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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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es mit einer Fähigkeit, die jeden armen Teufel in New York City, der Drogen nahm, von seiner Sucht befreien konnte? Wie wäre es damit, Sportsfreunde?
    »Mein Gott«, flüsterte er. »Bin ich wirklich clean?«
    Das Verlangen war weg. Thorazin, das Bild der blauen Pille in dem weißen Napf – dieser Gedanke war jetzt unmißverständlich neutral.
    »Ich bin clean«, beantwortete er seine eigene Frage.
    Die nächste Frage: konnte er clean bleiben?
    Aber kaum hatte er sich diese Frage gestellt, als schon weitere Fragen auftauchten. Konnte er genau feststellen, was mit Charlie geschah? Im Schlaf hatte er seine Fähigkeit wie eine Art Autohypnose gegen sich selbst eingesetzt. Konnte er sie im Wachzustand gegen andere einsetzen? Gegen Pynchot zum Beispiel mit seinem ewigen widerlichen Grinsen? Pynchot wußte bestimmt, was man mit Charlie vorhatte. Konnte er ihn zum Reden veranlassen? Konnte er sie vielleicht trotz allem hier herausholen?
    Gab es diese Möglichkeit? Und wenn sie es schafften, was dann? Ständige Flucht kam nicht mehr in Frage. Sie mußten ein festes Ziel haben.
    Zum ersten Mal seit Monaten war er aufgeregt, schöpfte er wieder Hoffnung. Bruchstückhaft überlegte er einen Plan, hieß ihn gut, verwarf ihn wieder und stellte sich weitere Fragen. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte er sich in seinem eigenen Kopf wieder zu Hause, regte sich Leben in ihm, war er wieder in der Lage zu handeln. Und vor allem dies: wenn es ihm gelang, sie zwei Dinge glauben zu machen – daß er noch unter Drogen stand und daß er die Fähigkeit, andere psychisch zu beeinflussen, verloren hatte, gab es für ihn vielleicht die Chance, irgend etwas zu unternehmen.
    Während er noch unruhig grübelte, ging das Licht wieder an Im Nebenraum plärrte das Fernsehen wieder die religiös verbrämte Bettelei des PDH-Clubs.
    Die Augen, die elektronischen Augen! Sie beobachten mich wieder oder werden bald damit an fangen… Das darf ich nicht vergessen!
    Einen Augenblick lang stand ihm alles klar vor Augen – die Tage und Wochen der Verstellung, die vor ihm lagen, wenn er auch nur die geringste Chance haben wollte, dazu die fast sichere Gewißheit, daß er an irgendeinem Punkt auffliegen würde. Mutlosigkeit erfaßte ihn … aber das Verlangen nach der Pille blieb aus, und das half ihm, sich sofort wieder zu fangen.
    Der Gedanke an Charlie war eine weitere Hilfe.
    Langsam stand er vom Bett auf und ging ins Wohnzimmer hinüber. »Was war denn los?« rief er laut. »Ich hatte Angst! Wo ist mein Medikament? Ich muß sofort mein Medikament haben!«
    Mit stumpfem, schlaffem Gesicht setzte er sich vor das Fernsehgerät.
    Und hinter seinen ausdruckslosen Zügen arbeitete sein Gehirn – jener Muskel, der die Welt bewegen kann – immer schneller.
12
    Wie es ihrem Vater mit seinem Traum ergangen war, konnte auch Charlie McGee sich nicht an die Einzelheiten ihres langen Gesprächs mit Rainbird erinnern. Sie wußte nur das Wichtigste. Ihr war nicht ganz klar, warum sie ihm überhaupt ihre Geschichte erzählt hatte, warum sie von ihrer Sehnsucht nach ihrem Vater gesprochen hatte und von ihrer grauenhaften Angst davor, daß man sie mit Tricks dazu veranlassen könnte, ihre pyrokinetischen Fähigkeiten anzuwenden.
    Teils lag es natürlich am Stromausfall und an dem Wissen, daß sie nicht zuhörten. Teils lag es auch an John, der so viel durchgemacht hatte und sich so entsetzlich vor der Dunkelheit fürchtete und den damit verbundenen Erinnerungen an das gräßliche Loch, in das die Vietcong ihn geworfen hatten. Er hatte sie fast teilnahmslos gefragt, warum man sie denn eingesperrt habe, und sie hatte angefangen zu reden, um ihn abzulenken. Aber es war rasch mehr geworden. Immer schneller hatte sie alles ausgesprochen, was sich in ihr aufgestaut hatte, bis die Worte nur so hervorsprudelten. Ein oder zwei Mal hatte sie geweint, und er hatte ungeschickt versucht, sie zu trösten. Er war ein netter Mann … in mancher Hinsicht erinnerte er sie an ihren Vater.
    »Wenn sie erfahren, daß Sie das alles wissen, werden Sie wahrscheinlich auch eingesperrt«, sagte sie. »Ich hätte Ihnen nichts erzählen sollen.«
    »Sie würden mich bestimmt einsperren«, sagte John heiter. ich bin in der Sicherheitskategorie D, Kleine. Das gibt mir höchstens die Berechtigung, eine Dose Bohnerwachs aufzumachen.« Er lachte. »Wenn du aber nicht verrätst, daß du mir alles ezählt hast, kann uns nichts passieren.«
    »Das tue ich bestimmt nicht«, sagte sie eifrig. Sie war

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