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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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die gefährlich langen Krallen. Er konnte sich vorstellen, wie Nemo über Bäche und Ozeane strich und Nahrung aus dem Wasser fischte. Sein Augenlicht und die Leistungskraft seiner Echowahrnehmung mussten außergewöhnlich sein.
    „Und der missmutige Silberflügel da“, erklärte Java, „ist Yorick.“
    „Kennst du meine Kolonie?“, fragte Schatten und versuchte, ihn zu lokalisieren. „Den Baumhort?“
    „Nie von deiner Kolonie gehört, nie von dir gehört.“ „Nicht verwunderlich“, meinte Nemo. Seine Augen blitzten vor Spottlust. „Yorick ist wahrscheinlich schon seit fünfhundert Jahren oder so hier unten.“ Schatten starrte ihn an. Yorick sah am jüngsten von ihnen allen aus, und doch sollte er fünfhundert Jahre alt sein? Seit fünfhundert Jahren hier unten?
    „Kapierst selber nicht so schnell, nicht wahr, Yorick?“, sagte Java mit freundlichem Spott. „Du hast eine Weile gebraucht, um dahinter zu kommen.“
    „Ich hatte einige Anpassungsschwierigkeiten, wenn du das meinst“, entgegnete Yorick steif. „Aber ich denke, ich habe das inzwischen wieder gutgemacht. Ihr zwei wärt nicht sehr weit gekommen ohne mich als Führer.“
    „Als Führer also?“, amüsierte sich Nemo. „Alter Knabe, wir dulden dich, weil du die Karte hast und sie uns nicht mitteilen willst. Es ist nicht deine Ausstrahlung, weswegen wir neben dir herhoppeln, glaub mir!“
    „Ich wüsste es zu schätzen, wenn du mich nicht ‚alter Knabe‘ nennen würdest“, antwortete Yorick säuerlich. „Ich bin etwa vierhundertundzweiundfünfzig Jahre älter als du nach meiner Berechnung. Und jetzt sollten wir wirklich weiterziehen.“
    „Wohin?“, fragte Schatten.
    „Zum BAUM“, erklärte ihm Java. „Die Toten müssen da hin. Wir alle.“
    „Wirklich, ich bin keineswegs tot.“ Er seufzte. „Ich habe einen Herzschlag und alles andere. Kommt und hört es euch an.“
    Java blickte die anderen traurig an.
    „Tu ihm den Gefallen“, meinte Yorick. „Wenn es dazu beiträgt, die Trauerarbeit zu beschleunigen ...“
    Java kam auf ihn zu. Ihr Gesicht war fast genauso groß wie sein ganzer Körper und sie musste sich anstrengen, eines ihrer dreieckigen Ohren zu seiner Brust zu beugen. Ihr kaltes Ohr hatte ihn kaum berührt, als sie schockiert zurückzuckte.
    „Es schlägt“, japste sie. „Sein Herz schlägt tatsächlich.“
    „Bist du sicher?“, fragte Yorick knapp.
    „Hör selbst.“ Java starrte Schatten mit so ausgeprägter Neugier und Ehrfurcht an, dass er verlegen wegschaute. „Du bist auch warm. Aber wie?“
    „Ich bin durch einen Spalt im Steinhimmel gekommen“, erzählte Schatten ihnen. „Aus der Oberwelt.“
    „Warum?“, wollte Yorick ungläubig wissen.
    „Um meinen Sohn zu suchen.“
    „Ist er tot?“, fragte Java.
    „Er lebt. Es hat ein Erdbeben gegeben und ein Spalt hat sich aufgetan und ihn hinabgesogen.“ Schatten spürte, wie seine ganze verzweifelte Ungeduld zurückkehrte. „Wisst ihr, wo er hingehen könnte? Er ist noch ein Jungtier. Ich habe versucht, ihm zu folgen, aber ich habe seine Spur verloren und ich weiß nicht, wo er gelandet sein könnte.“
    Java, Yorick und Nemo blickten ihn stumm an, dann wandten sie sich hilflos einander zu. Schattens Angst wurde durch ihr Schweigen noch schlimmer.
    „Was ist mit diesen Oasen, die du erwähnt hast? Wie viele gibt es davon?“
    Java holte tief Luft. „Hunderte, überall in der Unterwelt und dazwischen Wüstengegenden wie diese.“ Schatten spürte, wie ihm die Luft ausging. Hunderte. Er könnte monatelang suchen.
    „Wir können dir nicht helfen bei der Suche“, sagte Yorick grob. „Wir müssen zum BAUM.“
    „Was ist das?“, fragte Schatten hoffnungsvoll. Vielleicht lag es daran, dass es wie Baumhort klang, oder vielleicht war es auch einfach nur das Bild eines Baumes, eines Lebewesens, das nur gut sein konnte, Schutz bieten konnte. War dies ein Ort, den Greif vielleicht zu erreichen suchte?
    „Wir sind Pilger“, erklärte Java. „Wir drei kommen aus verschiedenen Oasen von verschiedenen Ecken dieser Welt, aber wir haben die gleiche Reise vor uns, und so haben wir uns getroffen. Wir sollen hier nicht bleiben.
    Haben wir erst einmal unseren Tod akzeptiert, sollen wir zum BAUM ziehen. Es ist der einzige Ausweg“. „Und wohin führt der?“, fragte Schatten begierig. Java schüttelte den Kopf. „In eine neue Welt, eine bessere als diese. Alles, was man uns sagt, ist, dass wir in den BAUM gelangen müssen, um unser neues Leben zu

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