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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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wir uns an, ohne ein Wort, ich spürte den Strom von Neugierde, von Zorn, der von ihr zu der lief, die sich hier hineingedrängt hatte; eine, die vor ihr dagewesen war. Ihre Gefühle waren ohne Zweifel sehr heftig. Sie tat mir leid, aber ich konnte diese Dinge nicht ändern. Sie führte nur einen Scheinkampf mit mir; in Wirklichkeit wußte sie gar nicht, um was es sich handelte. Kalt sah sie mich an. Ich beachtete sie nicht mehr.
    Inzwischen stellte Lola Gläser auf den Tisch und füllte sie, indem sie den Wein aus einem kleinen Fäßchen abzapfte. Die Hindus tranken nicht.
    In einem kupfernen Samowar sang kochendes Wasser. Brahim hatte schwarzen, stark gesüßten Tee für sie gekocht. Lola stellte Brot auf den Tisch. Ich hörte das vertraute Klicken, als Amadeo sein Messer springen ließ. Martin starrte fasziniert auf die lange, dünne Klinge, auf Amadeos kräftige Hände, die das Brot in Scheiben schnitten. Sie war an einer merkwürdig geflochtenen Schnur befestigt. Amadeo bemerkte seinen Blick.
    Er sprach, die Zigarette im Mundwinkel.
    »Wir wollen jetzt piave le mole und créave le maro. Das bedeutet in der Romanosprache: Wein trinken und Brot essen. Mit anderen Worten: Freundschaft schließen. Jedenfalls wollen wir es mal versuchen, aber auch der Fuchs denkt nicht an alles«, setzte er gleichmütig hinzu, indem er mit blitzschneller Bewegung das Messer wieder einsteckte. Er schob Martin das angeschnittene Brot hin und hob mir sein Glas entgegen. Ich erwiderte die Geste und lächelte; es war wie früher: nein, nicht ganz, aber das spielte keine Rolle. Wir tranken. Ich fand den Geschmack von damals wieder, diesen warmen Geschmack der sonnengereiften Trauben, wie flüssige Sonnenglut.
    Martin nahm auch einen Schluck und blinzelte überrascht.
    »Herrgott! Ist der Wein stark!«
    Amadeo nickte.
    »Wir trinken nur den besten. Einige unserer Leute arbeiten als Saisonarbeiter im Weinbau. Wir sagen, der Wein ist das Blut der Rebe.
    Aber die Arbeit im Zirkus ist hart, und der Kopf muß klar sein. Wir heben ihn für besondere Anlässe auf. Und heute ist ein besonderer Anlaß.«
    Ich hörte zu, wie er sprach, unwiderstehlich in seiner Art, sah, wie er die Arme und Hände bewegte, mit dieser gewissen Theatralik, von der man nie wußte, ob sie aus spontanem Empfinden heraus kam oder aus wohlberechneter Affektiertheit. Aber es war, als wenn die Schatten einer Flamme sich rührten. Inzwischen war das Essen bereit. Brahim brachte einige Schüsseln mit dampfendem, in Hammelfett gesottenem Reis. Dazu gab es verschiedene Gemüse und Fleischklößchen in einer scharfen, roten Sauce. Der Reis hatte durch Gewürzmischungen verschiedene Farben angenommen: rosa, violett, grün.
    »Das ist ein Palao, das traditionelle Gericht der afghanischen Nomaden«, erklärte Amadeo. »Er wird mit den Händen gegessen.«
    »Mit den Händen?« Die argwöhnische Frage kam von Martin.
    Amadeo zeigte die weißen Zähne. Er tauchte die Finger in den heißen, fetten Reis, knetete ihn, rollte ihn zu einer Kugel zusammen und steckte sie in den Mund. Lola lachte wie ein Wasserfall.
    »Amadeo, verlang nicht zuviel von unseren Gästen. Wir haben auch noch Löffel vorrätig!«
    Sie holte ein paar Löffel aus einer Schublade und verteilte sie. Martin griff nach einem Löffel, während Eleni und Jorge sich an die afghanische Sitte hielten. Brahim stellte dünnes Fladenbrot auf den Tisch, das in Stücke gerissen und um das Fleisch gewickelt wurde. Die Inder tranken ihren Tee langsam und schlürfend, weil er ihnen so am besten schmeckte. Wassilio aß langsam und wenig. Das scharfkantige Gesicht über seinen Teller gebeugt, schien er wie in sich selbst versunken. Alle anderen schlangen mit Heißhunger, zuerst schweigend oder einsilbig und mit jener Achtlosigkeit gegenüber Tischsitten, wie sich das Menschen angewöhnen, die in enger Gemeinschaft leben. Esmeralda gab ihrem Kind die Brust und aß dabei gelassen und mit Appetit. Ihre schmalen Hände formten geschickt kleine Reiskugeln, zerbrachen das Fladenbrot. Coralie entfernte mit dem roten Fingernagel ein Stückchen Speise, das zwischen den Zähnen hängengeblieben war, und rauchte eine Zigarette nach Art der Romanos: Sie steckte sie nicht in den Mund, sondern klemmte sie zwischen Handfläche und kleinem Finger fest, wobei die übrigen Finger eine Röhre formten, durch die sie den Rauch inhalierte. Zu mir hatte sie noch kein Wort gesagt. Martin und Amadeo sprachen über Pferde.
    »Um die Pferde wirklich zu

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