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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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der an einem Lederband um ihren Hals hing. Sie und der ältere Ehemann waren durch ihre Ähnlichkeit als nahe Verwandte kenntlich – scharfe Konturen des Gesichts, hohe Wangenknochen, seine Haare weiß, ihre ursprünglich tiefschwarzen Haare im Ergrauen, ihre beiden Augenpaare vom dunklen Braun, das sich unter der Sonne zum Überleben am besten eignete. Am Boden zu ihren Füßen sprang ein kleines schwarzes Tier ab und zu gegen ein Netz und stieß gelegentlich einen schrillen, schwachen Schrei aus.
    „Stavin schläft“, sagte Schlange. „Stört ihn nicht, doch geht zu ihm, für den Fall, daß er aufwacht.“
    Die Ehefrau und der jüngere Ehemann erhoben sich und gingen ins Zelt, aber der ältere Mann blieb vor ihr stehen. „Kannst du ihm helfen?“
    „Ich hoffe, daß wir es können. Der Tumor ist fortgeschritten, aber er scheint von fester Beschaffenheit zu sein.“ Ihre Stimme klang wie aus einer Ferne und ein wenig hohl, als lüge sie. „Dunst wird am Morgen bereit sein.“ Sie verspürte noch immer das Bedürfnis, ihn irgendwie zu ermutigen, aber sie sah keine Möglichkeit.
    „Meine Schwester wünschte mit dir zu sprechen“, sagte er und ließ die beiden allein, ohne sie einander vorzustellen, ohne sich selbst durch den Hinweis aufzuwerten, daß die hochgewachsene Frau das Oberhaupt dieser Stammesgruppe war. Schlange blickte sich um; die Zeltklappe fiel. Sie spürte ihre Erschöpfung stärker, und auf ihren Schultern war Dunst erstmals ein Gewicht, das sie als schwer empfand.
    „Bist du wohlauf?“ Schlange wandte den Kopf. Die Frau trat mit natürlicher Anmut auf sie zu; ihr hochschwangerer Zustand verursachte eine nur geringfügige Unbeholfenheit. Schlange mußte den Blick heben, um den ihren erwidern zu können. Sie besaß winzige feine Linien an den Augenwinkeln, als lache sie manchmal insgeheim. Sie lächelte, aber besorgt. „Du siehst sehr müde aus. Soll ich dir eine Bettstatt bereiten lassen?“
    „Jetzt nicht“, antwortete Schlange. „Noch nicht. Ich werde erst danach schlafen.“
    Das Stammesoberhaupt forschte in ihrem Gesicht, und Schlange empfand ein Gefühl der Verwandtschaft mit ihr, das sich aus ihrer geteilten Verantwortung ergab. „Ich glaube, ich verstehe. Gibt es irgend etwas, das wir dir geben könnten? Benötigst du Unterstützung bei deinen Vorbereitungen?“
    Schlange stellte fest, daß sie sich mit den Fragen auseinandersetzen mußte, als wären sie verwickelte Probleme. Sie wälzte die Fragestellungen in ihrem ermüdeten Verstand, untersuchte sie, zergliederte sie, und endlich begriff sie ihre Bedeutung. „Mein Pony braucht Futter und Wasser …“
    „Dafür ist bereits gesorgt.“
    „Und ich benötige jemanden, um mir mit Dunst zu helfen. Jemanden mit Kraft. Aber es ist noch wichtiger, daß es jemand ohne Furcht ist.“
    Das Oberhaupt nickte. „Ich würde selber helfen“, sagte die Frau und lächelte wieder, aber nur schwach. „Aber seit kurzem bin ich ein bißchen plump. Ich werde jemanden suchen.“
    „Danke.“
    Die ältere Frau neigte den Kopf und entfernte sich langsam zu einer Gruppe von Zelten. Schlange sah ihr nach und bewunderte ihre Anmut. Sie fühlte sich im Vergleich mit ihr klein, jung und schmuddlig.
    Sand begann sich von ihrem Handgelenk zu entwinden. Sie spürte das erwartungsvolle Gleiten seiner Schuppen auf ihrer Haut und fing ihn ab, ehe er auf den Boden fiel. Sand erhob seine obere Körperhälfte aus ihrer Hand. Er züngelte und starrte hinab auf das kleine Tier, spürte dessen Körperwärme, roch die Furcht. „Ich weiß, er ist hungrig“, sagte Schlange. „Aber er kann dies Geschöpf nicht bekommen.“ Sie setzte Sand in die Schachtel, hob Dunst von ihrer Schulter; Dunst rollte sich in ihrer dunklen Behausung zusammen.
    Das kleine Tier quietschte und versuchte sich erneut freizukämpfen, als Schlanges verwaschener Schatten über es hinwegglitt. Er beugte sich darüber und nahm es an sich. Die rasche Folge entsetzter Quietscher verlangsamte sich und verstummte schließlich, während sie es streichelte. Zuletzt lag es still und atmete schwer, starrte erschöpft aus gelben Augen zu ihr auf. Er besaß lange dünne Hinterbeine und breite spitze Ohren, und die Nase zuckte infolge des Schlangengeruchs. Sein weicher schwarzer Pelz war vom Seilwerk des Netzes in schräge Vierecke unterteilt. „Ich finde es traurig, dir das Leben nehmen zu müssen“, sagte Schlange zu ihm. „Aber dann wird es nicht länger Furcht geben, und ich werde dir keinen

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