Feuerhimmel (German Edition)
den er sich zum Mittag gebraten hatte, hing noch in der Luft.
Jacob saß an dem wackligen Kartentisch neben der Kochplatte, die als Küche diente, und starrte auf die Fotos, die ausgebreitet vor ihm lagen.
Vera Mercedes Mueller war mal eine schöne Frau gewesen. Groß und blond, mit kirschroten Lippen. Als junges Mädchen hatte sie sogar ein paarmal für Kosmetikwerbung posiert.
Jacob schob die Bilder und die Magazinwerbefotos, die sie ausgeschnitten und aufbewahrt hatte, auf dem Tisch umher. Alte Schwarz-Weiß-Fotos von ihr und Jacobs Vater, kurz nachdem sie geheiratet hatten. Fotos zusammen mit seiner Schwester Betty, nachdem Jacobs Vater gestorben war.
Zu der Zeit war er erst zwei gewesen. Vera hatte ihn aufgezogen und ihn geliebt. Sie war schon etwas älter gewesen, als er geboren wurde. Einen wundervollen Unfall hatte sie Jacob genannt. Er wäre ihr Ein und Alles, hatte sie ihm oft gesagt.
Einige der Fotos hatte er in späteren Jahren selbst von ihr gemacht. Sie war ziemlich schnell gealtert. Der Stress, ein sonderliches Kind, wie die Leute es nannten, aufzuziehen, hatte ihr ziemlich zugesetzt. Sie hatte sich so abgerackert, zwei Jobs angenommen, um seine Ausbildung als besonders begabter Student zu bezahlen. Sie kümmerte sich nicht um ihre Gesundheit, hatte sogar manchmal an ihrem Essen gespart, nur um ihm mehr Geld fürs College schicken zu können.
Jacob hatte sie verehrt, für ihn war sie fast eine Heilige gewesen. Er hatte versucht, sie nicht zu enttäuschen. Aber er wusste, dass er es letztendlich doch getan hatte. In der Schule hatte er sich nie in die Klassengemeinschaft einfügen können, hatte nie Freunde gehabt. Hatte nie wirklich welche haben wollen.
Er brauchte nur seine Mutter.
Sie war die Einzige, die ihm wichtig war.
Sie sorgte für ihn, lobte ihn, sagte ihm, er wäre besser als die anderen Kinder, intelligenter, schlauer. Und dass er später mehr Erfolg haben würde.
Aber das war nicht der Fall gewesen. Im zweiten Jahr hatte er das College geschmissen und angefangen, Dope zu rauchen. Als er keine Arbeit fand, gab ihm seine Mutter Geld aus dem Glas in der Küche, wo sie es aufbewahrte. Sie war immer für ihn da gewesen, wenn er sie gebraucht hatte, und nun war sie weg.
Jacob nahm keine Drogen mehr. Er hatte vor Jahren aufgehört zu rauchen, auch keine Zigaretten mehr. Trinken tat er auch nicht. Vor zwei Jahren hatte er einen Job in einem Musikgeschäft bekommen und angefangen, etwas aus sich zu machen. Seine Mutter war so glücklich gewesen.
Er dachte an das Apartment, in dem sie gewohnt hatte. Es war ihr geliebtes Zuhause gewesen. Als dann die Zwangsräumung angekündigt worden war, hatte sie das vollkommen erschüttert. Er erinnerte sich an das Pflegeheim, in das sie nach ihrem Schlaganfall gekommen war.
Das wäre nie passiert, wenn sie in der Wohnung hätte bleiben können, in der sie sich so wohlgefühlt hatte. Wo sie die Vögel aus dem Fenster hatte füttern und sich um ihren kleinen Garten kümmern können.
Das war alles seine Schuld. Gabriel Raines. Wenn er die Stadtverwaltung nicht dazu überredet hätte, dieses Gebäude zu räumen, würde seine Mutter immer noch dort wohnen.
Wenn er nicht so geldgierig gewesen wäre, wenn er sich auch mal um die Leute in den Wohnungen statt nur um sich selbst gekümmert hätte, würde seine Mutter immer noch leben.
Aber vor drei Monaten war sie gestorben. Und jetzt war Jacob allein.
Wieder zuckte seine Hand, die Finger schossen hoch und stießen ein Foto vom Tisch.
Jacob beugte sich hinunter, um es aufzuheben, legte es vorsichtig wieder an seinen Platz. Er betrachtete das Foto, das ervon seiner Mutter gemacht hatte. Ihr Haar war grau geworden, und sie hatte Falten im Gesicht. Sie sah alt aus, aber das sanfte Lächeln war nur für ihn da.
Vera hatte ihn verstanden wie kein anderer Mensch.
Wie ihn nie ein anderer Mensch jemals verstehen könnte.
Er zog sein Handy aus der Tasche – nicht eines der billigen Einwegdinger. Eins, das er von der Sozialhilfe seiner Mutter gekauft hatte, die immer noch bezahlt wurde. Jacob hatte die Unterschrift gefälscht und die Schecks problemlos eingelöst.
Er grinste, als er das Mobiltelefon aufklappte, die Taste drückte und das Video noch einmal abspielte, das er heute aufgenommen hatte: der große Typ, der über den Parkplatz rannte, der Truck, der genau in dem von Jacob gewünschten Moment explodierte. Der Schutthaufen, der von dem Wagen übrig geblieben war.
Er klappte das Handy wieder
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