machst du das?« Ihre Augen wirkten wie dunkle Flecken. Sie umklammerte meine Hand und murmelte schließlich: »Vielleicht.«
    »Und bevor du dich wieder mit einem Jungen triffst, musst du etwas über deinen Körper lernen, du musst erfahren, wie man schwanger wird und wie man es verhindern kann. Darüber werden wir auch noch reden. Triffst du dich immer noch mit Maria Ines' ... Vater?« Das Wort wollte mir nicht über die Lippen kommen - der Kerl, der sie geschwängert hatte, benahm sich nicht wie ein Vater. »Manchmal. Nur um ihm reinzureiben, hey, das ist dein Baby.
    Aber ich lass ihn nicht mehr an mich ran, wenn Sie das meinen. Ein Baby reicht mir.« »Er zahlt nichts für Maria Ines?«
    »Der hat noch zwei Kinder hier in der Gegend«, rief sie. »Und keine Arbeit. Hab ihn immer gefragt, und nix hat er getan, und jetzt geht er auf die andre Straßenseite, wenn er mich sieht.«
    »Ist es dieser Freddy, von dem du und Josie gestern gesprochen habt?«
    Sie nickte, und ihr seidiges Haar glitt über das Nylonkissen. »Wer ist der Typ?«
    »Nur ein Typ eben. Hab ihn in der Kirche kennen gelernt, weiter nix.«
    Ich fragte mich, ob Pastor Andres mit seinen strengen Prinzipien in puncto Sex auch mit Freddy darüber sprach, dass man nicht in der ganzen South Side Kinder zeugen sollte, die man nicht ernähren kann, aber als ich das formulierte, wandte Julia sich ab. Mir wurde bewusst, dass ich ihr nicht nur zu schaffen machte, sondern auch ziemlich weit abschweifte von Josies Verschwinden.
    »Hatten Josie und Billy denn Sex, als er Freitag- und Samstagnacht hier geschlafen hat?«
    »Nein«, antwortete sie mürrisch. »Er hat gesagt, ich soll mit Josie in einem Bett schlafen, er will keine Versuchung. Dann hat er Bibelsprüche aufgesagt. War fast so schlimm, als war Pastor Andres im Zimmer.«
    Ich konnte mir das Lachen nicht ganz verkneifen bei der Vorstellung von diesem Mix aus Hormonen und Religion auf engstem Raum. Eine Mischung, von der einem schwindlig werden konnte. »Glaubst du, dass deine Schwester mit Billy davongelaufen

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