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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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meinem Bericht erwähnen“, sagte die Ärztin. „Bei meinen ersten Piloten hat es gewirkt.“
    „Die Verwaltung ist bekannt dafür, schlechte Erfahrungen zur Norm für die Zukunft zu machen.“
    Die Ärztin lachte. „Sie können sich ja Ihre Umwelt bald nach Belieben aussuchen.“
    „Wann?“
    „Sehr bald. Ich will nicht die Geheimnisvolle spielen, aber ich entscheide nur, ob Sie das Krankenhaus verlassen können, nicht, wann Sie es dürfen. Das Narbengewebe braucht noch etwas Zeit, um kräftig genug zu werden. Wollen Sie etwa jetzt schon gehen? Ich habe Ihnen fast alle Rippen gebrochen.“
    „Ich weiß.“ Laenea grinste. Ihr ganzer Oberkörper war in Bandagen gewickelt.
    „Ein paar Tage wird es schon noch dauern.“
    „Wie lange bis jetzt?“
    „Fast drei Tage.“
    „Mir ist es wie mehrere Wochen vorgekommen.“
    „Verstehe … Es ist natürlich ein Schock, wenn man sich an so viele Veränderungen gewöhnen muß.“
    „Ich bin ein Experiment“, sagte Laenea. „Das sind wir alle. Und mit Experimenten sollten Sie experimentieren.“
    „Vielleicht. Aber wir ziehen es vor, Sie noch bei uns zu behalten.“ Ihr Haar war kurz und eisengrau, aber wenn sie lächelte, bekam ihr Gesicht einen fast kindlichen Ausdruck. Sie hatte lange, kräftige Finger, mit gut ausgebildeten Muskeln und Sehnen und kurz geschnittenen Nägeln; gute Hände, die für jede Arbeit zu gebrauchen waren. Laenea streckte ihre Hand aus, und beide Frauen berührten sich gegenseitig an den Handgelenken, eine sanfte, fast streichelnde Geste.
    „Als ich den Herzschlag hörte“, sagte Laenea, „dachte ich, Sie hätten mich wieder in den Normalzustand zurückversetzt.“
    „Es sollte ein beruhigendes Geräusch sein.“
    „Hat sich außer mir noch niemand darüber beschwert?“
    „Nicht so – nachdrücklich.“
    Sie hätten Freundinnen werden können, wenn sie die Zeit dazu gehabt hätten. Aber Laenea war ungeduldig, weiterzukommen, genauso wie bei ihrem ersten Transit, der vorbeigegangen war, ohne daß sie sich dessen bewußt wurde. „Wann kann ich das Krankenhaus verlassen?“ Dies war noch ein Ort der Stasis, dem sie so bald wie möglich entkommen wollte.
    „Gehen Sie erst einmal wieder ins Bett. Morgen ist Zeit genug, um über die Zukunft zu sprechen.“
    Laenea wandte sich ab, ohne zu antworten. Die Fenster, die Wände, die gefilterte Luft isolierten sie von den Wolken, von der Stadt. Regentropfen rannen an den Scheiben herab. Sie wollte nicht mehr schlafen.
    „Pilot …“
    Laenea schwieg.
    Die Ärztin seufzte. „Würden Sie mir einen Gefallen tun, Pilot?“
    Laenea zuckte die Achseln.
    „Ich möchte Ihre Körperkontrolle prüfen.“
    Laenea nickte schweigend.
    „Beschleunigen Sie allmählich Ihren Herzrhythmus und beobachten Sie die Resultate.“
    Laenea intensivierte den Nervenimpuls.
    „Was fühlen Sie?“
    „Nichts“, sagte Laenea, obwohl sie das Blut an den Stellen vorbeirauschen spürte, die früher einmal ihre Pulspunkte gewesen waren: Schläfen, Hals, Handgelenke.
    Die Ärztin runzelte die Stirn. „Beschleunigen Sie noch etwas mehr, aber sehr vorsichtig.“
    Laenea gehorchte, und ein Stoß Sauerstoff schoß in ihr Gehirn. Grelle Lichter flackerten dicht vor ihren Sehnerven. Ihr Kopf schmerzte in einem schmalen Streifen, der sich von der rechten Braue bis zum Hinterkopf zog. Sie fühlte sich high und erregt. Sie wandte sich vom Fenster ab. „Kann ich jetzt gehen?“
    Die Ärztin griff nach ihrem Handgelenk. Laenea hätte beinahe laut aufgelacht bei der Vorstellung, daß sie ihren Puls fühlen wollte. Die Ärztin führte sie zu einem Stuhl beim Fenster. „Setzen Sie sich, Pilot.“ Aber Laenea hatte das Gefühl, auf die Helix ihres Schwindels klettern zu können. Sie wollte sich nicht ausruhen.
    „Setzen Sie sich.“ Die Stimme flüsterte: weicher Sand, der über Stein reibt.
    Laenea gehorchte.
    „Erinnern Sie sich an die anderen Punkte Ihres Trainings, Pilot. Lehnen Sie sich zurück. Entspannen Sie sich. Weiten Sie Ihre Kapillaren. Entspannen Sie sich.“
    Laenea rief sich die Biokontrolle ins Gedächtnis zurück. Zum ersten Mal wurde sie sich einer Präsenz bewußt, anstelle einer Absenz. Ihr Puls war verschwunden, aber an seiner Stelle fühlte sie das regelmäßige, ruhige Summen einer perfekten, bis in die letzten Feinheiten durchkonstruierten Kreiselpumpe. Sie trieb den Blutstrom so effizient durch ihren Körper, daß der Druck ihre Gefäße sprengen würde, wenn sie es zuließe. Sie entspannte sich und

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