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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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sie nun wiederhaben könne?
    »Er war echt nett zu mir, wie letztes Jahr, als er mir Maria Ines gemacht hat, hat gesagt, ich sei schön und all so was. Also hab ich sie aus Sammys Kiste rausgeholt und ihm gegeben, und er ist abgezogen, ohne Abschiedskuss, ohne auch nur zu fragen: >Wie geht's Maria Ines?<.«
    »Gratuliere, knapp entkommen«, äußerte ich trocken. »Je mehr du dich von dem fernhältst, desto besser bist du dran. Wann war das?«
    »Vor drei Wochen. Morgens, als Ma zur Arbeit gegangen ist und die anderen in die Schule.«
    »Hat er gesagt, warum er die Schale haben wollte?«
    »Hab ich doch gesagt! Weil er eben doch was von mir wollte und es ihm leid tut und all so was!«
    »Wo ist Freddy jetzt?«, fragte ich.
    Julia sah mich nervös an. »Weiß ich nicht.«
    »Dann rate. Wo geht er sonst immer hin? Irgendeine Bar? Wo hat er seine anderen Kinder? Irgendwas.« »Wollen Sie ihm was tun?«
    »Wieso willst du den schützen?«, explodierte Rose. »Er ist ein böser Mann - er hat dich mit dem Baby sitzen lassen, er stiehlt, der schert sich um keinen, nur um sich selbst! Seine Mutter hat ihn jeden Sonntag mit zum Gottesdienst gebracht, und was macht er? Lungert draußen rum bei Diegos Wagen und stört den Gottesdienst mit der lauten Musik. In fünf Jahren sieht er auch nicht mehr so gut aus, und dann hat er gar nichts mehr.«
    Rose wandte sich zu mir. »Manchmal ist er im Cocodrilo, das ist eine Bar gegenüber von der Kirche. Dieses andere Mädchen hat auch ein Baby von ihm, da geht er auch nicht hin, glaub ich, aber sie wohnt an der Buffalo. Und wenn Sie den mit bloßen Händen umbringen, werd ich bei der Polizei schwören, dass Sie ihn nie gesehen und nie angefasst haben.«
    Ich musste lachen. »Ich glaube, dazu wird es wohl nicht kommen. Aber falls doch - muchas graciasl«

40
    Ein Hauch von Säure
    In der Kirche brannte Licht, als ich an der Ecke 92nd, Houston parkte. Ich stieg die niedrige Treppe hinauf, um an der Tür nachzusehen, was drinnen los war. Donnerstagabend, Bibelstunde von halb sieben bis acht, Thema im November: der Prophet Jesaja. Es war kurz nach halb sieben, der Pastor hatte also gerade erst losgelegt. Direkt gegenüber der Kirche befand sich ein leeres Grundstück, auf dem kreuz und quer diverse Kleinwagen und Pickups standen - auch ein Dodge mit großen Lautsprechern auf der Ladefläche und einer Autonummer, die mit »VBC« begann. Daneben lehnten sich drei halb verfallene Häuser aneinander. Cocodrilo, Freddys Stammbar, befand sich im Erdgeschoss des äußersten Hauses, einer schmalen zweistöckigen Bruchbude mit schiefen Holzwänden, von denen die Farbe abblätterte. Die Fenster waren mit dichtem Maschendraht vergittert, durch den nicht viel Licht nach innen drang. Ich hatte Morrell aus dem Auto angerufen und ihm gesagt, dass ich mich verspäten würde, aber nur ein kleines bisschen. Er hatte geseufzt - das übertriebene Seufzen eines Liebsten, der ständig versetzt wird - und gesagt, wenn ich um acht nicht da sei, würden Don und er ohne mich essen.
    Darauf betrat ich, ordentlich gereizt, das Cocodrilo. Ich ließ die Tür hinter mir zuknallen wie Clint Eastwood und setzte die dazupassende Miene auf: Die Bar gehört mir, legt euch lieber nicht mit mir an. Ich befand mich in einem kleinen dunklen Raum mit einem hohen Tresen und ein paar wackligen Tischen an der Wand, in dem sich höchstens fünfzehn Leute aufhielten.
    Im Fernseher über der Bar lief ein Fußballspiel, Mexiko gegen irgendeine kleine karibische Insel. Ein paar Männer schauten zu, aber die meisten redeten in einer Mischung aus Spanisch und Englisch aufeinander ein.
    Die Mehrzahl der Gäste war jung, aber ich entdeckte auch ein paar ältere Männer, darunter einen der Arbeiter von Pastor Andres' Baustelle. Jedenfalls befand ich mich in einer Lokalität, die nur von Männern aufgesucht wurde - weshalb auch sämtliche Gespräche erstarben, als man mich bemerkte. Drei Typen an der Tür versuchten es mit einer kessen Bemerkung, aber mein Blick sorgte dafür, dass sie sich mit einem pampigen Kommentar auf Spanisch - dessen Bedeutung ich leicht erraten konnte, auch wenn ich solche Ausdrücke nicht an der Highschool gelernt hatte - wieder ihrem Bier zuwandten.
    Schließlich sichtete ich Diego, Sancias Freund, in einer kleinen Gruppe auf der anderen Seite des Raums. Der Mann neben ihm saß mit dem Rücken zu mir, weshalb er für mich leicht zu erkennen war - dieselben dichten, dunklen Haare, die Tarnjacke, der ich erst vor ein paar

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