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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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fahl, die Straßen ohne Schatten. Das weißflimmernde Licht löschte alle Farben.
    Selbst die Früchte und Gemüse auf den Märkten, die bunten Blumen hatten ihr Leuchten verloren. Alle Dinge hinter den Schaufenstern sahen wie mumifiziert aus, ohne Farbe oder Schatten. Die Boulevards glühten in der Sonne. Die Kastanien wurden schon hart, die Blätter waren gelb verbrannt.
    Große Reisebusse schoben sich an der Opera vorbei, kreisten um die Place de la Concorde. Das übliche Gefühl von Enge und Ersticken war gewichen, Paris war voller Touristen, eine Menge von beinahe unwirklicher Farbigkeit, die es nicht eilig hatte. Im Institut waren die meisten Kollegen im Urlaub. Ich holte viel Arbeit nach. Alain und ich aßen ein paarmal zusammen und sprachen vom Ätna. Dann fuhr er in die Bretagne. Die Musikschule war geschlossen; Eleni und Jorge machten in Kanada Ferien.
    Sie schickten mir eine Postkarte aus Toronto. Wenn ich aus dem Institut kam, ging ich eine Stunde schwimmen; das beruhigte und entspannte.
    Danach sah ich mir einen Film an. Das Denken machte mich müde, ich brauchte andere Orte, andere Welten. Die Kinos waren fast leer, die Polstersessel weich und die Dunkelheit kühl. Im violetten späten Abend, angestrahlt von theaterhaftem Licht, kam ich dann in meine Wohnung zurück, riß sofort alle Fenster auf, gab den Pflanzen Wasser. Auf dem Anrufbeantworter blinkte selten ein Signal. Ich hörte teilnahmslos das Band ab: keine dringende Botschaft, kein Gespräch, das nicht warten konnte.
    Carmilla fragte, wie es mir ging, warum ich nichts von mir hören ließ. Ich wußte schon im voraus, welches Thema sie anschneiden würde. Aber ich hatte ein schlechtes Gewissen und rief sie an.
    »Fährst du nicht in die Ferien?«
    »Ferien? Wie kommst du darauf? Ich habe keine Zeit und kein Geld, ich arbeite von morgens bis abends, bei dieser Hitze. Bis Ende August muß ich fünf Seidenfoulards in drei verschiedenen Farbmotiven für die Galeries Lafayette entwerfen. Wenn die zahlen, kann ich Ferien machen, bis dahin weiß ich nicht, wie ich zurechtkommen soll.«
    Sie redete überstürzt, mit ihrer gezierten Mädchenstimme, bis sie endlich auf den Kern der Sache zu sprechen kam.
    »Hast du eigentlich noch keine Nachricht von Giuseppe? Er sagte doch, daß er mir im Herbst etwas Geld schicken will…«
    Da hatten wir den springenden Punkt. Ich sagte: »Papa wird sich schon melden. Casa Monte wird ja bald umgebaut.«
    »Wann?«
    »Im Oktober, soviel ich weiß.«
    »Erst dann? Na endlich! Giuseppe kann froh sein.«
    Ihre Bemerkung weckte mich aus meiner Lethargie. Ich hatte an nichts Besonderes gedacht und war trotzdem betroffen. Woher kam dieses Gefühl?
    »Mir tut es leid«, sagte ich.
    »Das finde ich eigenartig«, antwortete Carmilla gereizt. »Ich verstehe deine Sympathie für das Haus nicht. Früher war es einmal rentabel, und vielleicht kann es das wieder werden. Aber diese Mühe!«
    »Ich denke an Nonna«, sagte ich gepreßt.
    »Was hat denn Giuseppes Mutter damit zu tun? Die liegt doch längst auf dem Friedhof.«
    Ein Schmerzgefühl zog durch meine Brust. Gewisse Geräusche, die nichts mit ihrer Stimme zu tun hatten, versammelten sich um mich herum.
    Eine Feder schien mir über den Nacken zu streifen. Ich sagte:
    »Du hast ein schlechtes Gedächtnis.«
    Carmillas Antwort kam rasch und etwas keuchend.
    »Was soll denn das jetzt schon wieder heißen?«
    Bei so großem zeitlichem Abstand entsann ich mich, daß sie damals wirklich hilflos und entsetzt gewesen war. Ich hatte eine Welt voller Schrecken und Herrlichkeit erlebt; sie nur die Angst, die sich nicht bannen ließ.
    »Das weißt du ganz genau, Carmilla.«
    Der Schock war zu heftig gewesen. Ihre Stimme wurde plötzlich schrill, mir war, als ob ich ihr Herzklopfen hörte.
    »Schluß damit, Ariana! Du verbrauchst mich. Du verbrauchst jeden.
    Früher hatte ich deswegen Alpträume. Oh Gott, die ganze Sache war nicht real!«
    »Was war nicht real, Carmilla?«
    »Ich fand diesen Ort von Anfang an scheußlich. Ich bin nur deinetwegen dageblieben. Warum redest du immer wieder davon?«
    »Du hast davon angefangen, nicht ich.«
    »Ich? Wie käme ich dazu? Du weißt doch, wie mich diese Geschichte aufregt.«
    »Dann lassen wir das Thema doch fallen.«
    »Um Himmelswillen, ja! Meine Nerven sind am Ende. Daß Giuseppe mir Geld schickt, ist mein einziger Trost. Ich hoffe nur, daß ich nicht mehr allzu lange darauf warten muß. Ich bin schon am Verhungern.«
    Ich hätte eigentlich

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