Feuergipfel
zurück.
»Sagen Sie das lieber den Soldaten.«
»Sie hatten kein Recht, Leopard mit dem Lasso einzufangen, ihn auf den Boden zu werfen und ihm die Augen zu verbinden, so daß ...«
»... er nicht den Reiter töten konnte, den er in den Schmutz katapultiert hatte«, beendete Hunter den Satz kalt. »Wahrscheinlich das einzig Kluge, was jener Dummkopf von Hauptmann je getan hat.«
Damit wandte er sich von dem Hengst ab und blickte Elyssa an. Sie stand vor ihm, von silbrigem Mondlicht und Wind umspielt, während sich ihre duftigen Röcke wie eine erdgebundene Wolke um sie bauschten. Selbst in dem trüben Licht war die grimmige, ungeduldige Linie um ihren Mund deutlich zu erkennen.
»Auf jeden Fall«, fuhr er schroff fort, »hat die Armee jedes Recht, alle geeigneten Pferde zu beschlagnahmen, ganz gleich, um wessen Lieblingstier es sich handeln mag. Die Pajute haben Überfälle entlang der ganzen Strecke nach Oregon verübt.«
»Oder aber es war der Culpepper-Abschaum, als Indianer verkleidet, der die Trecks überfallen hat.«
»Wie auch immer, die Armee hat alle Hände voll damit zu tun, die Sache unter Kontrolle zu bringen.«
»Wir haben hier keine Schwierigkeiten mit Indianern gehabt«, erklärte Elyssa.
»Noch nicht.«
Hunters Gewißheit ärgerte Elyssa. Impulsiv stieß sie sich von dem Koppelzaun ab und stellte den Fremden, den sie gerade als Vorarbeiter der Ladder S eingestellt hatte, zur Rede.
»Ich bin überrascht zu hören, wie energisch Sie Partei für die Armee der Nordstaaten ergreifen«, sagte sie scharf.
»Warum?«
»Vor nicht allzu langer Zeit war sie noch Ihr Feind. Oder«, fügte sie hitzig hinzu, »haben Sie diesen Überzieher hinter Ihrem Sattel von einem Offizier der Konföderierten Armee, den sein Glück im Stich gelassen hat?«
»Ich stehle nicht von Toten.«
Hunters Stimme klang ruhig und beherrscht, doch der stählerne, gefährliche Unterton, der darin mitschwang, war nicht zu überhören.
»Das habe ich nicht damit gemeint«, erklärte sie.
»Was haben Sie dann gemeint!«
Es war keine Frage, sondern eine Forderung.
»Daß Sie den Überzieher gekauft haben«, erwiderte sie. »So wie Mutter und Vater den Siedlern auf ihrem Weg in den Westen Möbel und Farmtiere abgekauft haben.«
Hunter blickte sie nur schweigend an.
»Es wird häufig so gehandhabt«, fuhr sie fort. »Die meisten Leute, die in den Westen ziehen, können einfach nicht glauben, was sie in Nevada erwarten wird. Meine Verwandten in England dachten, ich schwindelte ihnen etwas vor, als ich von Flüssen erzählte, die lange ausgetrocknet sind, bevor sie das Meer erreichen, und von Seen, die jeden Sommer zu Salzlaken verdunsten.«
Schließlich nickte Hunter knapp und akzeptierte ihre Erklärung, daß sie ihn nicht der Leichenfledderei bezichtigen wollte.
Dennoch kostete es ihn gewaltige Anstrengung, nicht die Wut zu zeigen, die in ihm aufgestiegen war, als sie ihn scheinbar nicht besser als die Krähen und Aasfresser einschätzte, die nach einer Schlacht herbeiströmen, um sich über die Toten herzumachen.
Wie die Culpeppers, dachte er, die heimtückischer als Schlangen und doppelt so niedere Kreaturen sind.
Kaum noch menschlich zu nennen.
Nein. Nicht einmal mehr das. Die Personifizierung des Übels und korrupt bis ins Innerste ihrer schwarzen Seelen.
Welche andere Art von Geschöpf wäre imstande, das zu tun, was sie hilflosen Frauen antun, um dann ihre völlig verängstigten Kinder um den Preis eines eleganten Rüschenhemds an die Comancheros zu verkaufen?
Hunter wußte keine Antwort auf seine stumme Frage.
Er hatte sich dieselbe Frage wieder und wieder gestellt und vergeblich nach einer Antwort gesucht seit dem Augenblick, als er, aus dem Krieg heimgekehrt, entdecken mußte, daß alles, wofür er gekämpft hatte, von rebellischen Banditen vergewaltigt, ermordet und unwiederbringlich vernichtet worden war.
Von Männern wie den Culpeppers.
Südstaatler, genau wie Hunter. Das war das Schlimmste daran. Verrat über Verrat.
Langsam und geräuschlos stieß Hunter den angehaltenen Atem aus. Einen derart ohnmächtigen, alles verzehrenden Haß hatte er nicht mehr verspürt, seit ihm das Schicksal seiner Kinder mitgeteilt wurde. Aber darüber nachzugrübeln, würde ihm nichts nützen. Es hinderte ihn nur daran, das zu tun, was getan werden mußte.
Die Culpeppers vor ein Gericht zu schleifen.
Tot oder lebendig.
Er durfte nicht zulassen, daß ihn irgend etwas von seinem Vorhaben abbrachte. Nichts und niemand
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