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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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die ich mit ihm nicht rede. Man bekommt allmählich ein Gefühl dafür, wann man offen sein kann und wann nicht. Martin will immer, daß ich offen bin. Aber ich glaube, er könnte die Wahrheit nicht ertragen.«
    Eleni befühlte die Kanne, ob sie noch heiß war, und schenkte uns frischen Kaffee ein.
    »Du hast dein Leben gelebt, bevor er auf der Bildfläche erschien, das müßte er doch einsehen.«
    »Soviel weiß ich von ihm: Er ist einer, der andere zu verstehen versucht, um sie besser zu beherrschen.«
    »Das würde ich nicht aushaken«, sagte Eleni.
    Ich zuckte die Achseln.
    »Laß nur, irgendwie muß ich ja die Zeit totschlagen. Und es ist manchmal ganz lustig mit ihm. Wenn er nur stärker wäre, als er ist, um mir wenigstens ebenbürtig zu sein.«
    Eleni lachte stoßweise.
    »Ich sehe schon, da ist nichts zu machen.«
    »Manchmal hat man keinen Vergleich«, sagte ich. »Dann schnappt man sich irgendeinen Kerl und geht mit ihm ins Bett. In Gefühlsdingen hält man mich oft für oberflächlich und kalt, genaugenommen für unfähig, tiefer zu empfinden. Aber das stimmt nicht. Die Wahrheit ist, daß Amadeo gewisse Maßstäbe gesetzt hat für das, was ich von einem Mann erwarte. Und solange ich keinen solchen finde…«
    »Und wenn du ihn finden würdest?«
    Kurze Stille. Ich nahm einen Schluck Kaffee.
    »Willst du eine Antwort?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das kannst du dir sparen. Ich weiß doch, was du sagen wirst.«
    »Ja.«
    Abermals Stille. Schließlich brach ich das Schweigen.
    »Kommst du mit Jorge in die Vorstellung?«
    »O ja, gern!« rief Eleni und wurde ein bißchen rot. »Ich möchte ihn mit Amadeo bekanntmachen. Jorge sagt, daß ein Mensch, der die Tiere liebt, einen inneren Klang in sich trägt, eine Harmonie, die selbst die Tiere wahrnehmen.«
    Es war eine Bemerkung, zu der nur ein Künstler fähig war, der seinesgleichen verstand. Ich lächelte, doch mein Herz wurde schwer. Für Eleni bestätigte jedes Wort, jeder Blick ihre unendliche Liebe zu Jorge.
    »Amadeo kann Idioten nicht ausstehen«, sagte ich, »deshalb wird er Jorge mögen.«
    »Und Martin?«
    »Ich sorge dafür, daß er mich in Ruhe läßt. Man soll Krach vermeiden, wenn man kann. Und mit Martin könnte es ziemlich heiß werden.«
    Eleni ließ das rauhe Lachen ihrer Mutter hören. Sie trug einen weißen Pullover, weiße Hosen und eine kleine Korallenkette um den Hals. Das Sonnenlicht beleuchtete ihr Gesicht. Sie sah erstaunlich jung und gleichsam alterslos aus. Selbst mit vierzig, dachte ich, wird sie kaum anders sein als heute.
    »Du und ich, wir sind gerne dort, wo es heiß ist. Du weißt doch, es liegt uns im Blut.«
    Lola erkannte mich sofort, als ich anrief. Ich hatte es nicht anders erwartet. Ich brauchte nur ihre singende Stimme zu hören, und sofort umfingen mich die Erinnerungen, hüllten mich ein wie in einen Mantel.
    »Pitchounette! Jetzt gerade habe ich an dich gedacht! Ich wußte doch, daß du anrufen würdest. Wie geht es dir?«
    »Danke, gut. Und dir? Was machen deine Rheumaschmerzen?«
    »Nicht schlimm, aber beschissen. Regenwetter ist Gift für mich.« Lola hustete in den Hörer. »Bin froh, wenn wir wieder in den Süden ziehen.«
    Lola war vor siebzig Jahren in Marseille geboren und gehörte zum Stamm der Manouche. Ihr ganzes Leben hatte sie beim Zirkus verbracht.
    Mit dreizehn hatte sie am Flugtrapez begonnen, bei Medrano. Später war sie bei Pinder gewesen. Im Laufe ihrer Karriere hatte sie sich mehrmals die Knochen gebrochen. Als sie selbst nicht mehr auftreten konnte, hatte sie junge Akrobaten trainiert. Seit etlichen Jahren verwaltete sie bei Amadeo die Kasse und kümmerte sich um den Vorverkauf.
    »Und die anderen?« erkundigte ich mich. »Alle gesund?«
    »Lukas ist gestorben.«
    Ich war betroffen. Lukas, den Zwerg, der die Programme verteilte, hatte ich gleich in mein Herz geschlossen. Er war nicht größer als ein Zwölfjähriger gewesen, mit einem Gesicht, vornehm und wissend, und Augen, so blau wie Kornblumen.
    »Woran ist er gestorben, Lola?«
    »An Kehlkopfkrebs. Am Ende konnte er kein Wort mehr sagen, nur Zeichen machen oder etwas auf ein Papier kritzeln. In Toulouse mußten wir ihn ins Krankenhaus bringen. Am Abend der Premiere holten wir ihn: Er war nur noch Haut und Knochen. Amadeo trug ihn, ganz in Decken eingewickelt, wie ein Kind. Wir setzten Lukas in einen Sessel, am Rand der Manege. Er starb, als Amadeo auf Pinto durch den Ring sprang. Genau in diesem Augenblick…«
    Ich schluckte

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