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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Eisenschrott gefüllte Postsäcke, die im fünften Stock aus dem Fenster geworfen wurden. »Aber es ist zu befürchten.«
    »Wie könnte ich denn Geld beschaffen?«
    Er zögerte und sagte dann: »Das weißt du doch.«
    Die Tränen kamen und liefen ihr die Wangen herab. »Es ist Unrecht. Stehlen ist Unrecht.«
    »Das weiß ich«, sagte er. »Aber es ist auch Unrecht, daß sie uns verfolgen. Ich habe es dir erklärt, Charlie. Oder wenigstens zu erklären versucht.«
    »Das mit ein bißchen schlimm und sehr schlimm?«
    »Ja. Das geringere und das größere Unrecht.«
    »Hast du wirklich solche Kopfschmerzen?«
    »Ziemlich schlimm«, sagte Andy. Es war sinnlos, ihr zu erzählen, daß er in ein oder zwei Stunden vor Schmerzen nicht mehr zusammenhängend würde denken können. Es war sinnlos, ihr noch mehr Angst zu machen, als sie schon hatte. Sinnlos, ihr zu sagen, daß er diesmal nicht mehr an ein Entkommen glaubte.
    »Ich will’s versuchen«, sagte sie und stand vom Stuhl auf. »Armer Daddy«, sagte sie und küßte ihn.
    Er schloß die Augen. Das Fernsehgerät vor ihm spielte weiter. Entfernte Sprechgeräusche erreichten ihn durch die ständig stärker werdenden Schmerzen in seinem Kopf. Als er die Augen wieder öffnete, sah er ihre Gestalt in der Ferne, sehr klein, in Rot und Grün gekleidet, fast wie ein Christbaumschmuck, und so trippelte sie zwischen den in der weiten Halle verstreuten Menschen davon.
    Oh, Gott, laß ihr nichts geschehen, dachte er. Laß nicht zu, daß jemand sie belästigt oder ihr noch mehr Angst einjagt. Oh, Gott, bitte!
    Okay?
    Und wieder schloß er die Augen.
5
    Ein kleines Mädchen in roter Hose und grüner Biuse. Schulterlanges blondes Haar. Zu spät noch wach und auf den Beinen. Offensichtlich allein. Dies war eine der wenigen Örtlichkeiten, wo ein kleines Mädchen nach Mitternacht nicht unbedingt auffiel. Sie ging an verschiedenen Leuten vorbei, aber eigentlich bemerkte sie niemand. Wenn sie geweint hätte, wäre vielleicht ein Sicherheitsbeamter auf sie zugegangen und hätte gefragt, ob sie sich verlaufen habe, ob sie wisse, für welche Fluglinie ihre Eltern gebucht hätten und wie sie hießen, damit man sie ausrufen könne. Aber sie weinte nicht und schien ein Ziel zu haben.
    Sie hatte kein genaues Ziel – aber sie wußte doch ungefähr, was sie suchte. Sie brauchten Geld; das hatte Daddy gesagt. Die bösen Männer waren hinter ihnen her, und Daddy hatte Schmerzen. Wenn er solche Schmerzen hatte, fiel ihm das Denken schwer. Er mußte sich hinlegen und brauchte möglichst viel Ruhe. Er mußte schlafen, bis die Schmerzen aufhörten. Und die bösen Männer könnten kommen … die Männer von der Firma, die sie auseinandernehmen wollten, um zu sehen, wie sie funktionierten – zu sehen, ob sie sie brauchen könnten, um irgendwelche Dinge zu tun.
    In einem Abfallbehälter entdeckte Charlie eine Einkaufstüte aus Papier und nahm sie mit. Etwas weiter unten in der Halle fand sie, was sie suchte: Telefonzellen.
    Charlie betrachtete die Dinger und hatte Angst, Sie hatte Angst, weil Daddy ihr immer wieder gesagt hatte, daß sie es nicht tun durfte … seit frühester Kindheit wüßte sie, daß es etwas Böses war. Sie konnte dieses Böse nicht immer kontrollieren. Dabei konnte es gefährlich sein. Für sie selbst, für andere, vielleicht für viele. Damals
    (oh, Mami, es tut mir so leid, ich habe ihr weh getan, sie hat geschrien ich bin schuld, daß Mami so geschrien hat, und ich will es nie … nie … wieder tun, denn es ist etwas Böses)
    in der Küche, als sie noch ganz klein war … aber es tat zu weh, daran zu denken. Es war etwas Böses, denn wenn man es nicht kontrollierte, war es plötzlich überall. Und das konnte einem schon Angst einjagen.
    Es gab noch anderes. Das Zustoßen zum Beispiel; so nannte Daddy es jedenfalls: Zustoßen. Nur, daß sie viel härter zustoßen konnte als Daddy, und sie bekam hinterher nie Kopfschmerzen. Aber manchmal… gab es anschließend Feuer.
    Das Wort für dieses Böse klang ihr durch den Kopf, als sie da stand und nervös zu den Telefonzellen hinübersah: Pyrokinese. »Mach dir nichts daraus«, hatte Daddy ihr gesagt, als sie noch in Port City waren und närrischerweise glaubten, sie seien in Sicherheit. »Du bist ein Feuerkind, Honey. Ganz einfach ein riesengroßes Feuerzeug.« Damals war es ihr komisch vorgekommen, und sie hatte gekichert, aber jetzt fand sie es überhaupt nicht mehr komisch.
    Der andere Grund, warum sie nicht zustoßen sollte, war die

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