Feuerflut
Er hatte eine topografische Karte auf dem Boden ausgebreitet, daneben lagen Ausdrucke von Tiefenscans.
»Dieser Kegel ist eine der am besten geeigneten Stellen«, sagte Chin. »Den Tiefenscans zufolge liegt dieser Zugang dem Pfropfen, der den geothermischen Auslass verstopft, am nächsten. Wenn man den zerstört, wird sich der in der Tiefe aufgestaute Kesseldruck entladen, als hätte man einen schlafenden Drachen geweckt.«
Painter hatte die Idee dazu gehabt, doch die Umsetzung hatten Chin und Kowalski übernommen. Der Geologe hatte nur erklärt, wie der Yellowstone Park aus dem Zusammenspiel zweier Kräfte entstanden war, nämlich durch tief im Erdreich ausgelöste vulkanische Eruptionen und hydrothermale Explosionen, die näher an der Oberfläche stattgefunden hatten. Sie benötigten zwar viel Wärme, um das Krebsgeschwür im Erdreich abzutöten, doch ein Vulkanausbruch stellte keine Option dar, zumal an diesem gefährdeten Ort. Daher mussten sie versuchen, eine hydrothermale Explosion auszulösen.
Painter hatte vorgeschlagen, den Nano-Herd durch eine Entladung überhitzten Wasserdampfs zu neutralisieren, bevor er sich zu der in zehn Kilometer Tiefe gelegenen Magmakammer vorarbeiten konnte. Zwar war nicht auszuschließen, dass bei der hydrothermalen Explosion auch die Magmablase beschädigt werden würde, doch das war immerhin weniger riskant, als die Hände in den Schoß zu legen, während der Nano-Herd sich ungehindert in die Tiefe vorfraß.
Aber wie löst man eine hydrothermale Explosion aus?
»Okay, dann los.« Kowalski richtete sich auf, hob den aufgerollten, mit C4-Sprengstoff gespickten Draht hoch und ging zu Chin hinüber.
Der Geologe hatte Leitern am Minivulkan angelegt. Sie stiegen hoch bis zur Spitze des Kegels, aus der Dampf austrat. Die Öffnung war gerade groß genug für die C4-Würfel. Insgesamt hundert davon hatte Kowalski aufgefädelt. Jetzt wollten sie das Zündkabel mit den Sprengladungen zu dem Gestein hinunterlassen, das den hydrothermalen Auslass blockierte. Chin hatte errechnet, wie viel Sprengstoff nötig war, um den Pfropfen zu sprengen.
Kowalski hatte die Menge vorsichtshalber verdoppelt. Painter hatte ausnahmsweise keine Einwände gehabt.
Los, rein damit … oder es ist eh alles aus.
»Das sollte funktionieren«, sagte Chin von der Werferplatte aus.
Die beiden Männer stiegen die Leitern hinunter.
Kowalski rieb sich erwartungsvoll die Hände. »Dann wollen wir mal sehen, ob der C4-Einlauf wirkt.«
Painter sah den Hünen an. Das war keine schlechte Beschreibung für ihr Vorhaben, die Gesteinsblockade zu beseitigen. Sie eilten zum letzten Helikopter, der noch im Becken wartete. Die Rotoren drehten sich bereits. Sie stiegen ein, schnallten sich an und hoben ab.
Der Pilot sparte nicht an Treibstoff. Der Talboden fiel rasch zurück.
»Das reicht!«, sagte Painter übers Headset.
Während der Helikopter langsam zu kreisen begann, gab Painter Kowalski mit gerecktem Daumen den Einsatzbefehl. Das Funkgerät hielt der Hüne bereits in der Hand. Mit wildem Grinsen drückte er den Zündknopf.
Aus dieser Höhe hörte sich die Explosion der tief im Erdreich befindlichen Sprengladungen wie ferner Donner an.
Painter blickte gespannt nach unten. Die Werferplatte war unversehrt geblieben. Allerdings trat etwas mehr Dampf aus als zuvor.
»Was für ein Scheiß«, sagte Kowalski. »Ich dachte …«
Unter ihnen detonierte das ganze Talbecken. Es barst wie ein Teller. Autobusgroße Gesteinsbrocken wurden bis weit über den Rand der Felswände hochgeschleudert. Gleichzeitig schoss dampfendes Wasser in die Höhe, ein Geysir von zwanzig Meter Durchmesser und über dreihundert Meter Höhe.
»Also, das nenne ich mal einen erfolgreichen Einlauf!«, sagte Kowalski.
Der Helikopter schwenkte ab, denn der Pilot fürchtete, von dem Mahlstrom aus Gestein, Wasser und Dampf erfasst zu werden.
Chin sah aus dem Fenster. »Die freigesetzte Hitze müsste den Nano-Herd eigentlich zerstört haben.«
Eine Frage aber blieb noch offen: Hatte die Explosion vielleicht gerade die Katastrophe ausgelöst, die sie fürchteten? Alle hielten den Atem an, während der Helikopter seine Kreise zog und immer höher stieg. Der Geysir brodelte weiter, doch die Fontäne wurde allmählich schwächer. Von aufsteigendem Magma oder einem Lavaausbruch war nichts zu bemerken.
Eine weitere Minute verstrich, dann atmete Chin auf. »Sieht so aus, als hätten wir’s geschafft.«
Der Helikopter drehte ab.
Auf einmal konnte Painter
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