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Feuerflügel: Roman (German Edition)

Feuerflügel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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„dann wollen wir aufbrechen.“
    Java schrie auf und zog ihren Flügel zurück, als wäre sie gekniffen worden. Eine dunkle, muskulöse Gestalt zwängte sich durch die so freigegebene Höhlenöffnung, entpuppte sich als Vampyrum Spectrum und blockierte mit weit ausgebreiteten gezackten Flügeln ihren einzigen Ausgang.

–12–
Luna
    Luna zu finden war schwieriger, als er gedacht hatte. Greif flog dahin zurück, wo er sie zuerst gesehen hatte, und kreiste dann in immer größeren Spiralen um diesen Punkt. Während er durch die Bäume schoss, rief er ihren Namen. Die anderen Fledermäuse spritzten ihm erschrocken aus dem Weg. Die Oase war riesig. Es könnte ihn Nächte und Nächte kosten, das ganze Gelände abzusuchen. Und die Zeit wurde knapp – das war es, was an ihm nagte wie eine Klette auf der Wange. Mit jedem Flügelschlag wurde er schwächer und verbrauchte Kraft, die er eigentlich für seine Reise zum BAUM aufsparen sollte.
    Aber wie konnte er ohne sie aufbrechen?
    „Luna!“, rief er. „Komm, Luna, ich muss mit dir reden! Luna!“
    Sie hatte sich entweder in einen völlig anderen Teil der Oase begeben oder sie ging ihm aus dem Wege. Er hatte einen faden Geschmack im Mund. Er brauchte Wasser. Er brauchte Nahrung. Er wollte den Anblick des sich aufhellenden Horizonts. Die Flügel taten ihm weh. Er ließ sich auf einem komisch aussehenden Baum nieder und versuchte, die zunehmende Panik zu unterdrücken.
    „Warum suchst du nach mir?“
    Er zuckte zusammen und blickte den Ast entlang. Er entdeckte Luna. Sie hatte die Flügel fest um sich gelegt und beobachtete ihn darüber hinweg.
    „Du bist die ganze Zeit hier gewesen?“, rief er. „Ich bin dir gefolgt.“
    „Mir gefolgt?“
    „Ich habe versucht herauszubekommen, ob du verrückt bist oder nicht. Warum bist du so von mir weggeflogen? Als ob du vor mir Angst hättest.“
    Er versuchte, es ihr zu sagen. Konnte es nicht. Sie tat es an seiner Stelle.
    „Du glaubst, ich bin tot.“
    „Gut“, sagte er und tat einen tiefen Seufzer der Erleichterung. „Du weißt es also.“
    „Jawohl. Dass ich nicht tot bin. Ich meine, komm her, schau mich an!“ Sie sprang von dem Ast, machte einen Purzelbaum, drehte sich dann mitten in der Luft gewandt kopfüber und landete neben ihm. „Nicht schlecht für eine tote Fledermaus, eh?“
    „Schau her“, sagte er, „alles, was ich weiß ...“
    „Jede Menge Fledermäuse hier denken aber, du bist tot“, erklärte ihm Luna gutmütig.
    „Ja, ich weiß.“
    „Die ganze Sache mit dem Leuchten, die Art, wie du vom Himmel gefallen bist. Es ist ziemlich verdächtig.“
    „Okay, aber ...“
    „Hast du das Gefühl, du bist tot?“
    Greif musste frustriert kichern. „Ich bin nicht tot. In Ordnung?“ Er hörte auf zu lachen. „Aber du bist es.“ Sie schniefte.
    „Nicht nur du“, erklärte ihr Schatten. „Ihr seid ... nun, ihr seid alle tot. Es tut mir Leid, es ist nicht sehr höflich, so etwas zu sagen, aber es stimmt. Und ich bin nicht der Einzige, der das denkt.“
    „Ich habe gesehen, wie du mit einem von den Pilgern gesprochen hast.“
    Greif nickte. „Sie heißt Frieda. Meine Eltern haben sie gekannt. Sie war die Älteste unserer Kolonie.“
    „Hm“, meinte Luna zweifelnd. „Und ich nehme an, sie ist auch tot, oder?“
    „Mmh.“
    „Sie wirkte nett“, sagte Luna etwas traurig. „Sie wirkte nicht verrückt oder so was.“
    „Ich denke nicht, dass sie das ist.“
    Luna sah ihn fest an. „Dann beweise es.“
    Greif holte tief Luft. „Dieser Ort ist nicht die richtige Welt. Er ist ... völlig anders und er ist ganz falsch. Die Bäume, schau sie dir genau an.“
    Luna starrte auf die umliegenden Bäume und war nicht beeindruckt. „Na und?“
    „Sie sind ganz durcheinander. Kiefernnadeln, Eichenblätter, Ahornblätter, alle am gleichen Ast. Das kommt dir nicht komisch vor?“
    Sie schnippte nachlässig mit den Flügelspitzen. „Nein. Daran bin ich gewöhnt. Vielleicht sind die Bäume dort, wo du herkommst, einfach anders.“
    Greif seufzte. Das konnte schwieriger werden, als er gedacht hatte.
    „Fressen“, fuhr er fort. „Diese Insekten schmecken nach gar nichts. Denn sie sind gar nichts. Sie sind nur Klang oder so etwas, sie verschwinden einfach, wenn du sie kaust. Und wo ist die Sonne, Luna? Wo ist der Mond?“
    „Was ist das?“
    „Die Sonne?“, fragte er ungläubig, „diese große helle Kugel am Himmel. Fühlt sich warm an auf deinem Fell. Und der Mond ...“
    Einen verrückten Augenblick lang

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