Feuereifer
einen Schreibtisch für eine Assistentin, für den Fall, dass ich jemals wieder den Hintern hochkriege und mir eine Vollzeitkraft suche. Ich blickte auf den langen Tisch mit den Papierstapeln und kam zu dem Schluss, dass ich noch nicht bereit war, mich mit denen zu befassen.
Als Erstes ging ich zur Reinigung an der Ecke, um meine Seemannsjacke wegzubringen. Ruby Choi, die mir schon Spaghettisoße aus Seidenblusen und Teer aus Wollhosen entfernt hat, betrachtete die Jacke zweifelnd. »Die hat zu viel durchgemacht. Ich versuche es, ich tu mein Bestes, aber ich kann nichts versprechen. Wenn Sie besser auf Ihre Sachen achten, erleichtern Sie mir die Arbeit, Vic.«
»Ja, das hat mir der Arzt auch über meinen Körper gesagt, der, glauben Sie mir, in noch üblerem Zustand ist als die Jacke.«
Als ich über die Oakton zurückschlenderte, genehmigte ich mir einen Cappuccino und einen großen Strauß Blumen mit dicken, stachligen, roten Blüten, die es sogar mit meinem tristen Büro aufnehmen konnten. Willkommen, V. I., du hast uns gefehlt! Das Fax von Sanford Rieff vom Cheviot Lab war, wie verheißen, eingetroffen. Er hatte den kleinen Frosch komplett durchgecheckt, von seinen vorstehenden Augen bis zu den knubbligen Zehen. In China war er hergestellt worden, was Wunder, und bestand aus einer Zinnlegierung, auf deren rauer Oberfläche sich Fingerabdrücke nicht gut hielten. Unter den Brandflecken hatte Sanford Öl entdeckt und Spuren von Fingerabdrücken; vielleicht könnte man die DNA noch feststellen, aber er war skeptisch. Der Rücken des Froschs war der Teil, auf dem man die Seife ablegen konnte; er war konkav, mit einem Loch als Ablauf. Dieses Loch hatte jemand mit einem Gummipfropfen verschlossen und dann Salpetersäure in die Schale gegossen. Die Säure hatte den Pfropfen weggefressen, aber am Rand des Lochs waren noch Spuren feststellbar.
»Salpetersäure löst Seife auf«, stand in Sanfords Bericht, »weshalb ich keine Seifenspuren mehr finden konnte, aber an den Seiten wurde ich noch fündig. Die Person, von der die Schale zu ihrem eigentlichen Zweck eingesetzt wurde, benutzte eine Seife mit starkem Rosenduft, vermutlich Adoree, eine preisgünstige Marke, die in vielen Drogeriemärkten und Billigläden verkauft wird. Ich habe den Frosch in einer Dose verwahrt. Sagen Sie mir Bescheid, ob Sie ihn wiederhaben wollen oder ob wir ihn lagern sollen, bis er als Beweisstück benötigt wird.«
Ich starrte auf das Fax, als könnte ich es dazu veranlassen, mir mehr mitzuteilen. Wie kam die Schale auf das Gelände von Fly the Flag? Weshalb hatte sie Salpetersäure enthalten? Vielleicht wurden Säuren bei der Flaggenherstellung benötigt. Vielleicht lösten sie damit Klebstoffe auf oder so, und jemand hatte den Frosch als Behälter benutzen wollen, aber die Säure hatte den Gummipfropfen vernichtet. Mein kostbares Beweisstück schien nicht viel zu bedeuten, aber ich setzte mich trotzdem an den Schreibtisch und schrieb Etiketten für diverse Aktenordner: Fly the Flag, Brandstiftung, By-Smart, Billy. Rieffs Bericht wanderte in den Fly-the-Flag-Ord-ner. Nun hatte ich etwas geleistet. Ich schloss die Augen und versuchte, mich an die Rückfront der Fabrik zu erinnern, wo das Feuer ausgebrochen war. Ich hatte mich nur zweimal kurz in dem Gebäude aufgehalten. Dort unten war der Maschinenraum gewesen, die Trockner, das Stofflager. Ich machte eine grobe Skizze; ich konnte mich nicht an jede Einzelheit erinnern, war mir aber ziemlich sicher, dass das Feuer vom Trockenraum ausgegangen war, nicht vom Stofflager. RATTEN, schrieb ich langsam. Klebstoff. Die Sabotageakte hatten die Produktion verzögert, aber nicht gänzlich verhindert. War die Brandstiftung der letzte Akt, weil Zamar die Drohungen nicht beachtet hatte? Oder sollte diese Sache nur eine weitere Drohung sein, die aber außer Kontrolle geriet? Der Typ, den ich vor zwei Wochen überrascht hatte bei Fly the Flag, der chavo banda, den Andres von seiner Baustelle verscheucht hatte - er war eine Schlüsselfigur. Den musste ich ausfindig machen. Und dabei konnte es nicht schaden, detaillierte Informationen über den Verlauf des Brands zu besorgen.
Ich rief noch mal Sanford Rieff bei Cheviot Labs an. Diesmal erreichte ich ihn an seinem Schreibtisch. Ich bedankte mich für den Bericht, bat ihn, den Frosch bei ihnen im Safe zu verwahren, und fragte ihn, ob es bei ihnen einen Elektriker oder einen Experten für Brandstiftung gebe, den ich möglichst schnell bei Fly the Flag treffen
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