Feuerherz
weit laufen, da rollten auf einmal zwei kämpfende Drachen vor unsere Füße. Wo war der dritte? Ein grüner Drache hatte den blauen zu Boden gerungen und öffnete sein riesiges Maul, um Ilian in die Kehle zu beißen. Ich schrie und André hob seine Waffe. Es gab einen Trommelfell zerreißenden Knall und der grüne Drache kippte zur Seite weg. André hatte ihm direkt in den offenen Mund geschossen. Präzise und tödlich.
»Wo ist der andere?«, knurrte er und hielt mich fest. »Bleib hier Lissy, er wartet vermutlich auf dich.«
»Ich muss zu Ilian!«, schrie ich unter Tränen. Conny und Leon kamen André zu Hilfe und hielten mich fest. Beruhigt stellte ich fest, dass Ilian sich aufrappelte. Ein klagender Laut kam aus seinem Maul, als er sich auf die Füße stellte. Seine Flügel begannen zu schlagen und er hob ab. Wo wollte er hin?
»Er weiß vermutlich, wo der andere ist«, sagte André und folgte dem im Mondlicht blau schimmernden Drachen mit den Augen. Es dauerte nicht lange und Ilian wurde von einem, wie ich nun erkannte, rotbraunen Drachen erneut aus der Luft geholt. André schoss, doch verfehlte.
»Scheiße!«, fluchte er, zog einen Dolch und rannte los. Nichts und niemand hätte mich mehr halten können. Ich befreite mich ruck- und schmerzhaft aus Leons Umklammerung und lief André hinterher. Ilian und der rotbraune Drache kämpften miteinander, und als wir ankamen, hatte der fremde Drache dem blauen eine Kralle ins rechte Auge geschlagen. Die Luft presste sich aus meinen Lungen und es war, als würde sich ein roter Schleier über meine Sicht ziehen. Entschlossen griff ich nach Andrés Waffe, die er sich in die hintere Hosentasche gesteckt hatte, zielte und schoss dem rotbraunen Drache in die Klaue, die in Ilians Auge steckte. Ich hatte eigentlich auf seinen Kopf gezielt. Fauchend und zischend zog der Drache die Klaue weg, während ich durch den Rückschlag ein paar Schritte zurück stolperte. Mein Arm und meine Schulter begannen höllisch zu schmerzen, doch André nutzte die Gelegenheit und rammte dem Drachen den Dolch in den Kopf. Er war augenblicklich tot. Etwas Qualm kam aus seinem Mund, als er auf Ilian zusammenbrach. Keuchend befreite sich dieser und begann sich zurückzuverwandeln. Ich rannte zu ihm, wartete aber die Verwandlung ab, bevor ich seinen Kopf auf meinen Schoß zog.
»Situation geklärt«, hörte ich wie durch einen Dämpfer André sagen. In meinen Ohren schrillte ein merkwürdiger Ton.
»Wir benötigen dringend einen Aufräumtrupp für zwei tote Drachen.«
»Ilian?«, quietschte ich durch zwei Schluchzer hindurch. Er hielt sich die Hand vor das verletzte Auge, aus dem unaufhörlich Blut lief.
»Ich«, begann er, doch er geriet ins Husten. Rauch kam aus seinem Mund und seiner Nase. Jemand packte mich von hinten und zog mich weg.
»Vorsicht«, konnte André mich noch so gerade warnen, als Ilian plötzlich Feuer und Rauch zu spucken begann, während er sich verkrampfte.
»Scheiße!«, hörte ich Leon erstaunt rufen.
»Müsste gleich vorbei sein, Lissy«, beruhigte mich André und hielt mich in seinen starken Armen. Ilian kam zu Atem und beruhigte sich. Mein Adrenalinspiegel war so hoch, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass er mich verbrannt hatte.
»Fuck, dein Arm, Lissy!«, fluchte André. Ich sah an mir herunter und spürte augenblicklich den glühenden Schmerz. Doch mir blieb keine Zeit für Selbstmitleid. Ich eilte zurück zu Ilian. Leon hatte seine Hose ausgezogen und stand in Boxershorts plötzlich neben uns. Ilian richtete sich halb auf und ließ sein Auge los. Ich sog scharf Luft ein, als ich die Wunde erblickte. Der Drache hatte ihn mit seiner Kralle mitten im Augapfel erwischt. Leon reichte Ilian die Hose, welcher sie augenblicklich anzog.
»Danke«, krächzte er vollkommen heiser.
»Mischa, Conny«, sagte André, »könnt ihr schnell zurücklaufen und Ilian etwas zu trinken holen?«
Meine Freundinnen nickten und liefen, Hand in Hand, los.
»Ilian«, wimmerte ich vollkommen unter Schock.
»Lissy, ich werde heilen«, versuchte er mich zu beruhigen und zog mich in seine Arme. »Ruhig, mein Liebling, es wird alles gut!« Ilians blutendes Auge, die große Brandwunde an meinem Arm, ich weiß nicht, was es genau war, aber ich verlor das Bewusstsein. Es war, als hätte die Dunkelheit um uns herum mich in ihren stillen, tröstenden Schoß gezogen.
***
Es waren Thomas' Augen, die ich als Erstes erblickte. Ich lag in meinem Bett unter der Decke und mein Bruder saß
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