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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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fuhr die halbkreisförmige Auffahrt entlang, die von Kutschenlampen beleuchtet war. Vor dem Eingang standen ein Hummer und zwei Sportwagen; ich parkte dahinter, stieg die flache Treppe rauf und klingelte. Ein Butler im Frack öffnete. »Die Familie trinkt gerade Kaffee im Salon. Ich werde Ihr Eintreffen melden.«
    Er ging gemessenen Schrittes einen langen Flur entlang, so dass mir genug Zeit blieb, meine Umgebung in Augenschein zu nehmen. Dieser Korridor, an dem sich mehrere Salons, ein Musikzimmer und allerhand andere Zimmer befanden, schien in der Mitte des Hauses zu verlaufen. Die weichen Goldtöne, die ich bereits in der Firmenzentrale bemerkt hatte, bestimmten auch hier die Atmosphäre. Wir sind reich, verkündeten die bestickten Seidenwandbehänge, was wir auch berühren, es verwandelt sich in Gold. Mr. William kam mir entgegen. Meine Bemühungen um eine gepflegte Konversation - ich äußerte mich bewundernd über das Musikzimmer und die niederländischen Meister und sinnierte darüber, dass er einen weiten Weg habe von hier nach South Chicago - veranlassten ihn lediglich dazu, seine Lippen so zusammenzuziehen, dass sie aussahen wie saure Gürkchen. »Sie sollten Trompete spielen«, schlug ich vor. »So wie Sie ständig Ihre Lippen zusammenziehen, haben Sie bestimmt einen tollen Ansatz. Aber vielleicht spielen Sie ja auch schon, auf einer dieser netten, kleinen Zwanzig-Dollar-Trompeten, die man zusammen mit einem CD-Kurs bei By-Smart kriegt.«
    »Ja, in allen Berichten, die wir über Sie bekommen haben, hieß es, Sie seien witzig, was in Ihrem Gewerbe hinderlich sei.«
    »Du lieber Himmel, Sie haben Geld von By-Smart darauf verwendet, über mich Berichte anfertigen zu lassen? Nun fühle ich mich aber superwichtig.« Ich merkte, dass ich zu meinem Cheerleader-Gezwitscher überging.
    Bevor unser geistreicher Dialog ausarten konnte, kam uns Buffalo Bills persönliche Assistentin Mildred auf hohen Alligatorlederpumps entgegengestöckelt. Sie wich offenbar nie von der Seite des Alten. Was Mrs. Bysen wohl davon hielt, dass die persönliche Assistentin ihres Gatten ihn nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch zu Hause betreute?
    »Mr. Bysen und Mr. William werden in Mr. Bysens Studierzimmer mit dieser Person sprechen, Sneedham«, sagte sie zu dem Butler, ohne mich anzusehen. Unvermittelt tauchte Mrs. Bysen aus einem Nebenzimmer auf und trat zu Mildred. Ihre grauen Löckchen waren so tadellos frisiert wie am Sonntag in der Kirche, ihr grünes Seidenkleid schimmerte so glatt, als würden unsichtbare Hände es jedes Mal bügeln, wenn sie irgendwo gesessen hatte. Doch trotz ihres formellen Äußeren strahlte sie jene Güte aus, die ich schon am Sonntag bemerkt hatte; heute wirkte sie allerdings entspannter und sicherer als beim Gottesdienst.
    »Danke schön, Mildred, aber wenn Bill mit einer Detektivin über meinen Enkel spricht, möchte ich dabei sein. Und Annie Lisa möchte den Bericht wohl auch gerne hören.« Sie klang etwas zweifelnd, als sei Annie Lisa möglicherweise nicht nüchtern oder interessiert genug, um an dieser Versammlung teilzunehmen.
    »Bill hat mir nicht gesagt, dass er mit weiblichen Detektiven arbeitet, aber vielleicht bringt eine Frau mehr Verständnis für meinen Enkel auf als die Männer von dieser Firma, die gestern hier waren. Haben Sie Neuigkeiten von Billy?« Mrs. Bysen sah mich fest an - gütig mochte sie wohl sein, aber sie wusste auch genau, was sie wollte, und konnte es entsprechend zum Ausdruck bringen.
    »Neuigkeiten habe ich leider keine, Ma'am, zumindest keine positiven. Ich weiß lediglich, dass er sich nicht bei Pastor Andres oder Josie Dorrados bester Freundin aufhält und dass Josies Mutter außer sich ist vor Sorge - sie hat keine Ahnung, wo die beiden sein könnten. Vielleicht könnten Sie mir helfen zu verstehen, weshalb Billy überhaupt fortgelaufen ist. Wenn ich das wüsste, hätte ich vielleicht bessere Chancen, ihn zu finden.«
    Sie nickte. »Sneedham, sagen Sie doch bitte Annie Lisa und Jacqui Bescheid. Ich denke, Gary und Roger können hier nicht hilfreich sein. Möchten Sie Kaffee, Ms. War... Verzeihung, ich fürchte, ich habe Ihren Namen nicht richtig verstanden...« Sie wartete, während ich ihn wiederholte. »Ja, Ms. Warshawski. Es gibt keine alkoholischen Getränke bei uns im Haus, aber wir können Ihnen Wasser oder Limonade anbieten.« Ich sagte, Kaffee wäre schön, und Sneedham verzog sich, um die Schafe in den Pferch zu treiben. Ich folgte Mrs. Bysen den Flur

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