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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Straßen still, von den Wäldern stieg Frische auf. Später aßen wir in einem Kellerlokal, wo es nach Minestrone und Braten duftete. Die Menschen hier, ihre Art zu reden, sich zu bewegen, der Geschmack der Pasta, die Farben und Gerüche waren mir vertraut. Doch Melancholie kam nicht auf; Manuel lächelte mich im Kerzenschein an, spielte mit meiner Hand, erzählte mir komische kleine Geschichten. Von Casa Monte sprachen wir kein Wort. Noch später, in unserem Zimmer, liebten wir uns; Manuel kannte mich besser als ich mich selbst. Er wußte, daß ich müde und traurig war, daß mich Dinge beschäftigten, von denen ich nicht sprach. Er störte mich weder mit Fragen noch mit Gefühlsäußerungen, sondern hielt mich in den Armen und streichelte mich. Er küßte mich erst verhalten, dann immer heftiger, bis mein Körper ihn suchte, sich öffnete und ihn aufnahm. Wir fühlten nur die Freude, die Leichtigkeit der Liebe, lachten leise und ausgelassen über das quietschende Bett. Und als ich entspannt und glücklich erschöpft neben ihm lag, spürte ich auch dann noch diese Leichtigkeit, die etwas mit der Kindheit zu tun hatte. Eingefangen in derselben Unbeschwertheit, küßte mich Manuel auf die Nasenspitze, spielerisch wie ein kleiner Junge; ich verbarg lachend das Gesicht an seiner Schulter und schlief sofort ein. Am nächsten Morgen weckte mich die Sonne; das Licht drang durch die Gardinen, machte das weiße Gewebe durchsichtig. Manuel schlief noch; er lag auf dem Bauch, die Arme ausgebreitet; ich betrachtete seinen schlanken Rücken, die wohlgeformten Schultern, mit einem neuen Gefühl der Zärtlichkeit, des Entzückens. Während ich ihn ansah, wachte er auf. Er rollte sich auf die Seite, wandte mir das Gesicht zu und lächelte mich an.
    Ich stützte mich auf den Ellbogen. Er strich mein Haar aus der Stirn und sagte zärtlich:
    »Du hast gut geschlafen.«
    Ich erwiderte sein Lächeln.
    »Ja, das stimmt.«
    Er streckte sich, sank mit einem zufriedenen Seufzer in sich zusammen und setzte sich hoch.
    »Wann sind wir in Montereale Celina?«
    Ich nahm meine Uhr, die auf dem Nachttisch lag, und legte das Armband um.
    »Wenn wir bald losfahren, am Nachmittag.«
    Von einer Autobahn-Raststätte rief ich bei Lina an. Ich verschwieg ihr, daß ich im Mai in Montereale Celina gewesen war; sie hätte nicht verstanden, daß ich sie nicht aufgesucht hatte. Ihre Stimme hörte sich jugendlich an, nicht anders als früher. Mein Vater hatte ihr bereits mitgeteilt, warum ich kam. Lina war einverstanden, die Möbel zu sich zu nehmen. Der »Inglese« sei zweimal dagewesen, erzählte Lina. Bei seinem letzten Besuch war er mit dem Architekten und dem Meister gekommen.
    Ich spürte einen Stich im Herzen.
    »Waren sie ganz allein im Haus?«
    »Ma che credi, ich war immer dabei!« In Linas Stimme schwang Entrüstung mit. »Ich lasse doch keine fremden Leute herein!«
    Daß dieser »Inglese« jetzt der rechtmäßige Besitzer war, hatte Lina offenbar nicht begriffen. Kein Wunder, mir ging es ähnlich. Ich lächelte mißmutig und sagte dann:
    »Lina, siamo due – Wir sind zu zweit.«
    »Buen«, antwortete sie gelassen, »ich werde das Letto matrimoniale beziehen.«
    »Nein«, sagte ich, »ich möchte in Nonnas Zimmer schlafen.«
    »Aber das Bett ist nur für eine Person gemacht«, gab Lina sachlich zu bedenken.
    »Fa nientel.«
    Ich hörte, wie sie nachsichtig lachte.
    »Giovinezza – die Jugend!«
    Sie versprach, uns etwas zu Essen zu machen. Und sie würde auch nachsehen, ob alle Sicherungen funktionierten.
    Milano. Bergamo. Brescia. Die vertrauten Namen, die vertraute Strecke.
    Ich fuhr, besser gesagt: Ich raste, den Blick auf den glitzernden Asphalt der Fahrbahn gerichtet, den die Reifen unter sich wegfraßen. Manuel schwieg.
    Merkte er, daß ich mich mit jedem Atemzug weiter von ihm entfernte? Ja, natürlich, er spürte diese Dinge, deswegen war er so still. Irgend etwas in ihm, ein sechster Sinn, mochte erwacht sein. Er beobachtete ruhig, doch wachsam, wie ich ihm entglitt, einen weiten Hang hinunter, schneller und schneller, bis auf den Grund meiner selbst. Dort sah ich Bilder, die ich einer gründlichen Prüfung unterzog, weil ich zwischen Tagträumen und Wirklichkeit einen klaren Strich ziehen wollte. Aber nüchtern zu sein war eine große Anstrengung. Und irgendwo gab es da eine Gegebenheit oder ein Wunder, das wieder aufleben konnte.
    Jederzeit.
    Verona lag hinter uns. Wir fuhren durch die lombardische Ebene mit ihren weichen Hügeln,

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