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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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mir abgab.
    »Ich sehe hier im Kalender keinen Eintrag für Ihren Termin bei Mr. Bysen, Miss.« »Billy dachte wohl, dass wir nach dem Gottesdienst gemeinsam zu seinem Großvater gehen würden.« Ich lächelte arglos: Ich bin keine Bedrohung, ich bin auf deiner Seite. »Einen Augenblick, bitte.« Sie nahm wieder das Telefon ab, hielt dann die Sprechmuschel zu und sagte zu mir: »Sie müssen mit Mildred sprechen; ich kann Sie nicht zu Mr. Bysen lassen ohne Mildreds Einwilligung. Setzen Sie sich doch, sie kommt gleich zurück.«
    Das Telefon klingelte schon wieder. Ohne mich aus den Augen zu lassen, sagte die Sekretärin mit ihrer näselnden Stimme: »Mr. Bysens Büro... Es war wirklich keine große Sache, aber wenn Sie mit Mr. Bysen sprechen wollen, wird Mildred sich bei Ihnen melden und einen Telefontermin arrangieren.« Ich wanderte durch den Raum und betrachtete die Bilder an den Wänden. Normalerweise sind die Büros von großen Unternehmen mit Kunst bestückt, aber hier gab es nur Fotos des alten Bysen. Er begrüßte den Präsidenten der Vereinigten Staaten, er legte den Grundstein für die tausendste By-Smart-Filiale, er lehnte an einem Flugzeug aus dem Zweiten Weltkrieg. Zumindest ging ich davon aus, dass es sich bei dem jungen Mann mit Fliegermütze und -brille auch um Bysen darselbst handelte. Ich starrte auf das Foto und bemühte mich dabei angestrengt, dem Wortwechsel im Chefbüro zu folgen.
    »Billy, da draußen gibt es Millionen von Schwindlern und Rührgeschichten. Wenn du in diesem Unternehmen deinen Platz finden willst, musst du lernen, wie man solche Leute erkennt und richtig behandelt.«
    Dies kam von dem durchdringenden, etwas verdrossen klingenden Bariton, der auch den Gottesdienst beendet hatte: Mr. William, der streng mit seinem impulsiven Sohn sprach. Ich spähte sehnsüchtig zu dem Türspalt hinüber, aber die Frau in der Ecke schien durchaus bereit, sich auf mich zu hechten, falls ich eine falsche Bewegung machen sollte.
    Ich wollte aber auf jeden Fall an Bysen rankommen, bevor Marcena ihr Frühstück beendete und zu mir stieß - sie war scharf auf das Interview und würde womöglich meine Pläne vereiteln.
    Außerdem gelang es ihr so leicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dass Bysen mich vermutlich keines Blickes mehr würdigen würde, sobald sie im Raum war. Diese Fähigkeit, Menschen zu bannen, hatte sie erst vor ein paar Minuten in der Cafeteria unter Beweis gestellt, indem sie den Typen, der uns begleitete, dazu brachte, ein großes Frühstück mit Eiern und Speck und allen Schikanen mit ihr einzunehmen. Sie hatte diesem Knaben, ebenso wie den Mädchen vom Basketballteam, das Gefühl gegeben, eine perfekte Zuhörerin gefunden zu haben (nennen Sie mich doch Pete; ich bin im Einkauf und beschaffe Ihnen alles, wonach es Sie gelüstet, ha, ha, ha). Als die beiden vor dem Rührei standen, hatte sie ihn schon so weit, dass er vom Umgang mit Gewerkschaften bei By-Smart erzählte. Bei ihrer Fragetechnik konnte ich mir einiges abgucken.
    Ich blickte wehmütig auf die Eier, schnappte mir aber nur einen Joghurt als Proviant für den Weg zu Buffalo Bills Büro; ich wollte nicht nur Marcena abhängen, sondern den Alten auch treffen, solange Billy noch da war. Insgeheim hoffte ich, dass der alte Herr seinem Enkel gegenüber nachsichtig war und ihm die misslungene Predigt vergeben würde; in Billys Anwesenheit würde ich bestimmt bessere Karten für mein Anliegen haben.
    Aber dem Dialog aus dem Büro nach zu schließen, war heute nicht der beste Tag, um mit Bitten an Großpapa heranzutreten. Wenn er einen Pastor, der sich für gerechten Umgang mit Arbeitnehmern einsetzte, als Schwindler bezeichnete, wollte ich mir lieber nicht vorstellen, was er über eine Horde Mädchen sagen würde, die sich keinen eigenen Trainer leisten konnte. Doch die Ermahnung des Baritons schien den alten Mann zu beruhigen. Ich hörte ihn grummeln: »Grobian kann Billy ein bisschen Härte beibringen.«
    »Das nützt doch nichts, Vater. Wenn er so naiv ist, dass ein Pfarrer ihn ausnutzen kann, sollte er nicht einfach so ins Arbeitsleben geschickt werden«, äußerte Mr. William. An diesem Punkt passierte so vieles gleichzeitig, dass ich die Erwiderung nicht mehr hören konnte. Hinter mir klingelte beharrlich das Telefon; der Tumult bei der Predigt hatte offenbar eine Art Erdbeben in der Firma ausgelöst. Als die Sekretärin wiederholte, dass es kein ernst zu nehmender Vorfall gewesen sei, kamen zwei Männer ins Büro

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