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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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ruckartigen Bewegungen, als ob ihn eine innere Kraft aus dem Haus getrieben hätte. Sein Atem rasselte.
    Die Anwesenden standen schweigend; einige folgten mit leichten Körperbewegungen dem Rhythmus. Manuel erstarrte leicht. Er kniff die Augen zusammen; sein Blick nahm diesen abwesenden Ausdruck an, den ich bereits an ihm bemerkt hatte. Als ob die magische Besonderheit dieses Anblickes für ihn nichts Geheimnisvolles war, sondern etwas Vertrautes.
    Ich brauchte ihm nicht zu sagen, daß hier etwas vor sich ging. Er wußte es.
    In diesem Augenblick trat Anghelina aus dem Haus. Ihr Gesicht trug einen Ausdruck von Müdigkeit und Verklärung. Sie sah aus, als ob sie ihr Kleid zum Schlafen nicht ausgezogen hätte; es war naß unter den Armen und klebte an ihrem Rücken; an einem Strumpf hatte sie eine Laufmasche.
    Sie strich ihr Haar aus dem Gesicht, sah uns und kam rasch auf uns zu. Sie roch nach Schweiß und Weihrauch und nach dem Parfüm, das ich ihr mitgebracht hatte: »Paris« von Yves Saint-Laurent.
    »Ariana! Wo warst du denn? Wir haben euch überall gesucht. Ihr solltet doch bei uns übernachten.«
    »Martin wollte weg, er fühlte sich nicht gut«, sagte ich.
    Sie schlug nach einer Mücke auf ihrem Arm.
    »Oh! Doch hoffentlich nichts Schlimmes?«
    »Der Weihrauch bekam ihm nicht«, sagte ich aufs Geratewohl.
    Anghelina gähnte.
    »Ach, das kommt vor. Geht es ihm wieder besser?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    Anghelina reckte sich träge, bevor sie ihre Augen auf Manuel richtete.
    Bisher hatte sie so getan, als nähme sie keine Notiz von ihm. Jetzt musterte sie ihn unverhohlen, von den Schuhen bis zum Kopf. Ihr Blick war interessiert und abschätzend und dabei völlig neutral. Manuel lächelte sie an.
    »Ich heiße Manuel Vargas.«
    Sie lächelte auch. Ihre Ohrringe glitzerten.
    »Und ich Anghelina Vlachos. Willkommen zu unserem Fest!«
    Sie strich ganz unbefangen an ihrem Kleid herum.
    »Wir bringen gleich das Opfer. Die Tiere sind gerade gekommen.«
    Sie streckte den Arm aus. Erst jetzt bemerkten wir, daß neben dem Zaun ein Zicklein und ein Lamm gefesselt am Boden lagen. Das Zicklein schrie leise und kläglich. Daneben stand, an einem Pflock angebunden, ein etwa einjähriges Stierkalb, hellbraun, mit dunklen Flecken. Das Tier, mit Mohnblumen und Margeriten bekränzt, weidete friedlich das Frühlingsgras.
    Neben ihm saß ein kräftiger junger Mann mit krausem Haar. Anghelina winkte ihm fröhlich zu.
    »Das ist Androkles, der die Tiere schlachten wird.«
    Sie bemerkte ihre Laufmasche, befeuchtete sie mit Spucke und hob rasch wieder den Kopf.
    »Mittagessen gibt es bei uns. Du bleibst doch, Ariana? Und dein Freund selbstverständlich auch. Ihr lauft uns doch nicht schon wieder davon?«
    Ich schüttelte lächelnd den Kopf.
    »Nein, diesmal nicht.«
    Eine junge Frau wankte vorbei. Anghelina hielt sie am Arm fest, sprach leise zu ihr. Die Frau klappte die Augen auf. Anghelina schleppte sie die Treppe rauf ins Haus.
    »Es scheint ihr nicht viel auszumachen, daß du mit einem anderen da bist«, stellte Manuel fest.
    »Diese Leute sind wirklich ganz erstaunlich«, sagte ich.
    Er nickte.
    »Ja, ich weiß.«
    Wir gingen zu den Tieren. Manuel kniete nieder, neben dem kläglich blökenden Zicklein, und streichelte ihm die Stirn. Sein Gesicht war ausdruckslos. Androkles bot uns Zigaretten an: ein Zeichen griechischer Gastfreundschaft. Androkles gab uns Feuer und erzählte, daß er der Sohn des Metzgers Christos war. Sein Vater hatte ihm in diesem Jahr das Tieropfer anvertraut. Deswegen dürfe er weder tanzen noch auf dem Feuer laufen.
    »Der Archi-Anastenaris hat die Tiere am 18. Januar – am Fest des heiligen Athanase – gekauft. Wir haben sie erst gestern von der Weide geholt. Sie sind schön, nicht wahr?«
    Manuel nickte, die Zigarette im Mundwinkel. Er streichelte das Zicklein, dessen Beben allmählich nachließ. Androkles gähnte, streckte sich. Das Stierkalb weidete ruhig. Ein Luftzug bewegte die Blumen zwischen seinen kleinen Hörnern. Im Garten roch es nach Wachskerzen.
    Immer mehr Schaulustige trafen ein. Plötzlich klang der Trommelschlag lauter. Die Lyren zirpten und sangen, eine eigentümlich schwingende Melodie die ständig zu kreisen schien. Die drei Musiker zeigten sich an der Tür. Die Sonne funkelte auf ihren schwarzen Haaren. Hinter ihnen strömten die Tanzenden aus dem »Konaki«. Die Art, wie sich die Anastenariden bewegten, kam mir verändert vor. Der Rhythmus war schneller, nervöser.
    Ihre

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