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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Montereale Celina kam. Hatte mein Vater womöglich recht? Träumte ich mitten im Tag, und sah man es mir an? Wenn ich mich selbst als Kind sah, fühlte ich mich stark, getrieben von einer inneren Lebensfülle und dem Bewußtsein meiner Kraft. Warum denke ich so oft an Nonna? Kommt es auf sie an? Ich empfand, als sei sie immer da. Nun spürte ich, daß die Vision mir entglitt; der schützende Geist Nonnas zog sich aus mir zurück, flackerte wie eine aufgebrauchte Batterie.
    Ein geheimes Uhrwerk hatte sich in Bewegung gesetzt; die Zeiger tickten.
    Mir bleibt nicht mehr viel Zeit, dachte ich, ohne daß ich für diesen Gedanken eine Erklärung fand. Zeit wozu? Meine eigenen Reaktionen erschienen mir seltsam. Etwas Unberechenbares war in mein Leben getreten, erschütterte meine Logik, untergrub meine Vernunft und rührte mich mächtig auf. Nüchtern betrachtet: Was wollte ich eigentlich in Casa Monte?
    Manuel und ich wechselten uns am Steuer ab. Er fuhr ebenso gut wie ich, nur weniger schnell, was beruhigend wirkte. Er begleitete mich mit seiner Stille, seiner ruhigen Stimme, dem Lächeln in seinen Augen. Oft fuhr er schweigend, eine halbe Stunde lang oder mehr. Dann legte ich den Kopf an seine Schulter und schlief. Ich spürte seine warme Aura, seinen ganz besonderen Duft, dauerhaft mit ihm verbunden. Die Autobahn flimmerte unter der ausklingenden Sommerhitze. Lastwagen und Pkws überholten uns, sogar das vorbeiziehende Zischen wirkte einschläfernd.
    Mittags aßen wir in Genf, am Seeufer; im Hintergrund die Kalksteinwand des Saleve, vor uns der höchste Springbrunnen der Welt, eine glitzernde Säule, ein aufwärts stürzender Wasserfall, schäumend und lichtdurchströmt. Ein ziemlich starker Wind wehte. Wir bestellten Fisch, in zuviel Butter gebacken. Der Weißwein prickelte und machte müde. Wir aßen Eis, um wach zu werden, bummelten unter rauschenden Platanen. Der See schlug Wellen wie ein kleines Meer. Unter den Gebäuden aus Granit, Metall und Marmor, gegenüber Schmuck- und Modeboutiquen, trockneten Fischer ihre Netze. Dann fuhren wir weiter, Lausanne und dem Rhônetal entgegen. Die Berge spiegelten sich veilchenfarbig im Wasser, die Weinberge glänzten sattgrün. Segelboote tauchten auf, wie große weiße Vögel. Winzerdörfer, rosa und ockergelb angestrichen, duckten sich um alte Kirchtürme. In den Gärten leuchteten blutrote Rosen, goldgelbe Sonnenblumen, Dahlien in orangeroten und violetten Schattierungen. Eine Bilderbuchlandschaft, unwirklich und wie gemalt.
    »Wie schön«, sagte Manuel. Er war nicht gegen das Kindlichsein gefeit, liebte starke, plakative Farben, ließ sich verzaubern, ohne sich täuschen zu lassen. Als wir durch das Rhônetal fuhren, stellte er plötzlich das Radio ab.
    »Kannst du singen?«
    Ich schüttelte amüsiert den Kopf.
    »Nein, überhaupt nicht!«
    »Dann will ich dir etwas vorsingen.«
    Er begann mit halblauter, weicher Stimme »La Malaguena« zu singen.
    »… eres linda y hechicera como el candor de una rosa.«
    Dann sang er ein anderes mexikanisches Volkslied, »La Zandunga«, und dann pfiff er die Melodie. Ich lachte; viele Dinge erschienen mir plötzlich leicht, quälende Gedanken verblaßten, bevor sie sich in meinem Kopf festsetzen konnten. Ich fragte mich, ob er es bewußt darauf abgesehen hatte. Er ließ mich eine große Unbefangenheit spüren und zugleich die Gelassenheit eines Menschen, der eine Vielfalt geistiger und seelischer Landschaften in sich vereint. Wer ihn nicht kannte, konnte ihn für oberflächlich und unkritisch halten. Es schien ihm zu leicht zu fallen, gewisse Dinge, die er nicht sehen wollte, zu ignorieren. Er selbst machte sich keine Gewissensbisse daraus; dem Himmelreich auf Erden mißtraute er, das Böse im Menschen – im kleinen oder großen Maßstab – nahm er als gegeben hin, ebenso wie das Gute. Er sah den Tod als etwas Vertrautes an und hütete sich vor abstrakten Begriffen. Im Aosta-Tal gab es einen Verkehrsunfall; in der prallen Abendsonne nahm uns ein Stau über eine Stunde lang gefangen. Müde und verschwitzt machten wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Die Reisesaison war vorbei; wir fanden schnell ein kleines Hotel, im Chalet-Stil, weißgetüncht und mit schwarzen Balken. Im Zimmer roch es nach Bohnerwachs, vor dem Fenster wehten die Gardinen, und die Berge lagen schon im Schatten. Wohltuende Ruhe war hier; wir nahmen eine Dusche, machten einen Spaziergang, um an die frische Luft zu kommen. Die Geschäfte waren schon zu, die

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