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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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einem Hustenanfall gepackt, Augen und Nase tropften. Nach einer Minute oder so gelang es ihm, ein paar Fäden Klang herauszukrächzen, und er sah, was er am meisten befürchtet hatte. Der Durchgang war blockiert.
    Vorsichtig untersuchte er den Wall aus Schutt mit dem Echo-Sehen, fand aber keine Lücke. Er starrte eine Weile benommen vor sich hin; halb erwartete er, dass noch etwas passieren würde, dass die Mauer zerbröckeln und einen Durchgang freigeben oder dass jemand ihm von der anderen Seite zurufen würde.
    „In Ordnung“, sagte er. Er musste reden. Laut zu sprechen verbesserte die Lage irgendwie. Wenn er seine Worte unter Kontrolle hatte, vielleicht konnte er dann auch andere Dinge kontrollieren. „Was wir hier vor uns haben, ist eine Einsturz-Situation. Vollkommen eindeutig. Das Erdbeben hat einfach einen Haufen Steine und Dreck losgeschüttelt und hier in meinen Tunnel gekippt, alles, was ich tun muss, ist also ... hmm ... etwas von diesen Steinen und dem Dreck fortbewegen, damit ich mich daran vorbeizwängen kann. Das bringt es wirklich auf einen Nenner. Also. Das wollen wir dann mal tun.“
    Er begab sich rasch zu der Schuttmauer. Er kratzte an ihr, stieß mit Kopf und Schultern dagegen; so gelang es ihm, kleinere Brocken Geröll herauszubrechen, überwiegend wirbelte er aber nur weiteren Staub auf. Er machte einen größeren Stein los und ein unheilvolles Beben ging durch die Wand, die Tunneldecke wackelte und sandte einen Meteoritenschauer von Geröll herab.
    „Nicht so gut“, murmelte er. Er holte Luft in kleinen Schlucken, um nicht husten zu müssen. „Wenn ich weiter grabe, könnte ich einen erneuten Einsturz auslösen. Wenn ich nicht grabe, komme ich nicht raus. Also haben wir hier ein kleines Dilemma. Aber wenn ich hier nur rumsitze, könnte mich ein weiteres Erdbeben sowieso begraben, und ich habe genau genommen keine Idee, wie viel Luft hier unten noch ist ...“ Worte halfen nicht mehr weiter und er fing an, nach Luft zu schnappen, als Panik seine Lungen zusammenpresste. Er konnte die schreckliche Wahrheit nicht länger verdrängen. Er war eingeschlossen, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte, und es wusste noch nicht einmal jemand, dass er hier unten war!
    „Hilfe!“, rief er heiser. „Hilfe!“ Aber jetzt brachte ihn die Angst in seiner Stimme nur noch mehr aus der Fassung und er verstummte. Er versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Er musste sich etwas einfallen lassen. Ihm war kalt, sehr kalt, besonders am Schwanz und den Beinen, und dann merkte er, dass eine sanfte Brise an ihm vorbeistrich.
    Mühsam drehte er sich noch einmal um und richtete sein Klang-Sehen auf das Ende des Tunnels.
    Es gab kein Ende mehr.
    Was einmal eine feste Steinplatte gewesen war, hatte nun einen breiten Riss, groß genug, dass er hindurchpasste. Schnüffelnd eilte er auf den Spalt zu. Die Brise kam nicht aus ihm heraus, sie strömte mit einem schwachen Zischlaut in ihn hinein.
    „Das ist gut“, keuchte Greif. „Das ist wirklich gut. Eine Brise. Das bedeutet Luft. Das bedeutet draußen. Das bedeutet, wir haben hier eine Entkommenssituation ...“
    Er eilte auf die Öffnung zu, aber als er Klang in sie hineinsang, zeigten ihm die zurückkehrenden Echos, dass der Gang sich nach unten neigte, tiefer in die Erde hinein. Das gefiel ihm nicht. All dieses Erdreich und die Steine über ihm, und was wäre, wenn es noch ein Erdbeben gäbe?
    Er warf einen Blick über die Schulter zurück auf die Einsturzstelle. Er konnte immer noch versuchen, sich da durchzugraben, aber wie lange würde das dauern?
    Dieser Tunnel musste zurück auf die Erdoberfläche führen, sonst gäbe es keinen Luftstrom.
    „Eine nette, frische, kleine Brise“, sagte er. Das gab den Ausschlag.
    Vorsichtig zwängte er sich in den Spalt. Es war, als hätte das Erdbeben mühelos einen langen Riss in den massiven Fels gebrochen. Seine Krallen klirrten auf dem Stein. Die Brise wurde stärker, zog sanft am Fell in seinem Gesicht und auf den Schultern. Nach einer weiteren Minute hielt er an, beunruhigt, dass der Gang sich immer noch nach unten neigte. Er würde noch ein bisschen weiterkriechen, und wenn er dann nicht nach oben abbog, würde er ...
    Was?
    Umkehren? Zur Einsturzstelle zurückkehren und dort warten, bis alle Luft aus dem Tunnel herausgesaugt wäre und er erstickte?
    „Es ist schon in Ordnung“, sagte er sich. „Luft kommt vom Himmel. Dieser Gang muss mich zum Himmel zurückbringen.“ Es würde nur ein bisschen länger dauern,

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