Feuerflut
Volkes im Feuer umgekommen … und dann im Eis.«
»Vielleicht waren sie verflucht«, sagte Kowalski mit ungewohntem Ernst.
Vielleicht waren sie das tatsächlich.
»Sind Sie sicher, dass das Anasazi sind?«, fragte Painter.
»Die Kleidung, die Bauweise der Pueblos und die charakteristische schwarz-weiße Bemalung der Tonwaren deuten darauf hin, dass wir es hier mit einem Stamm der Anasazi zu tun haben.«
Hank trat vor, um Zeugnis abzulegen. »Das müssen die letzten Überlebenden gewesen sein, die dem Vulkanausbruch und dem Gemetzel entronnen sind. Sie sind aus Wupatki geflohen und wollten hier neu anfangen. Sie haben sich unter der Erde versteckt und den Eingang mit einer kleinen Zitadelle geschützt.«
»Aber wer hat den Zugang versiegelt?«, fragte Painter. »Weshalb wurde er mit dem Halbmond und dem Stern markiert, dem Zeichen der Tawtsee’untsaw Pootseev?«
»Vielleicht hat ein Nachbarstamm dabei geholfen, diese letzte Bastion des Volkes zu verstecken. Man hat den Zugang mit einem schweren Grabstein versiegelt und das Zeichen derer eingraviert, die man für schuldig am Schicksal dieses Stammes hielt. Als eine Warnung an mögliche Eindringlinge.«
Painter sah auf die Uhr. »Wo wir gerade davon sprechen, wir sollten uns mal umschauen und dann so schnell wie möglich wieder nach oben gehen.«
Hank hörte die Enttäuschung aus seiner Stimme heraus. Painter hatte gehofft, hier mehr zu finden als ein Eisgrab. Sie verteilten sich und achteten darauf, wohin sie traten. Hank brachte es nicht über sich, die Toten einer genaueren Musterung zu unterziehen. Er holte seine Taschenlampe hervor und machte sich daran, die unteren Etagen des Pueblos zu durchsuchen.
Um sich Zutritt zu verschaffen, musste er erst die Eiszapfen vor dem Eingang abschlagen. Er zwängte sich durch die Lücke und stieß als Erstes auf die Leiche eines Kindes, das wie Unrat in eine Ecke gespült worden war. Eine kleine Hand ragte aus dem Eis hervor, als flehte das Kind um Hilfe.
»Tut mir leid …«, flüsterte er und ging in den nächsten Raum weiter.
Raureif und Eis bedeckten alles und entfalteten im Schein der Taschenlampe eine makabere Schönheit. Unter der funkelnden Oberfläche aber lauerte der Tod.
Er suchte nach dem wahren Mittelpunkt des Pueblos, nach einem Ort, wo er der Toten gedenken konnte. Geduckt trat er durch eine Türöffnung und gelangte in eine Art Atrium, von dem zahlreiche Räume abgingen. Mit Eisrinnen geschmückte Terrassen führten weiter nach oben. Er dachte an die johlenden Kinder, die hier einst gespielt hatten, und an die Mütter, die sie ermahnt hatten, während sie den Brotteig kneteten.
Ein Blick in die Höhe aber ließ die Bilder zerstieben. Gewaltige Eisstalaktiten hingen drohend von der Decke. Er stellte sich vor, wie sie herabfielen und ihn zur Strafe für das Betreten dieses unheimlichen Ortes durchbohrten.
Die Götter der Toten aber hatten andere Pläne mit diesem Eindringling.
Da Hank nach oben blickte, übersah er das Loch im Boden. Er trat mit dem rechten Fuß hinein. Mit einem Aufschrei stürzte er in die Öffnung. Er ließ die Taschenlampe fallen und versuchte, sich am Rand festzuhalten, doch es gelang ihm nicht. Wie ein im Eis einbrechender Schlittschuhläufer fand auch er keinen Halt.
Mit den Füßen voran stürzte er in die Tiefe und erwartete den Tod.
Doch nach zwei Metern freiem Fall trafen seine Stiefel schon wieder auf festes Eis. Er blickte nach unten. Allein der Umstand, dass der Raum zur Hälfte mit Eis gefüllt war, hatte ihn davor bewahrt, sich ein Bein oder das Genick zu brechen. Er bückte sich und hob die Taschenlampe auf, dann sah er nach oben.
Painter rief nach ihm. »Hank!«
»Ich bin okay!«, antwortete er. »Aber ich brauche Hilfe! Ich bin in ein Loch gestürzt!«
Während er wartete, schwenkte er die Taschenlampe. Der Raum war kreisförmig, die Wände bestanden aus mit Mörtel zusammengefügten Ziegeln. Nach und nach begriff er, dass er genau an dem Ort gelandet war, den zu finden er gehofft hatte.
Irgendein Gott hatte wohl seinen Spaß mit ihm.
Er schaute sich um. Aus dem Eis schauten kleine Wandnischen hervor. Ein metallischer Schimmer zog ihn zur größten Nische hin.
Nein … wie war das möglich?
Schatten tanzten über den Eisboden. Er leuchtete nach oben und erblickte Painter und Kowalski, die zu ihm herabspähten.
»Sind Sie verletzt?«, fragte Painter, atemlos und aufrichtig besorgt.
»Nein, aber Sie sollten mal runterkommen und sich das
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