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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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KAPITEL

    D as Cafe war auffallend geräumig. Die Wände mit ihrer schlichten Holztäfelung strahlten Wärme aus. Bouzouki-Musik von Hadjidakis kam vom Tonband. An einem Tisch hatten zwei Männer ein Backgammon-Spiel aufgestellt. Andere Männer standen, miteinander redend, an der Theke. Ich hörte, wie sie lachten.
    Einige wandten sich um, warfen mir einen Blick zu; in Griechenland sind Cafes eine typische Männerdomäne, aber als Ausländerin hatte ich kaum mit Schwierigkeiten zu rechnen. Außerdem hatte ich mir längst zur Gewohnheit gemacht, mich nie um solche Regeln zu scheren.
    Zwei ältere Männer, die vor ihrem Ouzo saßen und rauchten, nickten mir freundlich und würdevoll zu. Ich grüßte zurück, setzte mich an einen freien Tisch und ließ den Rucksack von meinen Schultern gleiten. Der Wirt, ein kleiner Mann mit dicken Tränensäcken unter den Augen, kam auf mich zu. Ich bat um einen besonders süßen, starken Kaffee. Der Wirt lächelte wissend und entfernte sich. Ich rieb mir die steifgewordenen Hände, zog den Reißverschluß meiner Windjacke auf. Der Wirt brachte mir den Kaffee. Zufrieden betrachtete ich die dicke Schaumschicht obenauf, die zeigte, daß der Wirt ein Kenner war. Ich fragte ihn nach einem Telefon. Er wies auf den roten Münzapparat, der neben der Theke an der Wand befestigt war. Ich rührte meinen Kaffee um. Auf dem Teller lag ein
    »Koulourakia«, ein süßer, wunderbar duftender Zwieback. Ich hatte ihn nicht bestellt; ich nahm an, es war eine Gefälligkeit des Wirtes. Ich trank den Kaffee mit Wohlbehagen, wobei ich brauchgemäß den Zwieback in den Kaffee tunkte. Das heiße, stärkende Getränk gab mir meine Kräfte wieder. Die Männer beachteten mich nicht mehr. Aus der Gruppe, die an der Theke stand, stieg eine laute Lachsalve. Jemand mußte einen Witz erzählt haben. Kleine Rauchschwaden bewegten sich im Neonlicht; Hadjidakis’ Musik, zuerst weich und perlend, steigerte sich zu einem stampfenden Rhythmus, begleitet von Pfeifen und Händeklatschen.
    Einsam in diesem Cafe, meine Hände um die warme Tasse geschlossen, fühlte ich mich seltsam wohl, im Einklang mit mir selbst. Während ich trank, verweilten meine Blicke auf den Männern im Gespräch an der Theke. Einer von ihnen trug Jeans und ein rotes Hemd. Zuerst bemerkte ich dieses Hemd. Dann fiel mir seine schöne, lange Rückenlinie auf, breit in den Schultern und schmal in den Hüften. Ich betrachtete ihn aufmerksam, gleichzeitig aber auch ganz neutral. Sein Anblick kam mir vertraut vor, doch ich wußte, daß mit dieser Vertrautheit etwas nicht stimmte. Und doch hatte die Anwesenheit dieses Mannes seine Richtigkeit. Ich ertappte mich bei dem absurden Gedanken, so, jetzt hast du es doch noch geschafft. Ein paar Atemzüge lang genoß ich diese Situation als beruhigend, bis ich sie als sonderbar empfand. Sie bewirkte immerhin, daß die Spannung aus meiner Magengrube wich und ich freier atmete. Ich fuhr fort, den Mann zu beobachten. Irgend etwas an seiner Gestalt erinnerte mich an Martin, doch war er schlanker, geschmeidiger. Sein Haar, das er vorne kurz und hinten länger trug, war leicht gewellt. Einmal, beim Sprechen, drehte er kurz das Profil zu mir hin, und ich dachte, dieser Mann ist kein Grieche.
    Als ich meinen Kaffee ausgetrunken hatte, holte ich die Liste der Unterkünfte hervor, kreuzte ein paar Hotels und Pensionen an. Ich tat es sehr entspannt, fast mechanisch, als ob ich irgendeine Rolle spielte.
    Schließlich suchte ich mein Kleingeld zusammen und ging zum roten Münzautomaten. Meinen Rucksack ließ ich unbesorgt stehen; in Griechenland stahl niemand etwas. Ich lehnte an der Wand, wählte eine der angekreuzten Nummern und drückte den Hörer an mein Ohr. Während das Telefon kungelte, bemerkte ich, wie der Mann im roten Hemd zu mir herübersah. Er hatte ein gebräuntes Gesicht mit einer feinen Adlernase und leuchtende schwarze Augen.
    Unsere Blicke trafen sich, gerade als am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde. Ich senkte beim Sprechen die Stimme, hielt jedoch die Augen noch immer auf ihn gerichtet. Die Antwort auf meine Frage war höflich, aber bestimmt. Alle Zimmer waren besetzt, leider. Ich versuchte es bei einem zweiten, einem dritten Hotel, wählte schließlich die Nummer einer Pension, wo niemand abnahm. Ich sah auf die Uhr: gleich eins!
    Weitere Versuche lohnten sich nicht mehr, und außerdem war es jetzt ohne Bedeutung. Ich legte den Hörer auf, ging an meinen Tisch zurück. Ich mußte fast lachen. Im

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