Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
Gefühl: als ob er meine Seele in seinen Händen hielt, wissend und voller Zärtlichkeit. Er holte meine Seele zu sich, wärmte sie mit seinem Atem, dem warmen Hauch, bevor er mich wieder mit mir vereinte. Und gleichzeitig, da er meine Seele neu gestaltete, schenkte er mir seine eigene Kraft. Er paßte seine Handflächen der Form meines Gesichts an, er hielt mich, bis er spürte, daß mein Herz in seinem Rhythmus zu schlagen begann, wie in der Liebe. Ein Austausch hatte stattgefunden, und eine Wandlung; in diesem Augenblick wurde es mir deutlich bewußt. Und ich spürte noch mehr: Er liebte die Dinge, mit denen er umging, liebte sie wie seinen eigenen Körper. Und alles, was er berührte, wurde von stillem Leben erfüllt.
    Schließlich hob er den Kopf, lächelnd.
    »Fertig!«
    Ich stand auf und trat zu ihm. Die Plastik hatte die Größe eines Kinderkopfes; ich betrachtete sie schweigend. Das Profil war schmal, die Wangen waren fast herzförmig oval. Die mandelförmigen Augen waren weit offen; ein schwebendes Lächeln lag auf dem Gesicht; in sich geschlossen und behütet, nur ganz zart angedeutet und geheimnisvoll. Und gleichzeitig strahlte das Antlitz mit den geblähten Nasenflügeln, dem zurückgewehten Haar eine seltsame Heftigkeit aus. Es war, als ob ich das Gesicht in den Wind hielt und gegen ihn ankämpfte, herausfordernd und mit zornigem Schwung. Ich stützte mich auf Manuels Schulter.
    »Das gefällt mir. Sehe ich wirklich so aus?«
    »Ich habe dich ein paarmal so gesehen«, erwiderte er.
    »Wann?«
    »Wenn wir uns lieben«, sagte er. »Oder wenn du auf dem Feuer gehst.
    Sonst wäre ich nicht darauf gekommen. Für gewöhnlich hast du einen anderen Ausdruck.«
    Ich wandte mich rasch zu ihm hin.
    »Welchen?«
    Er sah mich an. Seine Stimme war tief und weich.
    »Einen Ausdruck, der den Männern Lust macht, dich kennenzulernen.«
    »Das sind keine Dinge, über die ich nachdenke«, erwiderte ich. »Aber das sogenannte Anständigsein hat mir nie viel bedeutet«
    »Natürlich nicht. Und die Liebe hat ja viele Gesichter.«
    Ich umfaßte ihn; seine Schenkel und Hüften fühlten sich warm an und hart und so vertraut wie immer. Ich roch seinen Duft nach Apfelrinde.
    Seine tiefen, ruhigen Atemzüge kamen meinem Mund ganz nahe.
    »Ich bin froh, dir begegnet zu sein«, sagte ich. »Für mich hatte die Liebe immer nur ein Gesicht. Alle anderen waren Schatten. Ich nahm so ziemlich jeden Beliebigen, mir war das egal; vorausgesetzt, daß er ein Gummi nahm.
    Die Sache mit Martin war ein Irrtum gewesen. Ich dachte, er paßte zu mir, weil er sich für Vulkane interessierte.«
    Wir lachten beide. Dann küßten wir uns.
    »Ich hebe dich«, sagte er, nicht mehr lachend.
    Ich streckte die Hand aus, schüchtern fast, und streichelte seine Wange.
    »Mit dir habe ich zu hoffen begonnen, ich könnte vielleicht eines Tages ein anderes als das jetzige Leben führen. Ich glaube nicht, daß ich dazu unfähig wäre. Aber ich habe nie darauf gewartet.«
    »Ich weiß nicht, worauf du gewartet hast.«
    »Auf ihn«, sagte ich leise. »Immer nur auf ihn. Unaufhörlich.«
    »Man wartet immer auf etwas«, entgegnete er heiter. »Ich habe bloß auf mich gewartet. Und irgendwann wurde mir die Wartezeit zu lang.«
    Ich lächelte flüchtig.
    »Hast du dich endlich gefunden?«
    »Nein, verloren. Im Labyrinth, du weißt schon. Wirf mir ja keinen Faden zu!«
    Er räumte den Rest der Tonmasse weg, löste die Krümel von dem Brett.
    Der Anblick meines Gesichts auf dem Tisch löste in mir ein ganz eigentümliches Gefühl aus: als ob Kopf und Körper, voneinander getrennt, ein eigenständiges Leben begannen.
    »Ich lasse die Figur an der Luft trocknen«, sagte Manuel. »Das wird etwas länger dauern.«
    Er nahm das Brett mit der Plastik und stellte es auf eines der Regale im Nebenzimmer. Dann knipste er das Licht aus; mein Gesicht verschwand im Dunkeln. Er schloß die Tür, und ich sagte:
    »Hältst du mich jetzt hier gefangen?«
    Er schaute mich mit einem Augenzwinkern an.
    »Nur den Teil von dir, der mir gehört.«
    »Und was gibst du mir dafür?«
    »Mich selbst. Ist das ein fairer Tausch?«
    »Ich muß wohl damit zufrieden sein.«
    Er kam zu mir, und ich legte die Arme um ihn. Er schmiegte seine Wange an meine. Schweigend umarmten wir uns, bewegt und beglückt von dieser Wärme um das Herz, von dieser Gewißheit, daß wir einander zu beschützen und zu trösten suchten. Ein paar Sekunden genügten; wir trennten uns fast im selben Augenblick. Ich wartete

Weitere Kostenlose Bücher