Feuerflut
Gesichtsausdruck weicher wurde, lächelte er wieder.
„Dann kommen Sie“, sagte Laenea.
Er stand auf, rasch und ein wenig ungelenk. Keins der Möbelstücke in Kathells Wohnung war für Menschen seiner Größe – oder der Laeneas – gedacht.
Sie reichte ihm die Hand, um ihm zu helfen.
Der Ost-Stabilisator war eine in sich abgeschlossene Stadt, die aus zwei Teilen bestand. Einer war eine laute, aufdringliche Touristenwelt, der andere das Quartier einer interessanten Service-Gesellschaft. Laenea hatte es immer Spaß gemacht, möglichst viele der Restaurants auszuprobieren, aber jetzt suchte sie eins auf, das sie gut kannte. Experimente dieser Art waren nicht immer erfolgreich. Die Qualität von Speisen hatte ein so breites Spektrum wie Kulturen.
Marcs Restaurant war vor einigen Jahren „in“ gewesen, jetzt aber nicht mehr, doch seinen Besitzer schien diese Wandelbarkeit der Mode nicht zu stören. Piloten und Fürsten, Crewmitglieder und Diplomaten mochten kommen oder wegbleiben; Marc war es egal. Laenea führte Radu in das dämmerige Foyer des Restaurants und drückte auf den Signalkopf. Sofort leuchtete vor ihnen ein Bildschirm auf. Er zeigte ein Muster, das wie ein Ölgemälde auf Wasser aussah.
„Hallo, Marc“, sagte Laenea. „Ich hatte leider keine Zeit, mir einen Tisch reservieren zu lassen.“
Die Stimme, die ihr antwortete, klang mechanisch und hart und war nur schwer zu verstehen für jemanden, der sie zum erstenmal hörte. Laenea fand sie jedoch längst nicht mehr hart oder undeutlich. Der Bildschirm zeigte eine gelbe Färbung, der die Freude wiedergeben sollte, die Marc vokal nicht ausdrücken konnte. „Ich kann mir keine Strafe vorstellen, die einer solchen Sünde gerecht würde, also werde ich so tun, als ob Sie angerufen hätten.“
„Danke, Marc.“
„Schön, Sie nach so langer Zeit wiederzusehen. Sie sind also doch Pilot geworden!“
„Ich bin froh, wieder hier zu sein.“ Sie zog Radu mit sich, als sie einen Schritt vortrat, näher zur Kamera. „Ich möchte Ihnen Radu Dracul vorstellen. Er kommt von Twilight und ist zum erstenmal auf der Erde.“
„Hallo, Radu Dracul. Ich hoffe, daß Sie uns weder zu dekadent noch zu langweilig finden.“
„Keins von beiden.“
Der Oberkellner trat auf sie zu, um sie zu ihrem Tisch zu führen.
„Willkommen“, sagte Marc anstelle eines Abschiedsgrußes, und über verschwimmende Blau- und Grüntöne verdunkelte sich der Bildschirm wieder.
Ihr Tisch war von mattem Licht erhellt, das bläulich vom Wasser des Ozeans reflektiert wurde, und Fische starrten sie durch die Glaswand an, wie neugierige Straßenjungen.
„Wer ist Marc?“
„Ich weiß nicht“, sagte Laenea. „Er kommt nie heraus, und niemand geht hinein. Einige sagen, er sei durch einen Unfall entstellt worden, andere behaupten, daß er an einer unheilbaren, ansteckenden Krankheit leidet und nie wieder mit Menschen zusammenkommen darf. Es gibt ständig neue Gerüchte, neue Vermutungen. Er selbst spricht nie von sich, und niemand würde es wagen, ihm direkte, persönliche Fragen zu stellen.“
„Die Menschen auf der Erde scheinen die Privatsphäre anderer Menschen höher zu bewerten als wir auf den Siedlerwelten“, sagte Radu trocken, als ob er reichliche Erfahrungen mit indiskreten Fragen hätte.
Laenea kannte auch eine ganze Menge aufdringlicher Menschen, hatte sich aber noch nie vorzustellen versucht, welche Wirkung sie auf Marc haben mochten. Dann fiel ihr ein, daß die weniger kultivierten ihrer Bekannten nur selten hierher kamen, und daß Marc sie erst bei ihrem dritten oder vierten Besuch über den Bildschirm angesprochen hatte. „Er kümmert sich nicht um andere Menschen“, sagte sie.
Sie reichte Radu eine Karte und schlug ihre eigene auf. „Was wollen Sie essen?“
„Soll ich das von dieser Liste auswählen?“
„Ja.“
„Und dann?“
„Dann kocht es jemand, und ein anderer bringt es Ihnen.“
Radu blickte auf die Karte, schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
„Wünschen Sie zu bestellen, Pilot?“ Andrew, der Oberkellner, stand neben Laenea und verbeugte sich leicht.
Laenea bestellte für sie beide, da Radu offensichtlich mit den angebotenen Gerichten nicht vertraut war.
Laenea probierte den Wein. Er war ausgezeichnet. Sie stellte ihr Glas ab, und Andrew füllte es. Radu sah fasziniert zu, als die tief-rote Flüssigkeit aus der Flasche in ihr Glas floß.
„Ich hätte Sie fragen sollen, ob Sie Wein mögen“, sagte Laenea entschuldigend. „Aber
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