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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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um an kalten Tagen an Straßenecken herumzustehen. Diesmal dachte ich daran, Handschuhe mitzunehmen, oder genauer gesagt Fäustlinge, da meine Finger von mei nen nächtlichen Eskapaden immer noch so geschwollen waren, dass ich keine Handschuhe tragen konnte. Falls ich die Pistole zum Einsatz bringen müsste, würde ich alt aussehen. Ich nahm sie trotzdem mit - wer Bron und Marcena attackiert hatte, verfügte über eine unerfreuliche Fantasie. Fernglas, Adressbuch, Erdnussbutter-Sandwiches, eine Thermosflasche Kaffee. Was fehlte noch? Eine neue Batterie für meine Taschenlampe, die Mr. Contreras in meinem Auto gelassen hatte, und meine Dietriche.
    Ich hatte Morrell gesagt, ich würde heute am Schreibtisch bleiben. Jetzt überlegte ich, ob ich ihn anrufen und ihm die geänderten Pläne mitteilen sollte. Ich entschied mich dagegen, weil ich keine Lust hatte, eine lange Diskussion über meinen Zustand zu führen. Ehrlicherweise hätte ich nämlich zugeben müssen, dass ich nach dem vierundzwanzigstündigen Aufenthalt im Krankenhaus noch nicht fit war. Und schlauerweise hätte ich nach Hause fahren und mich ausruhen sollen. Was nun hoffentlich nicht bedeutete, dass ich verlogen und strohdumm war. »It's a long and dusty road/ It's a hard and heavy load«, sang ich vor mich hin, als ich auf die Autobahn Richtung Süden fuhr. Ich hatte diese Strecke allmählich satt, den bleigrauen Himmel, die schmutzigen Gebäude, den dichten Verkehr, und dann, nach der Abzweigung vom Ryan Expressway, die heruntergekommene Gegend, die einst meine Heimat gewesen war.
    Die Ausfahrt an der rd führt direkt an dem Golfplatz vorbei, an dessen Rand Mitch Marcena und Bron gefunden hatte. Ich hielt kurz an, betrachtete das Gelände und sann darüber nach, wieso man die beiden hierher geschafft hatte. Auf einer Nebenstraße fuhr ich zum Eingang, einem gewaltigen Tor, das über den Winter mit Vorhängeschlössern gesichert und flankiert war von einem Stacheldrahtzaun, den man nicht überwinden konnte.
    Ich gondelte zur rd zurück und nahm dabei den Zaun in Augenschein; mit dem Stacheldraht war nicht gespart worden, und es gab nirgendwo Löcher. Diese Seitenstraße führte an einem Schrottplatz der Polizei vorbei, letzte Ruhestätte für an die tausend Autos. Einige befanden sich in üblem Zustand, vermutlich von der Autobahn abgekratzt, andere schienen unver sehrt und waren vermutlich aus Parkverbotszonen abgeschleppt worden. Blaue Abschleppwagen kamen angetrudelt und brachten Nachschub, zogen Autos hinter sich her wie eine Ameisenkolonne, die der Königin Futter bringt. Leere Laster fuhren vom Gelände, gingen wieder auf Beutezug. Ich fragte mich, ob Billys kleiner Miata auch hier gelandet war oder ob ihn die Familie geborgen hatte.
    Hinter dem Autofriedhof trennte der Stacheldraht weiterhin die Straße vom Sumpf. Ich stellte den Wagen an der Stelle ab, wo Mitch in die Sümpfe gelaufen war. An dieser Stelle war der Zaun niedergefahren worden; man sah immer noch die Reifenspur im braunen Gras.
    Ich verstand einfach nicht, weshalb man Bron und Marcena durch den Sumpf gekarrt und am Rand des Golfplatzes abgeladen hatte, statt sie im Sumpf zurückzulassen, wo Schlamm und Ratten sie in Kürze unkenntlich gemacht hätten. Wieso wurden sie in eine Kuhle am Rande eines Golfplatzes geworfen, wo sie jederzeit entdeckt werden konnten? Sogar um diese Jahreszeit wurde der Golfplatz gewartet. Und weshalb hatten die Täter den mühevollen Weg durch die Sümpfe gewählt, anstatt von Süden her über die Stony Island Avenue zur Müllhalde zu fahren und ihre Opfer dort zu deponieren? Die ganze Geschichte war entnervend unklar. Ich stieg wieder ins Auto und wollte grade losfahren, als mein Handy klingelte. Das Display zeigte Morrells Nummer an. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil er mich außerhalb meines Büros erwischte, meldete mich aber.
    »Vic, bist du auf dem Heimweg? Ich hab es grade bei dir im Büro probiert.«
    »Ich bin in South Chicago«, gestand ich.
    »Ich dachte, du wolltest heute keine Exkursionen machen.«
    Er klang wütend, was so ungewöhnlich war, dass ich mich nicht einmal wegen der Überwachung ärgerte, sondern fragte, was passiert sei.
    »Etwas Ungeheuerliches - jemand ist bei mir eingebrochen und hat Marcenas Computer gestohlen.«
    »Was... wann?« Ein Neunachser von By-Smart hupte aufgebracht, als ich auf die Bremse trat und an den Rand fuhr.
    »Irgendwann zwischen fünf heute früh, als ich ins Krankenhaus gefahren bin, undjetzt, ich

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