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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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regulären Arbeitszeit Akten an. Es wäre einfacher gewesen, wenn Sie mich vorab über das benötigte Material informiert hätten.«
    Der Kurator wollte gerade zu einem weiteren Tadel ansetzen, da fiel sein Blick auf Seichans Gesicht. Was er darin sah, ließ ihn verstummen. Er eilte ihnen voraus.
    Gray sah sie an. Seichan erwiderte seinen Blick und hob mit Unschuldsmiene eine Braue. Als sie den Kopf abwandte, bemerkte er unterhalb ihres rechten Ohrs eine kleine Narbe, versteckt unter ihrem schwarzen Haar. Er war sich sicher, dass die Narbe neu war. Ihre Nachforschungen waren offenbar kein Zuckerschlecken gewesen.
    Sie folgten dem Kurator durch ein Labyrinth von Sälen und betraten schließlich einen kleinen Raum mit Konferenztisch und mehreren Mikrofilmlesegeräten an der Wand. Zwei Personen erwarteten sie. Die eine war eine Frau im Collegealter mit makelloser schwarzer Haut. Sie sah aus, als wäre sie einem Modemagazin entsprungen. Das eng anliegende schwarze Etuikleid betonte ihre Figur. Ihrem perfekten Make-up nach zu schließen, hatte sie wohl nicht zu Hause herumgehangen, als man sie zur Arbeit gerufen hatte.
    »Meine Assistentin Sharyn Dupre. Sie spricht fließend fünf Sprachen, aber ihre Muttersprache ist Französisch.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte sie mit seidiger, tiefer Stimme und leicht arabischem Akzent.
    Gray schüttelte ihr die Hand. Aus Algerien, schloss er aus ihrer melodischen Sprechweise. Das nordafrikanische Land hatte das Joch der französischen Kolonisten zwar schon Anfang der Sechzigerjahre abgeschüttelt, die Sprache der ehemaligen Unterdrücker aber beibehalten.
    »Tut mir leid, dass wir Sie haben warten lassen«, sagte Gray.
    »Macht nichts …«, sagte vom anderen Tischende aus eine knurrige Stimme. Gray kannte den Sprecher gut. Monk Kokkalis hatte die Füße auf den Tisch gelegt und trug Sweatshirt und Baseballkappe. Sein Gesicht leuchtete im Schein der Neonlampen. Mit schief gelegtem Kopf musterte er die schlanke Assistentin. »Zumal ich nette Gesellschaft hatte.«
    Die Assistentin neigte schüchtern den Kopf, den Anflug eines Lächelns um die Lippen.
    Monk war ihnen zuvorgekommen. Die Sigma-Zentrale lag freilich nur einen kurzen Fußweg entfernt. Kat hatte darauf bestanden, dass ihr Mann Gray bei seinen Nachforschungen unterstützte. Gray vermutete allerdings, dass sie Monk vor allem aus dem Weg hatte haben wollen.
    Sie nahmen am Tisch Platz, mit Ausnahme von Heisman, der stehen blieb und die Arme hinter dem Rücken verschränkte. »Es wäre nett, wenn Sie mir jetzt sagen würden, weshalb Sie uns um diese Zeit hierher bestellt haben.«
    Gray schlug die Aktenmappe auf, die vor ihm lag, zog den auf Französisch verfassten Brief heraus und schob ihn Sharyn über den Tisch. Bevor sie ihn hochheben konnte, beugte sich Heisman vor, nahm den Brief an sich und setzte mit der anderen Hand die Lesebrille auf.
    »Was ist das?«, fragte er und bewegte ruckartig den Kopf, als er die wenigen Seiten überflog. Offenbar konnte er kein Französisch, doch als er die Unterschrift des Briefs sah, weiteten sich seine Augen. »Benjamin Franklin.« Er sah Gray an. »Das scheint mir seine Handschrift zu sein.«
    »Ja, das wurde bereits bestätigt, außerdem hat man den Brief übersetzt …«
    Heisman fiel ihm ins Wort. »Aber das hier ist eine Fotokopie. Wo ist das Original?«
    »Das tut nichts zur Sache.«
    »O doch!«, platzte der Kurator heraus. »Ich habe alle handschriftlichen Aufzeichnungen von Franklin gelesen. Diesen Brief sehe ich jetzt zum ersten Mal. Allein schon diese Zeichnungen …« Er klatschte die Papiere auf den Tisch und tippte auf eine der Zeichnungen.
    Sie stellte einen Seeadler mit ausgebreiteten Schwingen dar, der in der einen Klaue einen Olivenzweig und in der anderen ein Bündel Pfeile hielt. Die Zeichnung wirkte unfertig. Sie war gesäumt von unleserlichen Notizen und teilweise mit Hinweispfeilen versehen.

    »Das scheint mir eine frühe Darstellung des Großsiegels der Vereinigten Staaten zu sein. Aber der Brief datiert von 1778, und das Siegel fand erstmals 1782 in der Öffentlichkeit Erwähnung. Es muss sich um eine Fälschung handeln.«
    »Der Brief ist echt«, sagte Gray.
    »Darf ich mal?« Sharyn nahm die Seiten behutsam in die Hand. »Sie haben erwähnt, der Brief sei übersetzt worden, aber ich würde mich gerne selber von der Richtigkeit der Übertragung überzeugen.«
    »Das wäre mir sehr recht«, meinte Gray.
    Heisman schritt neben dem Tisch auf und ab. »Ich

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