Feuerfrau
Schlimmeres erlebt.
»Also«, sagte Martin, »ihr scheint euch ja vollkommen zu verstehen, ihr beiden.«
Er betrachtete mich aus glasklaren Augen, die so offen blickten und voller Heimtücke waren.
»Offenbar hat er so allerhand erreicht, seitdem er bei dir ist. Ich meine das natürlich nicht beleidigend.«
Er griff nach der Flasche und füllte sein Glas. Ich verlor allmählich die Geduld.
»Hör auf, Martin. Du siehst betrunken aus.«
»Ich bin nicht betrunken. Ich vertrage eine ganze Menge.«
»Trink nicht mehr«, sagte ich. »Oder ich werde ungemütlich.«
»Okay, Darling, ich will dich nicht wütend machen!«
Er goß die letzten Tropfen in sein Glas, bevor er sich verdrossen an Manuel wandte.
»Sehen Sie, Ariana und ich standen uns ziemlich nahe, bis diese Geschichte in Griechenland passierte. Mir wurde gesagt, das sei ihre Spezialität. Sie nimmt sich einen Kerl nach dem anderen. Im Institut weiß das jeder.«
»Martin!« rief ich warnend.
Doch es war schon zu spät. Die Maschine war im Gang, man konnte sie nicht mehr stoppen.
»Jetzt glauben Sie vielleicht, daß Sie die Dinge in der Hand haben, hängen hier auf Kosten des CNRS herum. Das ist natürlich sehr praktisch.
Warum sind Sie eigentlich mitgekommen?«
»Aus Neugierde, schätze ich.«
Manuel hatte diesen fernen, stolzen Indianerblick, der ihn unzugänglich machte. Martin konnte den Schatten der Kränkung in seinen Augen nicht erkennen, was ihn veranlaßte, noch gröber zu werden.
»Ich würde gern mal wissen, was Sie im Leben so treiben. Haben Sie eigentlich einen vernünftigen Beruf?«
»Ich lebe, das gibt mir genug zu tun.«
Martin lachte überhaupt nicht.
»Ich glaube, Sie machen sich über die Leute lustig. Sie sind der süffisanteste Typ, der mir je begegnet ist. Noch schlimmer als dieser Zirkushengst, Ariana weiß schon, wen ich meine. Hat sie eigentlich immer noch eine Vorliebe für Zigeuner?«
In Manuels Augen tanzte ein unergründlicher Funke.
»Nun, sehen Sie, vielleicht teile ich diese Vorliebe, so nach und nach.«
Martin starrte ihn an.
»Wie soll ich das verstehen?«
»Da gibt es nichts zu verstehen.«
»Wollen Sie nicht bald aufhören, den grinsenden Idioten zu spielen?«
»Ich kann meine Natur nicht ändern.«
Martins Kiefermuskeln krampften sich zusammen.
»Wissen Sie was? Ich habe schon lange die größte Lust, Ihnen eine zu verpassen. Ich hatte nur noch keine Gelegenheit dazu.«
Manuels Gesicht blieb ausdruckslos. Seine weiche Stimme stieg zu einer leicht vibrierenden Resonanz an; das war alles.
»Wir in Mexiko sagen: Man schlägt kein Kind, weil es hilflos ist, und keinen Erwachsenen, weil er zurückschlagen könnte.«
»Aber, aber!« mischte sich Alain ein. »Ihr wollt doch nicht auch noch Feuer spucken?«
Ich streifte ihn mit einem vernichtenden Blick.
»Dein Wortspiel verschafft dir wohl Genugtuung?«
Der Wein, den ich getrunken hatte, kreiste in meinem ganzen Körper.
Ich schob meinen Stuhl zurück.
»Du tust mir leid«, sagte ich zu Martin.
Manuel griff nach seiner Windjacke. »Gehen wir an die frische Luft«, sagte er. Draußen war es eiskalt. Die Luft stach uns in den Nasenlöchern.
Der Himmel flimmerte von Sternen. Die Glut aus der Eruptionsspalte flackerte über die finstere Bergflanke. Kam ein stärkerer Magmastoß, flog ein roter Strahl durch die Luft. Das Scheppern der Lava war deutlich zu hören.
»So geht das nicht weiter«, sagte ich. »Ich will, daß das aufhört.«
Manuel lächelte kaum merklich.
»Eifersucht ist eine brenzlige Sache, weil man Dinge sagt, die man später bereut. Jeder hat seine eigene Art zu leiden. Zugegeben, daß mir die seine auf den Wecker geht.«
Ich fühlte Schwindel und kämpfte gegen Brechreiz an. »Er hat sich dir gegenüber abscheulich benommen.«
»Ich nehme an, daß meine Eitelkeit verletzt wurde.« Ich wollte antworten, und plötzlich drehte sich alles um mich. Und auch mein Magen drehte sich um, während mir am Leib kalter Schweiß ausbrach. Mein Puls raste, und in meinen Ohren rauschten Wasserfälle.
»Was hast du?« fragte Manuel erschrocken. »Ist dir nicht gut?« Er hielt meine Stirn und strich mir das Haar zurück, während ich mir fast das Herz aus dem Leib erbrach. Ich keuchte und erschauerte, meine Zähne klapperten, und aus meinen Augen tropften Tränen. Endlich kam ich wieder zu Atem, konnte sprechen. Ich sagte:
»Es tut mir leid. Irgendwas war nicht gut an dem Essen…«
»Komm«, sagte er besorgt, »du mußt dich hinlegen.« Er
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