Feuerfrau
Bettrand.«
Eleni ließ das rauhe, kräftige Lachen hören, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte und sowenig zu ihrer Zartheit paßte.
»Du warst doch immer dagegen, einen Mann in deine Wohnung zu nehmen.«
»Immerhin kocht er für mich. Er macht gute Steaks.«
»Die kannst du auch im Restaurant haben.«
»Es war ein Fehler, das sehe ich jetzt ein.«
»Ist er eifersüchtig?«
»Und wie.«
»Mein Gott«, seufzte Eleni, »da wird er noch Überraschungen erleben!«
Wir tauschten einen bedeutsamen Blick und lachten. Jeder trägt ein Stück seiner Kindheit mit sich herum: Damals, als Schülerinnen, hatten wir auch so gelacht, grundlos zumeist oder aus Nervosität oder weil wir erschüttert waren.
Eleni war Gitarristin und ein halbes Jahr jünger als ich. Man hatte ihre Begabung entdeckt, als sie fünf war, und sorgfältig gefördert. Schon in Sainte Agathe mußte sie bei jeder Schulfeier auf die Bühne. Später hatte sie an der Musikhochschule studiert, mit bedeutenden Orchestern gespielt und Solokonzerte gegeben. Vor drei Jahren hatte sie Jorge Esposito geheiratet, einen spanischen Musiker und Komponisten. Seitdem traten beide im Duett auf, machten Rundfunk- und Fernsehaufnahmen, unternahmen Konzerttourneen und lebten ganz gut davon.
Wer Eleni zum erstenmal sah, kann sie ebensowenig beurteilen wie Martin, der sie kürzlich kennengelernt hatte. Auf den ersten Blick, sagte Martin, sieht sie bezaubernd aus, womit er recht hatte. Anmut strahlte aus den klaren Zügen ihres Gesichtes, aus den fließenden Bewegungen ihrer Arme und Hände. Sie war goldblond, hellhäutig, schmal und graziös. Auf den zweiten Blick, meinte Martin, ist sie ichbezogen. Und da irrte er sich so weit, wie es einen Unterschied zwischen Ichbezogenheit und Verträumtheit gibt. Wer sie wirklich kannte, würde vielleicht etwas anderes sagen, vielleicht so etwas wie Jorge Esposito eines Tages mir anvertraute, kurz nachdem er – als Zwanzigjähriger – sich in Eleni verliebt hatte:
»Unter uns gesagt, Ariana, ich weiß nicht, ob sie wirklich in dieser Welt lebt. Sie ist gut, weil sie das Gute liebt und sich immer danach sehnt. Sie versucht, aus Träumen Wirklichkeit zu machen. Immer wird sie geliebt werden, sie braucht nur zu rufen. Aber sie selbst wird immer nur die Musik lieben. Und in allem, was wir zusammen machen, sehe ich ein Wunder.«
So hatte Jorge damals über sie gesprochen, und so empfand ich es auch.
Wenn Eleni sich über ihr Instrument beugte und ihre zarten Finger mit verblüffender Stärke über die Saiten tanzten, glich sie einem Geschöpf aus einem Bilderbuch, einer Fee, einer Nixe aus grünen Gewässern. Sie zog sogar Kinder in ihren Bann, Kinder, die in einem Konzertsaal nie lange stillsitzen können.
Sophie Avril – Elenis Mutter – hatte dafür gesorgt, daß ihre Tochter von den besten Lehrern unterrichtet wurde. Als Eleni mit dreizehn ihre ersten Konzerte gab, brachte Sophie ihr bei, wie man sich kleidet und auftritt.
Eleni spielte Albeniz, Segovia, Castelnuovo-Tedesco. Sophie ließ für sie üppige Röcke aus Taft anfertigen, deren schillernde Farben bei jeder Bewegung im wechselnden Faltenspiel glänzten. Dazu enge schwarze Samtmieder oder bauschige Flügelärmel. In den Ohren und um den Hals trug Eleni Schmuck aus kleinen Rubinen oder Brillanten. Eine Gürtelschärpe aus schwerer Seide, rote Lippen und eine Rose im Chignon verwandelten die spröde Halbwüchsige in eine klassische spanische Schönheit, wie einem Gemälde von Velázquez entstiegen.
Sophie Avril – die eigentlich Sofia Vlachos hieß – war als Siebzehnjährige aus ihrem makedonischen Bauerndorf zu Verwandten nach Frankreich gekommen. Sie sollte sich Geld für eine Aussteuer verdienen und einen entfernten Vetter heiraten. Doch es kam anders: In einem Hotel, wo sie als Zimmermädchen arbeitete, lernte sie den Schauspieler Sacha Marconi kennen. Von ihrem eigenwilligen Charme entzückt, machte er sie zu seiner Frau und zu seiner bevorzugten Filmpartnerin. Er brachte ihr tadellose Manieren, einen raffinierten Kleidergeschmack und einen perfekten Umgangston bei. Da sie klug war, lernte sie schnell. Unter dem Namen Sophie Avril drehte sie mit ihrem Mann eine Reihe Filme, vorwiegend historische Lustspiele mit extravaganter Ausstattung, wie sie in den siebziger Jahren beliebt waren. Als Sacha an Krebs erkrankte, pflegte sie ihn bis zu seinem Tod. Darauf verließ sie den Film und wechselte zur Bühne über. Sie konnte sich gut umstellen und spielte mit
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