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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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Wänden. Flutlichter erleuchteten das Wasser, die Körper vorbeihuschender Fische, großer, dunkler Räuber, sichelmauliger Haie, torpedoförmiger Delphine und dann den eleganten, schwarzweißen Körper eines Killerwals.
    An der Peripherie wurde das Licht matter und matter, bis es sich, von immer dunkler werdenden Blautönen zum Violett, in einer matten Schwärze verlor. Das Foyer war mit einem dicken Schaumstoffteppich ausgelegt und gab einem die Illusion, sich unter Wasser zu befinden, auf dem Grund des Ozeans. Ursprünglich war dieser Raum nicht als Aufenthaltsraum für Crews bestimmt worden, wurde aber in einer Art stillschweigenden Übereinkommens unter den Sternenfahrern dazu gemacht. Außenseiter wurden nicht abgewiesen, aber höflich ignoriert. Sie fühlten sich unwillkommen und verschwanden wieder. Journalisten ließen sich nur ab und an hier blicken, wenn es Sensationen oder Unglücksfälle gab. Menschliche Piloten waren einmal eine Sensation gewesen, aber Laenea gehörte zur zweiten Generation, und der Reiz des Neuen hatte sich inzwischen erschöpft.
    Sie zog ihre Stiefel aus und stellte sie neben die nach unten führende Wendeltreppe. Sie erkannte eins der anderen Stiefelpaare, die dort standen: Diese Stiefel waren unverwechselbar, und wer sie einmal gesehen hatte, würde sie auf den ersten Blick wiedererkennen. Ihr rotes Leder war auf Hochglanz gewienert, mit Edelsteinen besetzt, und die kleinen Flüssigkeitskristalle, die zwischen den Steinen eingesetzt waren, veränderten ihre Farbe mit der Temperatur. Laenea lächelte. Die Crew kompensierte auf verschiedene Weise die tote Zeit des Transits. Eine davon war die Übertreibung aller anderen Aspekte ihres Lebens, und Minoru war ein Meister dieser Kunst.
    Sie ging barfuß über den dicken Teppich, zwischen den Hügeln und Tälern der Konversationsgruben hindurch, und es war wie der Gang auf dem Meeresboden, den sie sich vorgestellt hatte. Laenea fiel auf, daß der Reiz dieses Foyers in seiner Relation zu den Geheimnissen des Meeres bestand, denn das Meer war noch immer voller Geheimnisse, die vielleicht genauso tief waren wie die des Transits, den sie nun bald bewußt erleben sollte. Niemand außer den Piloten konnte ihr sagen, ob ihre Vermutung richtig war, aber Laenea hatte oft hier unten gesessen, träumend ins Wasser gestarrt und an Erlebnisse im Raum gedacht, die nun bald Wirklichkeit werden sollten. Bald würde auch sie die Antwort kennen und war nicht länger auf Träume und Vermutungen angewiesen.
    Sie ging zwischen den kleinen Gruppen von Menschen hindurch, die halb verborgen in den Konversationsgruben saßen. Dicht vor der transparenten Wand sah sie Minoru. Sein blauschwarzes Haar war mit roten und silbernen Bändern zu Zöpfen geflochten, die ihm bis zur Taille herabhingen. Die lange Alannai war tief in sich zusammengekrochen, um den anderen näher zu sein. Ihre Haut schimmerte wie ein Opal, ihr Haar glitzerte wie Diamantenstaub. Neben ihr saß die stille Ruth, deren seltene Fröhlichkeit strahlend wie das Leuchten einer Nova war. Sie hielten Gläser oder Krüge in den Händen, unterhielten sich mit gedämpften Stimmen, und Laenea fühlte eine wohlige Geborgenheit bei dem vertrauten Anblick.
    Minoru wandte den Kopf und sah zu ihr auf. Sie lächelte ihn an und erwartete, daß er überrascht ihren Namen rufen und seine Arme ausbreiten würde, so wie er es immer tat bei seinen überschwenglichen Begrüßungen, die ihm gleichzeitig eine Gelegenheit gaben, die reichen Befransungen und Verzierungen seiner Jacke zur Schau zu stellen. Aber er sah sie nur an, teilnahmslos, schweigend, das Gesicht ohne jeden Ausdruck. Er flüsterte ihren Namen. Ruth blickte über die Schulter und lächelte zaghaft, als ob sie Angst hätte. Alannai richtete sich auf, bis sie die anderen mit Kopf und Schultern überragte, und hob mit einer fast feierlichen Geste ihr Glas. „Pilot“, sagte sie, nahm einen Schluck und sank wieder in sich zusammen, die Ellenbogen auf ihre mageren Knie gestützt. Laenea stand neben ihnen, außerhalb ihres Kreises, und blickte auf die drei hinab, von denen sie sich vor kurzer Zeit verabschiedet hatte. Crews verabschiedeten sich immer voneinander, denn wenn sie vor ihrem Flug in den Schlaf geschickt wurden, gab es keine Garantie dafür, daß sie wieder erwachen würden.
    Laenea kletterte zu ihnen in die Konversationsgrube. Sie rückten zur Seite, um ihr Platz zu machen, aber sie setzte sich nicht. Sie war genauso verunsichert wie ihre

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