Feuerflut
panischer Unterton lag in ihrer Stimme, sie ballte die Fäuste.
„Die Tetras wollen ihn zurück. Sie brauchen ihn. Sie werden ungeduldig.“
„Ihr schickt ihn nach Hause?“ fragte Kylis ungläubig.
„Natürlich“, antwortete die Echse. Sein Blick glitt von Kylis zu Gryf. „Sobald er genug von der Entziehungskammer hat.“
Neben Gryf erhob sich Jason. Gryf legte seine Hand auf Jasons Arm. Die Leute der Echse kamen näher, um einzugreifen, wenn ihr Herr und Meister Hilfe benötigen sollte. Einige der Gefangenen kamen näher, um zu sehen, was vorging. Auch Miria befand sich darunter. Im Schatten verborgen, beobachtete Kylis sie. Als die Wärter Gryf abführten, lächelte sie kaum wahrnehmbar. Kylis wollte ihren Zorn hinausschreien.
„Wie würde es den Tetras wohl gefallen, wenn sie ihn umbringen?“ rief Jason.
„Dieses Risiko gehen sie ein“, entgegnete die Echse.
„Es wird nicht funktionieren“, sagte Kylis. Die Entziehungskammer würde ihn niemals dazu bringen, zu den Tetras zurückzukehren, genauso wenig wie es Kylis dazu bringen konnte zu tun, was die Echse verlangte. Selbst für Gryf konnte sie das nicht tun.
„Wirklich nicht?“ Die Stimme der Echse war laut und ärgerlich.
„Tun Sie ihm das nicht an“, sagte Kylis. „Gryf ist … allein hier zu sein, ist für ihn so schlimm wie die Entziehung. Wenn Sie ihn wirklich in die Entziehungsbox stecken …“ Sie sprach für Gryf – um nichts sonst in der Welt hätte sie die Echse um etwas gebeten. Das Schlimmste daran war: Sie wußte, es würde nichts helfen. Sie hoffte bitter darauf, Miria sei human genug, um einzusehen, wohin ihre Bespitzelung geführt hatte.
„Soll ich dich an seiner Stelle nehmen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, lachte die Echse in ihr Gesicht und ging weg.
„Ja“, sagte Kylis.
Überrascht drehte er sich um.
„Sie können mich statt seiner in die Kammer stecken.“
Die Echse grinste sie höhnisch an. „Und dich statt seiner zu den Tetras senden? Was für einen Nutzen glaubst du für sie zu haben? Du könntest ein Haustier für sie sein – du könntest eine Brutmutter für ein weiteres geflecktes Kind sein!“
Sie beugte sich nach vorn, hob eine Handvoll Lehm auf, ging einen Schritt auf die Echse zu und warf den feuchten Schlamm. Sie traf ihn auf der Brust, der Dreck spritzte und besudelte seine schwarze Uniform und den bleichen Körper. Kylis beugte sich erneut nach vorn. Dieses Mal war der Lehm schwer und steinig.
„Kylis!“ schrie Jason.
„Und das ist für dich !“ brüllte Kylis. Sie warf Lehm und Steine auf Miria.
Als die Männer der Echse sie ergriffen, sah sie, wie Miria fiel. Im Scheinwerferlicht leuchtete der Lehm rot, doch nicht so rot wie das Blut, das von Mirias Stirn strömte.
Die Echse wischte grollend den Schmutz von seiner Uniform und betrachtete Mirias unbewegliche Gestalt. Er deutete auf Kylis.
„Bringt sie irgendwohin, wo sie niemanden mehr verletzen kann.“
Sie brachten sie weg, hinter ihr blieb Jason allein zurück.
Sie brachten Kylis in eine kahle Zelle mit Panzerglas und einer Liege ohne scharfe Kanten; kein Ventilator machte die Hitze erträglicher. Sie zogen sie aus und schlössen sie ein. Die Einrichtung des Raumes schloß einen Selbstmordversuch aus, selbst die Wände und Fenster gaben sanft dem leichtesten Druck nach.
Von hier aus konnte sie die Entziehungskabine sehen. Sie besaß die Form eines Sarges, war jedoch größer und stand auf Stützen, welche die Vibrationen der Generatoren absorbierten.
Die Wachen führten Gryf in den Entziehungsraum. Auch er war nackt, die Wachen hatten ihn abgespritzt. Wie ein gejagtes Tier, das von zwei Seiten gleichzeitig angegriffen wird, sah er sich rasch um. Doch niemand kam ihm zu Hilfe, nur Kylis preßte sich mit geballten Fäusten gegen die Scheibe. Gryf versuchte zu lachen, doch sie konnte sehen, wie sehr er sich fürchtete.
Als sie ihm die Augen verbanden und sich daranmachten, ihn vorzubereiten, erinnerte sich Kylis an das Gefühl der weichen Masse, die Kopf, Arme und Beine umgab und jede Bewegung wie jede Wahrnehmung verhinderte. Zuerst war es angenehm gewesen, denn die Kammer war dunkel und still und ließ weder Hitze noch Kälte eindringen. Schläuche und Nadeln, die nicht schmerzten, transportierten die Abfallstoffe des Körpers nach draußen und versorgten ihn gleichzeitig mit allem Nötigen. Kylis hatte, wie es ihr schien, lange Zeit geschlafen, bis ihr Körper mit Schlaf übersättigt war. Ohne physische Stimulation war
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