Feuereifer
haben, Strzepek - wir brauchen jemanden, der körperlich fit ist im Haus.«
»Vic nimmt es doch mit jedem Rhinozeros auf«, meinte Don. »Wenn sie in Form ist, aber sie hat jüngst selbst einige Blessuren davongetragen.« Sie scherzten noch ein bisschen über das Thema - Don ist ein schmächtiger Bursche und außerdem starker Raucher, ihm würde man nicht mal eine Schlägerei mit einem Kissen zutrauen -, aber dann meinte Morrell: »Ich glaube, dass mir heute Nachmittag jemand gefolgt ist. Ich musste ein Taxi nehmen zum Krankenhaus, und dem Fahrer fiel doch tatsächlich auf, dass seit der Evanston immer derselbe grüne LeSabre hinter uns war.«
Er lächelte angespannt. »Vielleicht hätte ich selbst darauf achten sollen, aber wenn man nicht am Steuer sitzt, denkt man nicht dran, in den Rückspiegel zu schauen. Auf dem Rückweg hab ich besser aufgepasst, und ich glaube, es war wieder jemand da, aber mit einem anderen Auto, könnte ein Toyota gewesen sein. An meinem Haus haben sie sich dann verzogen.«
»Aber das kann doch nicht sein«, wandte ich ein. »Es sei denn - sie haben irgendeine Abhörmöglichkeit und kriegen mit, wann du irgendwo aufbrichst.«
Morrell blickte mich verblüfft an; dann verfinsterte sich seine Miene. »Wie können die es wagen? Und wer sind >die< überhaupt?«
»Ich weiß es nicht. Polizei? Carnifice Security, die erfahren wollen, ob wir was von Billy wissen?« Ich senkte die Stimme, für alle Fälle, und sagte leise: »Hast du von den Nachbarn irgendwas erfahren?«
»Ms. Jamison hat einen fremden Mann gesehen, der sich Zugang zum Gebäude verschaffte. Heute Morgen um sechs, als sie mit Tosca draußen war.« Tosca war Ms. Jamisons Sealyham-Terrier. »Weiß, gut gekleidet, um die fünfunddreißig oder vierzig, und sie dachte, er sei ein Freund von mir, weil er einen Schlüssel hatte.« Morrell betreibt eine Art Pension für seine Globetrotter-Freunde - Marcena war nicht die Erste, die hier unterkam. Ein weiterer Grund, weshalb ich mir das mit dem Zusammenleben noch mal gut überlegen sollte. Abgesehen natürlich von der Sünde, dachte ich, als mir Pastor Andres' strenge Ermahnungen zu Josie und Billy wieder einfielen.
Morrell sinnierte darüber, wer wohl einen Schlüssel zu seiner Wohnung haben könne, aber ich unterbrach ihn, indem ich sagte, das sei aussichtslos. »Könnte der Hausmeister sein, der Makler, einer deiner alten Freunde. Vielleicht sogar Don hier, falls er einen gebügelten Anzug dabeihat. Aber ich denke, der Typ hatte irgendein tolles Spielzeug, und Ms. Jamison hat nicht gesehen, wie er es benutzt hat. Einen elektronischen Dietrich oder so was. Ich kann mir solchen Schnickschnack nicht leisten, aber bei Carnifice kriegt man das wahrscheinlich als kleine Aufmerksamkeit beim Betriebsausflug. Das FBI hat welche und - ach, jede große Organisation. Die entscheidendere Frage ist eher, weshalb die nichts anderes tun als beobachten. Vielleicht warten sie drauf, dass wir dahinterkommen, was Marcena weiß - und wenn wir in Aktion treten, wissen sie, was wir erfahren haben, und schlagen zu.«
»Dieser Logik kann ich nicht folgen, Victoria«, sagte Morrell. »Vergessen wir das Ganze doch vorerst und essen lieber was.«
Morrell hatte ein Hühnergericht mit Rosinen, Koriander und Joghurt gekocht, das er in Afghanistan kennen gelernt hatte, und es gelang uns, unsere Konflikte und Sorgen während des Essens einigermaßen beiseite zu lassen. Ich bemühte mich, nicht verärgert zu sein, weil Don den größten Teil des Torgiano wegtrank - das ist ein Rotwein aus der Berggegend in Italien, in der meine Mutter groß wurde, nicht leicht zu finden in Chicago. Wenn ich gewusst hätte, dass Don hier sein würde, der immer kräftig schluckte, hätte ich einen gewöhnlicheren französischen Wein mitgebracht.
37
Wo die wilden Büffel hausen
Don und Morrell brachen sofort auf, nachdem sie den Tisch abgeräumt hatten. Ich versuchte, mich in einen Roman zu vertiefen, aber Müdigkeit oder Sorge, vielleicht sogar Eifersucht, vereitelten meine Bemühungen. Darauf probierte ich es mit Fernsehen, was sich als noch erfolgloser erwies.
Zuletzt tigerte ich unruhig herum und überlegte, ob ich mich bei mir zu Hause nicht wohler fühlen würde. Da meldete sich mein Handy. Mr. William war dran.
»Hallöchen«, sagte ich launig, als handle es sich um einen Anruf von Freunden. »Haben Sie Grobian gesagt, Sie würden für uns arbeiten?«, verlangte er ohne Vorrede zu wissen.
»Ich kann einfach nicht lügen.
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